Ulrich Mühe: "Ja, ich habe Krebs" - WELT
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"Ja, ich habe Krebs"

Der Schauspieler Ulirch Mühe wünscht sich, von den Paparazzi in Ruhe gelassen zu werden Der Schauspieler Ulirch Mühe wünscht sich, von den Paparazzi in Ruhe gelassen zu werden
Der Schauspieler Ulirch Mühe wünscht sich, von den Paparazzi in Ruhe gelassen zu werden
Quelle: DPA
Nach seinem Erfolg mit "Das Leben der Anderen" spricht Schauspieler Ulrich Mühe erstmals über seine Krankheit. Er will jetzt so viel Zeit wie möglich mit seiner Familie verbringen. Vor seiner Tür lauern Paparazzi, und Bestatter bieten ihre Dienste an.

Die Belagerung war nur noch schwer zu ertragen. Ulrich Mühes Telefon klingelt seit Monaten fast ständig, Paparazzi lauern 24 Stunden am Tag vor seiner Wohnung, zuletzt hat ein Fotograf Mühes Frau Susanne Lothar eine fünfstellige Summe für ein aktuelles Bild des Schauspielers geboten. Jetzt hat Ulrich Mühe beschlossen, den Spekulationen ein Ende zu bereiten.

„Ja, ich habe Krebs“, sagte der 54-Jährige am Freitag WELT ONLINE. „Ich unterziehe mich den entsprechenden Therapien und hoffe, dass es mir bald wieder besser geht.“ Dass der Krebs seinen Magen befallen hat, weiß Ulrich Mühe seit Februar. Die Diagnose platzte mitten in die Euphorie um „Das Leben der Anderen“: Mühe war für seine grandiose Darstellung des Stasi-Abhörspezialisten Gerd Wiesler mit dem Bernhard-Wicki-Preis, dem Deutschen und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet worden; jetzt stand die Oscar-Verleihung vor der Tür, außerdem lief noch die Satire „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ mit Mühe in der Rolle von Hitlers jüdischem Schauspiellehrer im Kino.

Seitdem hat sich Ulrich Mühe einigen Behandlungen und – kurz nach seiner Rückkehr von der Oscar-Verleihung aus Los Angeles – einer schweren Magenoperation unterzogen. „Er ist immer noch in Behandlung“, sagt seine Presseagentin Ute Zahn von Artist Network, „aber er muss dafür nicht die ganze Zeit im Krankenhaus sein.“

Die Diagnose platzte in die Euphorie nach dem Oscar

Im Moment ist Ulrich Mühe zu Hause, mit seiner Frau, der Schauspielerin Susanne Lothar, und seinen Kindern. Er hat fünf Kinder aus drei Ehen. Andreas, der Älteste, ist 27 Jahre alt, Jacob, der Jüngste, neun. Ulrich Mühe sagt: „Ich verbringe sehr viel Zeit mit meinen Kindern und meiner Frau. Wie viele wissen, ist die Genesung von einer solchen Krankheit immer mit vielen Aufs und Abs verbunden.“

Sein letzter öffentlicher Auftritt im Februar war gleichzeitig der bisherige Höhepunkt seiner Karriere: die Oscar-Verleihung. „Das hat er sich nicht nehmen lassen, obwohl er damals schon in Behandlung war und Schmerzen hatte“, sagt Ute Zahn. „Aber was dem Astronauten das Weltall ist, sind dem Schauspieler eben die Oscars.“

Zu Recht: Nach dem Spektakel in Los Angeles sah es so aus, als ob einem der besten Schauspieler Deutschlands auch der internationale Durchbruch bevorstehe. Bei seinen Agenten stapelten sich die Drehbücher. Die Angebote kamen aus der ganzen Welt, viele aus Hollywood. Ulrich Mühe freute sich über die Flut von Anfragen. Da er auf eine schnelle Genesung hoffte, schwieg er über seine Krankheit und zog sich zurück. Burn-out hieß es damals, oder auch: Er ist ein paar Wochen auf Urlaub.

Die Leute begannen zu reden. Mühe, der immer schon schmal war, war dünn geworden. Sehr dünn sogar, das hatten die Fotos von den Oscars gezeigt. Die Leute erinnerten sich daran, dass er schon zu DDR-Zeiten Magenprobleme gehabt hatte. Die Geschwüre kamen Anfang der 70er-Jahre, während er seinen Wehrdienst ableistete, unter anderem als Wachsoldat an der Berliner Mauer. Die Ärzte entfernten zwei Drittel seines Magens – eine Maßnahme, von der man heute weiß, dass sie Jahrzehnte später zu Krebs führen kann.

Interesse an Mühe nimmt pietätlose Ausmaße an

Mühe brach damals den Dienst bei der NVA ab und begann eine Schauspielausbildung an der Hochschule „Hans Otto“ in Leipzig. Es war der Beginn einer großen Karriere. Anfang der 80er-Jahre holte ihn Heiner Müller für „Macbeth“ nach Berlin an die Volksbühne. 1983 wurde das Deutsche Theater auf den wandlungsfähigen Jungschauspieler aufmerksam und machte ihn zum Ensemblemitglied. Nachdem er sich in Bernhard Wickis „Spinnennetz“ neben Klaus Maria Brandauer und Armin Mueller-Stahl zu behaupten wusste, stieg er auch beim Film zum Star auf. Auch nach der Wende wurde Mühe für seine Vielseitigkeit gefeiert, aber für keinen Film mehr als für „Das Leben der Anderen“. Doch mit der inneren Rückschau, zu der ihn die Filmrolle zwang, kehrten auch die alten Magenprobleme wieder.

Im April gab es die ersten Schlagzeilen. „Drama um unseren Oscar-Star“, titelte der Boulevard; es war der Beginn der Belagerung. Mühe hatte bis zu einem gewissen Grad Verständnis für das öffentliche Interesse – selbst am Freitag sagte er noch, er bedanke sich herzlich für die vielen Genesungswünsche –, aber mittlerweile hat dieses Interesse pietätlose Ausmaße angenommen: Ein Kollege Mühes wurde vor Kurzem von Journalisten gefragt, ob er einen Nachruf auf ihn schreiben würde. Und wenig später bekam dann noch seine Frau Susanne Lothar einen Anruf: Am Apparat war der Bestatter Klausjürgen Wussows und bot seine Dienste an. „Die Familie ist schockiert über den Wirbel“, sagt Ute Zahn. „Ulrich Mühe wünscht sich im Moment nichts mehr als Ruhe und Zeit mit seinen Angehörigen.“

Tom Cruise besucht den deutschen Kollegen

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Es war diese Sehnsucht nach Ruhe, die ihn bewog, nun doch öffentlich über seine Krankheit zu sprechen. Um Angebote muss er sich keine Sorgen mehr machen. Hollywood liegt ihm zu Füßen. Das sagt einer, der es wissen muss: Tom Cruise. Der Schauspieler fand trotz des Drehstarts von „Valkyrie“ Zeit, seinem deutschen Kollegen persönlich gute Besserung zu wünschen.

Hollywood wird aber so schnell nicht zum Zuge kommen. Mühe hat alle Angebote abgesagt. Das gilt auch für lang geplante deutsche Projekte, neue Folgen seiner Krimi-Serie „Der letzte Zeuge“ etwa oder ein Filmprojekt über den NS-Kriegsverbrecher Klaus Barbie. Ulrich Mühe hat sich erst mal aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen.

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