Gedenktag: 1. Oktober

Therese von Lisieux: Die kleine große Heilige

Veröffentlicht am 28.02.2015 um 20:50 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Therese von Liseux ist eine der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche.
Bild: © KNA

Bonn ‐ Ihr Werk ist nicht einfach zu begreifen und sie ist eine wahrhaft irritierende Person. Dennoch gehört die jung verstorbene Ordensfrau zu den beliebtesten Heiligen. Am 1. Oktober ist ihr Gedenktag.

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Diese Frau ist ein Rätsel: Obwohl sie ihre Heimatregion kaum je verließ, wurde sie zur Patronin der Weltmission. Obwohl ihre theologischen Schriften kaum an die Brillanz der großen Werke der Christenheit heranreichen, avancierte sie als erst dritte Frau überhaupt zur Kirchenlehrerin. Und obwohl sie bereits mit 24 Jahren starb und fast die Hälfte ihres kurzen Lebens in einem weltabgewandten Karmel gelebt hatte, wurde sie zu einer der bekanntesten und beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche.

Thérèse von Lisieux ist keine einfach zu begreifende Heilige, sondern vielmehr eine der irritierendsten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte. Sie wurde am 2. Januar 1873 als jüngstes von neun Kindern im kleinen Ort Alençon in der Normandie geboren. Bereits als Kind war es ihr größter Wunsch, in den strengen Karmeliterorden eintreten zu dürfen. Ihre von der Familie unterstützten Aufnahmeanträge wurden jedoch mehrfach mit Verweis auf ihr jugendliches Alter abgelehnt.

Im Alter von 15 Jahren wurde ihrem Bitten schließlich stattgegeben, und so folgte sie ihren Schwestern Pauline und Marie in den Karmel von Lisieux. Bei ihrem Eintritt in das Kloster gab sie sich den Ordensnamen Theresia vom Kinde Jesus.

Zerrissene Persönlichkeit

Doch egal, was sie sich von ihrem Eintritt in den Karmel auch erhofft hatte – ihr Leben im Kloster war von Anfang an eine harte Prüfung. Ihre Mitschwestern kamen mit der Persönlichkeit Thérèses nicht zurecht, niemand kannte sich in ihrem Wesen aus. Die Oberin des Karmels versuchte Thérèse ständig zu demütigen und so ihren vermeintlichen Stolz zu brechen.

Bild: ©Laurent Renault/Fotolia.com

Die Basilika Sainte-Thérèse in Lisieux (1954 fertiggestellt), in der die Heilige Therese vom Kinde Jesu (1873–1897) verehrt wird.

Was ihre Mitschwestern nicht bemerkten: Thérèse war bei Weitem nicht die selbstsichere und stolze Persönlichkeit, die sie in ihr sahen. Vielmehr war sie eine von Angstzuständen und Depressionen gequälte junge Frau, die sich von Gott mehr und mehr verlassen fühlte und schwere innere Konflikte ertragen musste.

Einen Ausweg aus ihren Qualen fand Thérèse wohl lediglich in dem von ihr entdeckten "kleinen Weg", einem Weg der liebevollen Hingabe an Gott und die Mitmenschen, die sich gerade in den kleinen Gesten des Alltags äußerte und im Gegensatz zum sonst so strengen Gottesbild ihrer Zeit stand. Der "kleine Weg" war für Theresia eine Art Sonderweg zur Heiligkeit.

"Geschichte einer Seele"

Nach ihrem durch Tuberkulose hervorgerufenen frühen Tod am 30. September 1897 verbreitete sich schnell ihr Ruf als einer der größten Heiligen, da zahlreiche Menschen ihrer Fürbitte besondere Gebetserhörungen zuschrieben. Ihre Lebensgeschichte, die sie auf Anordnung ihrer Priorin niedergeschrieben hatte, wurde zwei Jahre nach ihrem Tod unter dem Titel "Geschichte einer Seele" veröffentlicht und ist bis heute nach der Bibel das meistgelesene spirituelle Buch in französischer Sprache.

Gedenktag: 1. Oktober

Patronin von Frankreich; der Weltmission, der Missionen und der Flieger; in allen Anliegen

1927 wurde Thérèse von Lisieux von Papst Pius XI. seliggesprochen; zwei Jahre später ernannte der Pontifex sie zudem zur Patronin der Weltmission. Seit 1944 ist sie außerdem eine der Patroninnen Frankreichs.

Eine noch größere Ehre wurde Thérèse 100 Jahre nach ihrem Tod zuteil: Am 19. Oktober 1997 ernannte Papst Johannes Paul II. sie als 33. Persönlichkeit überhaupt zur Kirchenlehrerin - ein wahrhaft sensationeller Vorgang. Denn immerhin hatte die Ordensfrau aus der Normandie nie Theologie studiert. Außerdem lebte sie in einer Zeit, in der Frauen in der Kirche wenig zu sagen hatten, und sie starb in einem Alter, das man gewöhnlich nicht mit dem Erreichen menschlicher Weisheit in Verbindung bringt.

Von Steffen Zimmermann