In der Chronik ''400 Jahre Schützentradition in Flittard'' heißt
es u. a.: ''Jakob Herkenrath, Pfarrer in Flittard von 1830 - 1842
verdanken wir... die ersten ausführlichen Nachrichten über
unsere Bruderschaft. Seine Aufzeichnungen befinden sich im
Flittarder Pfarrarchiv und beginnen wie folgt: 'Auszug aus einem
alten Buch, so die Schützenverbrüderung nachweiset. 1696 den
28ten August ist diese Schützen - Verbrüderung aufgerichtet
worden...'
Es ist nicht geklärt, von welchem alten Buch Pfarrer Herkenrath
spricht... Allerdings müssen wir davon ausgehen, daß bis zum
Jahre 1696 in Flittard-Stammheim eine
Schützengesellschaft bestanden hat, welche sich erst
mit obigem Datum eine Schützenverbrüderung (oder
Bruderschaft) umbenannte.
Daß die Schützengesellschaft die unmittelbare
Vorläuferin der Schützenbruderschaft gewesen sein muß, geht
ebenfalls aus den Aufzeichnungen Herkenraths hervor. Er erwähnt,
daß im Jahre 1698 dem neuen Schützenkönig Johannes Rheindorf der
Vogel mit 18 Schilden und 11 Pfennigen übergeben wurde. Diese
Schilder und Pfennige sind bis heute erhalten geblieben und also
ohne Schwierigkeiten von der Bruderschaft übernommen bzw.
akzeptiert worden. Daß es sich bei den Mitgliedern der
vorherigen Schützengesellschaft und der
nachmaligen Bruderschaft ohnehin (wohl) um die
gleichen Personen gehandelt hat, kann man am besten an der
Person des Heinrich Odenthal nachweisen. Dieser war nämlich
Schützenkönig der Schützengesellschaft (1689/90) und der
Bruderschaft (1699/1700).'' (S.36f)
Am 28. August 1696 wird also aus der
Schützengesellschaft eine Bruderschaft.
Aus den Aufzeichnungen Herkenraths geht eindeutig hervor, wie
wir eben gehört haben, daß die Bruderschaft keine Neugründung
war, sondern daß sich die bisherige Schützengesellschaft in eine
Bruderschaft umwandelte. Das 400jährige Jubiläum der Schützen
wurde 1994 also völlig zurecht gefeiert. (Vgl. Seiffert l)
Es kommt öfter vor, daß Gemeinschaften und Institutionen im
Laufe der Zeit ihren Namen und teilweise auch ihre Zielsetzungen
ändern. Ein Beispiel dafür ist unsere Frauengemeinschaft, die in
diesem Jahr ihr 90 jähriges Bestehen feiert. Sie ist als
Mütterverein gegründet worden, nicht als KFD.
Der 28. August 1696 ist dennoch ein wichtiges Datum. D.h. In
diesem Jahr 1996 existieren die Schützen 300 Jahre als
Bruderschaft. Dieses 300 jährige Bruderschaftsjubiläum ist uns
Anlaß, über unsere Bruderschaft nachzudenken.
Die Bruderschaften waren das Laienapostolat des Mittelalters.
Sie sollten und wollten das kirchliche Leben stärken und nach
innen vertiefen. Christus sollte in den Herzen der Brüder
lebendig sein. In den Bruderschaften wurde der Gedanke gepflegt,
daß der Mitmensch wirklich Schwester oder Bruder sei, im Sinne
des heutigen Evangeliums: ''Einer ist euer Meister, ihr alle aber
seid Brüder.''
Damals, als es noch keine Kranken- und Sozialversicherungen gab,
war man viel mehr als heute auf den mitbrüderlichen Kontakt, auf
die Solidarität von Familie zu Familie, von Mann zu Mann, von
Frau zu Frau, angewiesen. Das erklärte Ziel war die
Nachbarschafts- und Bruderhilfe in allen leiblichen und
seelischen Nöten. Deshalb spielten die leiblichen und
geistlichen Werke der Barmherzigkeit eine große Rolle.
