Graffiti-„Mural“ mit der Aufschrift „Live by the gun, die by the gun, RIP Tupac Shakur“ am Tupac Memorial in der Houston Street NYC. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / ZUMAPRESS.com | Andrea Renault)

Popgeschichte

Tupac Shakur alias Makaveli: Warum er auch 25 Jahre nach seinem Tod noch „The best rapper alive“ ist

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Franziska Gromann
Samira Straub

Als Tupac Amaru Shakur, Künstlername 2Pac, am 13. September 1996 — also vor 25 Jahren — erschossen wurde, starb ein wichtiger Revolutionär des Gangster Rap, der dem damals schon überaus populären Musik-Genre ein soziales Gewissen eingehaucht hatte. In seiner Person trafen Black Panther-Erbe, klassische Bildung und Gangster-Attitüde in einer produktiven, aber auch konfliktreichen Mischung aufeinander.

Der Rapper und Schauspieler Tupac Shakur: schwarz-weiß Bild eines afroamerikanischen Mannes in Jeansjacke und Adidas-Pullover. Er zeigt beide Mittelfinger in die Kamera. Er trägt auf dem Kopf ein Bandana und hat einen Oberlippenbart. (Foto: IMAGO, IMAGO / MediaPunch)
Der Rapper und Schauspieler Tupac Shakur

„The best rapper alive“ — auch nach seinem Tod

Bis heute ist Tupac Shakur einer der Künstler weltweit mit den meisten Plattenverkäufen — vor allem auch durch die sechs posthum veröffentlichten Alben. Er gilt als einer der prägendsten Rapper der 1990er Jahre und machte das Westküsten-Label „Death Row Records“ zum Symbol des Westcoast-Sounds.

Sein lyrisches Talent und sein energetischer Flow machen Tupac bis in die Gegenwart zu einem Vorbild für Rapper auf der ganzen Welt. Die jetzige US-Vizepräsidentin Kamala Harris bezeichnete Tupac 2020 als „the best rapper alive“ — denn als Westcoast-Mädchen sei sie davon überzeugt, dass er weiterhin lebe. Nicht ganz unberechtigt, denn 2012 wurde in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion Tupac „wiedererweckt“ und trat als Hologram auf dem Coachella-Musikfestival auf.

Tupac „live“ auf dem Coachella-Festival 2012:

Gleichzeitig ist die Figur Tupac sehr ambivalent, denn obwohl der als Lesane Parish Crooks am 16. Juni 1971 geborene Künstler eine klassische Ausbildung an der Baltimore School of Arts genoss und sich dort mit Shakespeare, Schauspiel und Jazz auseinandersetzte, wurde er weltweit vor allem berühmt durch seine Verkörperung des „Gangster-Lifestyles“.

Shakur setzte sich regelmäßig mit sozialen Thematiken in seinen Reimen auseinander, etwa in „Ghetto Gospel“. Sein kommerziell erfolgreichstes Werk, das Album „All Eyez on Me“ von 1996 allerdings geht in eine ganz andere Richtung: typischer Gangster-Rap, der das Leben und das Individuum feiert — am deutlichsten vielleicht in der wahrscheinlich bekanntesten Single davon, „California Love“ mit Produzent Dr. Dre.

Die Rivalität zwischen East Coast & Westcoast:

