The Dark Knight - Die Filmstarts-Kritik auf FILMSTARTS.de
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    The Dark Knight
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    The Dark Knight
    Von Jürgen Armbruster

    Operation misslungen, Patient tot. So oder so ähnlich muss das Fazit der Verantwortlichen von Warner und DC Comics gelautet haben, als Joel Schumacher (Nicht auflegen!, The Number 23) die unter Tim Burton (Batman, Batmans Rückkehr) verheißungsvoll begonnene Kinokarriere der wohl berühmtesten Fledermaus der Welt mit Vollgas gegen die Wand setzte. Insbesondere Batman und Robin war dermaßen schlecht, dass der damalige Hauptdarsteller George Clooney selbst heute noch keine Gelegenheit auslässt, um genüsslich über den Film herzuziehen. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Verantwortlichen an den ehemaligen Independent-Regisseur Christopher Nolan (Following, Memento, Insomnia), dem schnell klar war, was das Franchise benötigte: einen kompletten Neuanfang. Weg von der lächerlichen, bonbonbunten Phantasiewelt hin zu einem düsteren, bodenständigen und vor allem realistischeren Szenario. Und das kalkulierte Risiko ging voll auf. Batman Begins war verdammt nah dran am perfekten Blockbuster und ist die bis heute wahrscheinlich beste Verfilmung eines klassischen Superhelden-Comics.

    Die Messlatte für die unvermeidbare Fortsetzung hätte höher kaum liegen können, doch schon der Titel spiegelt das unter Christopher Nolan neugewonnene Selbstbewusstsein des Franchise wider: „The Dark Knight" - kurz, prägnant, stimmig und der erste Titel eines „Batman"-Films, der ohne den Namen des Helden auskommt. Dadurch wird der Titel zu einem klaren Statement. Hier geht es nicht darum, mit dem bekannten Namen eines austauschbaren Comic-Superhelden das schnelle Geld zu machen, wie es in Hollywood momentan an der Tagesordnung ist, sondern - noch mehr als in „Batman Begins" - um die Charaktere und eine erzählenswerte Geschichte.

    „Some men aren't looking for anything logical, like money.

    They can't be bought, bullied, reasoned or negotiated with.

    Some men just want to watch the world burn."

    (Alfred Pennyworth zu Bruce Wayne über den Joker)

    Schon seit der Schlussszene von „Batman Begins" ist klar, dass es Bruce Wayne alias Batman (Christian Bale) diesmal mit dem Joker (Heath Ledger) als Widersacher zu tun haben wird. Und dieser wird gleich zu Beginn furios eingeführt. Mit manipulativem Geschick und viel Kalkül spielt er seine allesamt als Clowns verkleideten Komplizen während eines Bankraubs gegeneinander aus. Erst als alle sich gegenseitig umgebracht haben, gibt er sich selbst zu erkennen und macht sich als einziger Überlebender mit dem Geld davon, ohne dieses jedoch für sich selbst verwenden zu wollen. Das geklaute Geld gehört den durch Batman ohnehin in die Enge getriebenen Unterwelt-Bossen von Gotham City. Die von Salvatore Maroni (Eric Roberts) angeführten Mobster haben fortan keine andere Wahl, als mit dem Joker zusammen zu arbeiten. Auf eine weitere Einführung oder sogar eine Ursprungsgeschichte des Jokers, wie sie Batman in „Batman Begins" bekommen hat, wurde bewusst verzichtet.

    Christopher Nolan beschrieb seinen Joker unlängst als „Absolut". Er ist mehr als das gewöhnliche Böse, mit dem Batman es noch in „Batman Begins" zu tun hatte. Dieser Joker ist ein paranoider Schizophrener, der Chaos predigt und sich in der Anarchie suhlt. Persönliche Interessen sind ihm, wie sein herunter gekommenes Erscheinungsbild unterstreicht, völlig fremd. Der Joker ist ein Monster, das Batman durch seinen Rachefeldzug gegen die Unterwelt von Gotham City erst erschaffen hat. Bei seiner Jagd auf Batman und seinen Versuchen, die Stadt ins Chaos zu stürzen, kennt der Joker weder Regeln noch Grenzen und ist vollkommen unberechenbar. Damit ist er für Batman, der bei seinem Kampf gegen die Unterwelt selbst einige Gesetze brechen musste und nach seinen eigenen Regeln lebt, der gefährlichste Gegner überhaupt. Um seinen Kontrahenten zu besiegen, muss Batman nicht nur akzeptieren, dass der Joker seine eigene Schöpfung ist, sondern auch selbst Grenzen überschreiten. Das ist der Stoff, aus dem Tragödien sind.

