Das war Trio Sora beim Kammermusik-Festival „Ickinger Frühling“
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Wie ein Espresso zum Frühstück: Das war Trio Sora beim Kammermusik-Festival „Ickinger Frühling“

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Souverän nach dem Schreckmoment: Das Trio Sora mit (v. li.) Fanny Fheodoroff, Pauline Chenais und Angèle Legasa.
Souverän nach dem Schreckmoment: Das Trio Sora mit (v. li.) Fanny Fheodoroff, Pauline Chenais und Angèle Legasa. © sh

Das Trio Sora startet trotz fehlender Klassik-Noten frisch in den zweiten Tag des 9. Internationalen Kammermusik-Festivals in Icking.

Icking – Das geht gut los: Stressmomente am Sonntagmorgen für Veranstalter wie Musikerinnen: Die Noten des Klavierensembles Trio Sora sind eingeschlossen – und kein Schlüssel ist zu finden. Die Zimmertür muss trickreich geöffnet werden, erzählt Bettina Gaebel. Sie ist mit ihrem Verein Klangwelt Klassik die Veranstalterin des zweitägigen Musik-Marathons Ickinger Frühling, das „9. Internationale Kammermusik-Festival“. Gaebel ist engagiert wie routiniert, was die Ausrichtung solcher Konzerte anbelangt, auch die alljährliche Reihe „Meistersolisten im Isartal“ geht auf die Kappe ihres Vereins. Und jetzt das.

Wie ein Espresso zum Frühstück: Das war Trio Sora beim Kammermusik-Festival „Ickinger Frühling“

Aber alles ist gut, als die drei Französinnen kurz nach 11 Uhr die Bühne des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums betreten. Und wenn sie der kurzfristige Notenverlust aus der Fassung gebracht haben sollte, sieht und vor allem hört man es ihnen nicht an. Fanny Fheodoroff (Violine), Angèle Legasa (Cello) und Pauline Chenais (Klavier) starten unbeschwert mit Joseph Haydns „Zigeunertrio“, lebhaft, frisch, das wirkt wie ein doppelter Espresso. G-, E- und A-Dur sind die beherrschenden Tonarten in dem wohl bekanntesten Klaviertrio Haydns. Wechsel zwischen Zwei-Viertel- und Drei-Viertel-Takt, wobei es vor allem, nach zwei eher verhalten ruhigen Sätzen, im Finale doch recht lebhaft zugeht.

Die Stimmung unter den Zuhörern ist prächtig, während es draußen schneeregnet. Das Publikum im nicht ganz ausverkauften Saal ist Willens, sich prima unterhalten zu lassen. Da kommt das schlussendliche Presto, eines der schnellsten Tempi überhaupt, gerade recht. Action trifft Technikbrillanz – das kommt immer gut.

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Derlei ist bei Maurice Kagels „Klaviertrio Nr. 2 in einem Satz“ aus dem Jahr 2001 nicht vorgesehen. Gewidmet den Opfern des Terroranschlags auf das World Trade Center, schlängelt sich hier Verstörendes wie Berührendes durch die Takt-Traktate, dem Titel entsprechend sozusagen ohne Punkt und Komma. Ein Satz, keine Satz-Teile, Nebensätze, Stimmungsschwankungen – mitunter erinnert das Werk an Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“.

Wer Musikern beim analytischen Arbeiten zusehen will: Hier hat er einen prima Anschauungsunterricht. Die harmonieauflösenden Momente, unbeständig wie Sturmböen, Regen und Graupelschauer, dann wieder schmeichelnd. Hämmernd, treibend, grell, keine Sicherheit nirgends – Avantgarde-Krawall im besten Sinn. Und ja: Auch die Stille zum Schluss will ausgehalten sein. Bravorufe, Applaus. Pause.

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Nach der geht’s versöhnlich weiter: Brahms Trio Es-Dur op. 40 ist wuchtig, sentimental, ein treibendes Klavier; es bedient wieder tradierte Hörgewohnheiten. Die drei Musikerinnen machen das weitgehend getragene Stück, das nicht umsonst zu den klangschönsten Kammermusiken des 19. Jahrhunderts gezählt wird, zu ihrem ganz eigenen. Eigentlich für Klavier, Violine und Waldhorn komponiert, übernimmt hier wie selbstverständlich das Cello den Bläserpart. Und heiter geht’s weiter, das Finale schüttelt alle Schwermut ab. Ganzkörpereinsatz, rasant und effektvoll. Als Zugabe und „Schmankerl“, wie Fanny Fheodoroff sagt, gibt’s Brahms Wiegenlied „Guten Abend, gut Nacht“. Auch das, zur Mittagszeit, doch irgendwie ein Schlüsselerlebnis.

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