Puff Daddy bei einem Auftritt (Foto: IMAGO, imago images/Mary Evans)
HipHop hat seine Wurzeln an der Ostküste der USA, wo Sean Combs, alias Puff Daddy, alias P.Diddy, Anfang der 1990er Jahre mit seinem Label „Bad Boy Entertainment“ den Ton angab. Bild in Detailansicht öffnen
Rapper The Notorious B.I.G. (Foto: IMAGO, imago images/Everett Collection)
Bei „Bad Boy Entertainment“ war unter anderem der erfolgreiche Rapper The Notorious B.I.G., bürgerlich Christopher Wallace, unter Vertrag. Bild in Detailansicht öffnen
Suge Knight (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance)
Doch 1992 begann sich die Musikszene zu verändern und an der Westküste formierte sich mit „Death Row Records“ ein erfolgreiches Rap-Label. Suge Knight war einer der Gründer. Bild in Detailansicht öffnen
Snoop Dogg und Dr. Dre bei einem Auftritt (Foto: picture-alliance / Reportdienste, AP images)
Auch Produzent und Rapper Dr. Dre (rechts) zählte zu den Mitgründern des Labels, das als einen der bekanntesten Künstler Snoop Dogg (links) unter Vertrag hatte. Bild in Detailansicht öffnen
Rapper Tupac Shakur bei einem Auftritt (Foto: IMAGO, imago images/Everett Collection)
Später konnte man auch Tupac Shakur für „Death Row Records“ verpflichten. Die von den Medien gepushte Rivalität „Eastcoast vs. Westcoast“ erhielt duch die Verbindungen ins organisierte Verbrechen einen ernsten Unterton. Bild in Detailansicht öffnen
Tupac Shakur und The Notorious B.I.G. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Copyright (c) Mary Evans Picture Library 2009)
Obwohl Tupac Shakur und The Notorious B.I.G. bei rivalisierenden Labels und an unterschiedlichen Küsten ihrer Musik nachgingen, verband die beiden eine tiefe Freundschaft. Bild in Detailansicht öffnen
Tupac sitzt im Rollstuhl, nachdem er von Unbekannten angeschossen wurde. (Foto: IMAGO, imago/ZUMA Press)
Nachdem im November 1994 Unbekannte Schüsse auf Tupac Shakur abgaben, wurde der bislang nur vermutete Konflikt der beiden Labels öffentlich: Shakur beschuldigte seinen Freund The Notorious B.I.G. für den Anschlag verantwortlich zu sein. Bild in Detailansicht öffnen
Suge Knight (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa)
Der Konflikt eskalierte, als Suge Knight bei einer Award-Verleihung vor den versammelten Künstler*innen und Produzenten Puff Daddy angriff und alle Künstler*innen dazu aufforderte, zu „Death Row Records“ zu wechseln. Bild in Detailansicht öffnen
Snoop Dogg  (Foto: IMAGO, imago/ZUMA Press)
Zahlreiche weitere Zwischenfälle befeuerten den Konflikt. Nachdem im September 1995 ein enger Freund Suge Knights niedergeschossen wurde, schoss man im Dezember auch auf den Wohnwagen von Snoop Dogg. Bild in Detailansicht öffnen
Tupac Shakur (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/AP Photo)
1996 veröffentlichte Tupac seine Single „Hit 'Em Up“, in der er unter anderem verkündete, dass er Sex mit der getrennt lebenden Frau seines ehemaligen Freundes Notorious B.I.G. gehabt hätte. Bild in Detailansicht öffnen
Jay Z und Sean Diddy Combs alias Puff Daddy  (Foto: IMAGO, imago stock&people)
B.I.G. antwortete kurz darauf in Jay-Zs Song „Brooklyn’s Finest“, wodurch auch Jay-Z in den Konflikt hineingezogen wurde. Bei einer Awardshow 1996 in Miami begegneten sich die rivalisierenden Gruppen auf dem Parkplatz, es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der beide Gruppen Pistolen zogen. Bild in Detailansicht öffnen
Das Auto, aus dem Tupac heraus erschossen wurde. (Foto: IMAGO, picture alliance/AP Photo)
Am 7. September 1996 gaben Unbekannte aus einem Auto heraus Schüsse auf Tupac Shakur ab, der wenige Tage später seinen Verletzungen erlag. Obwohl das Auto sichergestellt werden konnte, gab es nur Mutmaßungen über den Schützen. Bild in Detailansicht öffnen
The Notorious B.I.G. (Foto: IMAGO, imago images/MediaPunch)
Nur knapp ein halbes Jahr später wurde The Notorious B.I.G. bei einem Aufenthalt in Los Angeles erschossen. In beiden Fällen gab es bis heute keine Anklagen. Bild in Detailansicht öffnen

„Gangsta Rap“ trifft politische Philosophie

Gangster Rap wird häufig als platte „Mein Haus, meine Uhr, mein Auto, mein Dollar-Bündel“-Lyrik betrachtet oder als brutale Hardcore-Reime, die menschenverachtende Gewalt zelebrieren. Doch gerade in Tupac Shakurs Werken zeigt sich der breitere kulturelle Einfluss den das Genre besitzt und dem es auch ausgesetzt ist. Universale Themen werden verhandelt: Rache, Selbstbehauptung, Aufstieg und Fall, wie in den klassischen Dramen Shakespeares — wenn auch mit anderem Vokabular.

So setzte sich Shakur außerdem während eines Gefängnisaufenthalts wegen sexueller Nötigung (der Fall gilt bis heute als höchst umstritten) intensiv mit Niccolò Machiavellis „Der Fürst“ und Sun Tzus Klassiker „Die Kunst des Krieges“ auseinander und änderte unter diesem Einfluss auch seinen Künstlernamen kurz vor seinem Tod als Anspielung auf den italienischen Philosophen in „Makaveli“. Der WDR Podcast „Machiavelli — Rap und Politik“ mit Vassili Golod, Jan Kawelke und Salwa Houmsi greift diese Assoziation seit 2018 wieder auf.

„Live by the gun, die by the gun“ — Gewalt ruft Gegengewalt hervor

Doch auch Tupac Shakur selbst entwickelte eine eigene Philosophie unter dem Schlagwort „Thug Life“. Was Tupac Shakurs Bauch als Tattoo zierte und auch der Name eines seiner Rap-Kollektive war, bedeutet übersetzt nicht nur „Rowdy-Leben“, sondern steht auch als Akronym für „The Hate U Give Little Infants Fucks Everyone“. Damit wollte der Rapper ausdrücken, dass Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen junger Afroamerikaner*innen sich auch für die gesamte Gesellschaft zum Problem entwickeln.

Tupac — „Changes“ ft. Talent:

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Franziska Gromann
Samira Straub