Fernsehfilm „Verh�ngnisvolle N�he“

Thomas Gehringer
Es scheint so, als h�tte in Hamburg ein Serienm�rder wieder zugeschlagen – und verd�chtig ist: der Mann der Kommissarin. Krimi-Routinier Thorsten N�ter hat einen leidlich spannenden Film gedreht. „Verh�ngnisvolle N�he“ ist aber kein Glanzlicht. Das anfangs faszinierende, d�stere Kammerspiel-Duell zwischen den Eheleuten verliert sich im Krimi-Standard. Zu viele Dialoge und ein zunehmend unglaubw�rdig wirkender Fall. Anja Kling und Thomas Sarbacher hat man schon eindrucksvoller gesehen, und Peter Simonischeks sch�ne Rolle als versoffener Profiler ger�t zusehends in den Hintergrund. Mehr „Soko“ als „Fernsehfilm der Woche“.

Der zweite Mord an einer Prostituierten beunruhigt die Hamburger LKA-Beamtin Karin Meister. Weil die Merkmale einem l�nger zur�ckliegenden Fall �hneln, bittet sie ihren ehemaligen Ausbilder, „Deutschlands ersten gro�en Profiler“ Hans Denning, um Mithilfe. Der wurde zwar bei der Polizei aussortiert und hat die Whiskeyflasche griffbereit neben dem Bett stehen, wird nun aber flugs zum Leiter einer Sonderkommission berufen – weil er den alten Fall als Einziger richtig beurteilt hatte. Der angebliche T�ter hatte sich damals erh�ngt.

Foto: ZDF / Georges Pauly

So war's bisher. Alles andere als eine verh�ngnisvolle N�he besteht zwischen der LKA-Beamtin Karin Meister (Anja Kling) & ihrem Mann Paul (Thomas Sarbacher)

Als Zuschauer ist man in Thorsten N�ters „Verh�ngnisvolle N�he“ den Ermittlern meist einen Schritt voraus – aber nie soweit, dass man sich sicher sein k�nnte, den wahren T�ter zu kennen. Das sorgt �ber weite Strecken f�r eine gut dosierte Spannung, zumal N�ter den Fall mit einer besonderen Konstellation w�rzt. Drehbuch und Inszenierung pr�sentieren von Beginn an Meisters Ehemann Paul als dringend tatverd�chtig. Der Deutsch-Lehrer interessiert sich auff�llig f�r den Fall und andere Gewalt-Verbrechen, er verschwindet nachts schon mal aus seinem Bett und hat vor seiner Frau auch sonst einige Geheimnisse: Ein Boot, mit dem er auf Hamburgs Wasserstra�en unterwegs ist. Kladden, die er manisch vollschreibt. Vielleicht sammelt er nur Material f�r seinen ersten Roman, den er endlich schreiben will? Allerdings passt er auch ideal zu Dennings T�ter-Profil: Der M�rder sei „das Gegenteil von einem Monster“, sch�chtern, unauff�llig, unzufrieden mit Beruf & Leben, so der Profiler. Dass Paul Meister Angst vor Frauen hat, soll durch Szenen mit einer Sch�lerin im Minirock beglaubigt werden, auf die er unsicher reagiert. Die Absicht des Autors ist unschwer zu erkennen.

Foto: ZDF / Georges Pauly

Meister (Anja Kling) und der reaktivierte, versoffene Bulle (Peter Simonischek)

Auch sonst bietet der Film kaum Zwischent�ne und keine Figuren, deren Schicksal wirklich ber�hrt. Die d�ster ausgeleuchtete Wohnung der Meisters, die best�ndig eine Bedrohung heraufbeschw�rende Musik sorgen zwar zeitweise f�r eine beklemmende Atmosph�re, aber das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Kommissarin und Gatte bleibt in Ans�tzen stecken. Es dominiert das �bliche Krimi-Schema, die dialoglastig inszenierte Ermittlungsarbeit, die Absicht, das Publikum durch mehr oder weniger glaubw�rdige Wendungen in Atem zu halten. Vor allem im letzten Drittel f�hlt man sich eher an die Alltagsroutine einer Vorabend-„Soko“ erinnert als an einen „Fernsehfilm der Woche“, der sich vom Krimi-Allerlei herausheben will.

Foto: ZDF / Georges Pauly

Karin & ihr Kollege Mike (Dirk Borchardt) sind nicht mehr ein ganz so gutes Team.

Da ist es kein Wunder, dass die Besetzung keine schauspielerischen Glanzlichter setzen kann. Die anfangs vielversprechend schillernde Figur des Profilers Denning (Peter Simonischek) wird in der zweiten H�lfte v�llig an den Rand gedr�ngt. Anja Kling und Thomas Sarbacher hat man schon vielfach eindrucksvoller gesehen, und Dirk Borchardt gibt mal wieder einen m��ig sympathischen Zeitgenossen, den Polizeibeamten Mike, der mit der Forensikerin des Teams in Scheidung lebt und sich vor dem ehemals gemeinsamen Haus einen Blowjob von einer Prostituierten g�nnt – mit Tr�nen in den Augen. Denn Mike blickt dabei durchs Fenster ins Wohnzimmer und beobachtet seine niedergeschlagen wirkende Ex. Nun ja, hier werden Motive und Hintergr�nde einer Figur mit dem Holzhammer ins Drehbuch getrieben.

N�ter l�sst es auch sonst ordentlich krachen: Es gibt noch eine Leiche, und eine weitere Frau wird entf�hrt. Das ist kurzweilig, aber leider auch anstrengend – wegen der vielen Standard-Krimi-Dialoge mit S�tzen wie „Lass uns einfach unsere Arbeit machen“ und einer schon arg konstruiert wirkenden Aufl�sung. Immerhin gibt es ein ganz h�bsches Finale, in dem endlich mal nicht ohne Grund viel geredet wird. Wom�glich in einem Anflug von Selbstironie.

Foto: ZDF / Georges Pauly

Die LKA-Frau & ihr unter Mordverdacht stehende Mann: der Feind in ihrem Bett?

Thomas Gehringer, freiberuflicher Journalist aus K�ln, schreibt f�r epd medien, den "Tagesspiegel" und andere regionale Tageszeitungen, Mitglied in Jurys und Nominierungskommissionen des Grimme-Preises.

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