The Spectacular Now - Perfekt ist Jetzt - Die Filmstarts-Kritik auf FILMSTARTS.de
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    The Spectacular Now - Perfekt ist Jetzt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    The Spectacular Now - Perfekt ist Jetzt
    Von Carsten Baumgardt

    Short Term 12 – Stille Helden“ war einer der besten Filme des Jahres 2014 – im Kino lief das sympathische Indie-Drama bei uns aber trotzdem nicht, weil dem deutschen Verleiher Edel letztendlich die Courage fehlte, ein entdeckungsfreudiges Publikum für dieses kleine, aber grandios-berührende Meisterwerk zu begeistern. Dieses Schicksal teilt nun leider auch „The Spectacular Now – Perfekt ist Jetzt“, der hierzulande mit reichlich Verspätung mehr als zwei Jahre nach der Uraufführung in Sundance 2013 direkt auf DVD erscheint. James Ponsoldts herausragendes Coming-Of-Age-Liebesdrama ist ein echtes Filmjuwel – authentisch, lebensnah und sehr weise.

    Der 18-jährige Schüler Sutter Keely (Miles Teller) ist ein leidenschaftlicher Aufschneider, der auf keiner Party fehlt. Als sich seine Freundin Cassidy (Brie Larson, „Short Term 12“) von ihm trennt, startet er ein amtliches Besäufnis und wacht am nächsten Morgen orientierungslos in einem Vorgarten auf, wo ihn seine Mitschülerin Aimee Finicky (Shailene Woodley) aufliest. Das ist der Beginn einer zarten Freundschaft zwischen der zurückhaltenden jungen Frau und dem großmäuligen Zampano, der ihre Beziehung zwar zunächst nicht ernstnimmt, aber trotzdem gerne Zeit mit der ruhigen Außenseiterin verbringt…

    Das Spektakuläre an „The Spectacular Now“ ist das Maß an Authentizität, das Regisseur James Ponsoldt („Smashed“) aus den Figuren schält. Die Ausgangssituation ist ähnlich wie in vielen anderen x-beliebigen Teenager-Filmen, aber irgendwann merkt man, dass hier keine einzige Klischeefalle zuschnappt und die Figuren immer roher und verwundbarer werden: Der draufgängerische Sutter ist ein Blender mit einem ernsthaften Alkoholproblem, das aber nie platt ausgestellt, sondern lediglich beiläufig am Rande erwähnt wird: So verliert er seinen Job beim Herrenausstatter, obwohl die Kunden ihn schätzen, weil er wohl doch den einen oder anderen Zug zu viel aus dem Flachmann genommen hat, um als Verkäufer tragbar zu sein. Es ist die große Kunst von Ponsoldts subtiler Inszenierung, dass die Szene nicht ins Melodramatische abdriftet, Sutter nimmt die Entscheidung vielmehr klaglos hin – schließlich weiß er selbst, dass sie richtig ist.

    Whiplash“-Shootingstar Miles Teller (der übrigens auch in der „Bestimmung“-Trilogie neben Shailene Woodley zu sehen ist) porträtiert seine Figur mit entwaffnender Nüchternheit. Im Gegensatz zu allen anderen weiß Sutter um sein anstehendes Schicksal im Mittelmaß, versucht seine mangelnden Zukunftschancen aber durch seine Großspurigkeit zu kompensieren. Dabei ist der Film absolut unberechenbar, beugt sich keiner Konvention und überrascht immer wieder mit der nächsten Wendung (wir wollen nicht spoilern, also glaubt es uns einfach mal). So entpuppt sich „The Spectacular Now“ anders als man es bei dem Plot vielleicht erwarten würde auch nie als modernes Aschenputtel-Märchen, stattdessen schwingt etwa in Sutters schmerzhafter Suche nach seinem von ihm verklärten Alkoholiker-Vater (Kyle Chandler) eine unaufdringliche Bitterkeit mit, die zutiefst berührt. Ähnliches gilt für Aimees langsames Erkennen und Akzeptieren der Realitäten: Shailene Woodley („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) spielt die Außenseiterin behutsam als scheues, unterschätztes Mauerblümchen, das genau den entgegengesetzten Weg sich hat, nämlich aus dem Abseits mitten ins Leben – und dabei ist es ausgerechnet Sutter, der sich selbst schon aufgegeben hat und ihr trotzdem hilft, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

    Fazit: „The Spectacular Now“ ist eine ebenso mitreißende wie intelligente Coming-Of-Age-Geschichte, die so glaubwürdig wirkt, dass einem die ungekünstelten Figuren einfach verdammt nahe gehen müssen – der ehrlichste Teenie-Film seit langer, langer Zeit!

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