Schützenbruderschaften schützten darüber hinaus das
Allerheiligste v. a. bei Prozessionen.
Was ist von diesen ursprünglichen Zielen heute geblieben?
Viele damalige Aufgaben werden heute vom Staat wahrgenommen, z.B. durch die Sozialversicherungen. Brüderlicher Geist begegnet uns heute in unserer Bruderschaft z.B. bei:
Auch die Überweisung von 1000.- DM pro Jahr für
Priesterausbildung ist ein solches gutes Werk in brüderlichem
Geist.
Aber reicht das aus, um aus einem Schützenverein, der nahezu
ausschließlich Schießsport und Geselligkeit pflegt, eine
Schützenbruderschaft zu machen?
Ich habe drei Träume, die, wenn sie sich erfüllen würden, das Eigentliche der Bruderschaft deutlicher zum Ausdruck bringen würden:
Bei unserer Prozession an Christi Himmelfahrt tragen seit alter
Zeit Offiziere den Prozessionshimmel, einige Schützenbrüder
begleiten die Prozession, einige Schützen helfen selbstlos beim
Auf- und Abbau auf dem Georgzapf-Platz.
Aber es ist nach meinem Eindruck zunehmend schwieriger,
Schützenbrüder zu diesen Diensten zu bewegen. Die Dienste bei
Prozession und Gottesdienst werden nicht mehr als Bereicherung
empfunden, als Bruderdienst für Jesus Christus, sondern der
Vatertag und der Ausflug mit Gleichgesinnten scheint häufig
wichtiger zu sein.
Ich träume davon: Die Schützenbrüder begleiten mit der gleichen Begeisterung und Anteilnahme, die sie für ihre eigenen Umzüge beim Schützenfest aufbringen, auch die Pfarrprozession; durch ein von ihnen ebenso schön geschmücktes Flittard wie beim Schützenfest. Im Jahre des 300 jährigen Bestehens der Bruderschaft wäre dies doch des Schweißes der Erde wert.
Der Entwicklung einer Streitkultur gilt mein zweiter Traum. In
der Mitgliederversammlung, in Vorstands- und
Offiziersversammlungen treffen unterschiedliche Meinungen z.T.
hart aufeinander, es wird viel Diskutiert und oft auch
gestritten. Das ist normal. Denn Konflikte sind unvermeidlich.
Eine Bruderschaft sollte sich dabei durch die
Art und Weise auszeichnen, wie bei solchen
Diskussionen miteinander umgegangen wird.
Dazu gehört u. a.:
Mittwochs bei der Frauenmesse, zu der alle Schützenschwestern
eingeladen sind, sind in der Regel keine Ministranten da. Ebenso
fehlen in der Regel bei Exequien u. Begräbnissen Ministranten
und Lektoren. Da es genügend rüstige Schützenbrüder im
Rentenalter gibt, träume ich davon, daß diese Dienste von ihnen
übernommen werden.
Schutz und Verehrung des Allerheiligsten ist ein altes
Bruderschaftsideal; ebenso die leiblichen Werke der
Barmherzigkeit; dazu gehört auch: Die Toten begraben.
Heute, am Sebastianustag 1996, haben wir uns daran erinnert, daß in diesem Jahr die Schützen als Bruderschaft 300 Jahre alt werden. Aus diesem Anlaß habe ich Ihnen 3 Träume offenbart:
Am 28.8.1696 ist aus der Schützengesellschaft eine Schützenbruderschaft geworden. Zwei Jahre später im Jahre 1698 beschloß die junge Bruderschaft, die sich unter den Schutz des hl. Sebastianus gestellt hatte, künftig seinen Namenstag feierlich zu begehen, um vor allem Unglück durch seine Fürsprache bewahrt zu werden. Alle Chroniken versichern, daß das Sebastianusfest auch in Kriegszeiten, wenn auch bescheidener, gefeiert wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Messe, die wir jetzt feiern somit die 298. Sebastianusmesse unserer Bruderschaft.