    Doch „The Dark Knight" ist weit mehr, als nur der Kampf von Batman gegen den Joker. Es ist auch die Geschichte von Bezirksstaatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhardt), mit dem Batman einen Bruder im Geiste gefunden hat. Dent ist der strahlende Held, der Gotham City endlich aus seiner Lethargie befreien kann. Ein Held mit Gesicht, ein weißer Ritter, wie Batman es nie sein könnte. Gemeinsam mit Lieutenant Gordon (Gary Oldman) arbeiten Batman und Dent an einem Plan, die Straßen von Gotham endgültig vom Abschaum zu befreien. Darüber hinaus ist Dent auch Bruce Waynes größte Hoffnung, sein Alter Ego Batman endlich hinter sich lassen und ein normales Leben mit seiner Angebeteten Rachel Dawes (Maggie Gyllenhaal) führen zu können. Harvey Dents Wandel vom strahlenden Hoffnungsträger zum entstellten, von Rachegelüsten getriebenen Mörder Two-Face ist neben dem Kampf gegen den Joker das zweite zentrale Thema von „The Dark Knight".

    „Do I really look like a man with a plan, Harvey?

    I don't have a plan. The mob has plans, the cops have plans.

    You know what I am, Harvey? I'm a dog chasing cars.

    I wouldn't know what to do if I caught one. I just ‚do' things.

    I'm a wrench in the gears. I ‚hate‘ plans."

    (Der Joker zu Harvey Dent)

    Das Drehbuch, das Christopher Nolan wie schon zuvor bei The Prestige gemeinsam mit seinem Bruder Jonathan entwickelte, gehört zum Besten, was das Genre bislang zustande gebracht hat. „The Dark Knight" ist weit mehr als eine simple Parabel über den Kampf Gut gegen Böse. Die Geschichte schlägt einen Haken nach dem anderen, so dass sich der Zuschauer nie sicher sein kann, was als nächstes geschieht. Sicherlich, Batman-Fans werden wissen, dass aus Harvey Dent letztlich Two-Face werden wird. Aber die Reise dahin zu beobachten, ist großes Unterhaltungskino. Die makaberen Spielchen des Jokers werfen darüber hinaus immer wieder interessante moralische Fragen auf. In einer Schlüsselszene des Films legt der Joker auf einem Fluss zwei Fähren lahm. Auf einer Fähre befinden sich einfache Bürger, in der anderen verurteilte Kriminelle. Auf jeder Fähre hat der Joker eine Bombe und eine Fernbedienung platziert, mit der die Bombe auf der jeweils anderen Fähre zur Explosion gebracht werden kann. Wer die andere Fähre als erstes in die Luft jagt, überlebt. Wer reagiert zuerst? Was würdest Du tun?

    Neben den messerscharfen Dialogen, die fortan als Maßstab für das gesamte Comic-Genre gelten dürften und lückenlos an das aus „Batman Begins" bekannte Niveau anschließen, ist die überraschende Konsequenz eine weitere Stärke des Drehbuchs. Christopher und Jonathan Nolan schrecken auch nicht davor zurück, den einen oder andern Protagonisten sterben zu lassen, wenn es der Geschichte dienlich ist. Dabei verzichten die Nolan-Brüder darauf, sich stoisch an eine bestimmte Comic-Vorlage zu klammern. Wie schon „Batman Begins" ist „The Dark Knight" eine recht freie Interpretation des Batman-Mythos. Doch Kenner der Comic-Vorlagen werden auch hier immer wieder Verweise auf bestimmte Comics – beispielsweise Alan Moores „The Killing Joke", Frank Millers „The Dark Knight Returns" und Jeph Loebs „The Long Halloween" – erkennen können.

    Es ist natürlich schwer, beim Thema „The Dark Knight" gänzlich am tragischen Unfalltod von Heath Ledger (Brokeback Mountain, Ritter aus Leidenschaft) am 22. Januar 2008 vorbei zu kommen. Immerhin ist hier ein hoch talentierter Schauspieler mit gerade einmal 28 Jahren viel zu früh von uns gegangen. Aber insgeheim stellt sich schon die Frage, ob der Hype um seine Person und seine Performance in „The Dark Knight" wirklich gerechtfertigt ist? Das Wörtchen „Oscar" war in diesem Zusammenhang bereits vor dem offiziellen Kinostart in den USA in aller Munde. Mancher Kritiker hat sich im Vorfeld sicherlich bereits die Argumente für den Fall zurechtgelegt, dass Ledgers Joker „nur" gut und nicht überragend ausgefallen wäre. Doch diese Vorbereitungen waren unnötig. „The Dark Knight" ist die große Abschiedsshow von Heath Ledger. Sein Joker ist die alles überragende Persönlichkeit in „The Dark Knight". Die Gefahr war groß, dass dieser als Clown verkleidete Super-Kriminelle in Nolans realistischem Szenario zu einem unpassenden Fremdkörper verkommt. Doch Ledger meistert diesen Drahtseilakt mühelos. Was wurde im Vorfeld nicht alles über Ledgers Vorbereitung zu den Dreharbeiten zu „The Dark Knight" berichtet? Er habe sich angeblich einen Monat lang alleine in einem Hotelzimmer eingeschlossen und Tagebuch über die Gedanken des Jokers geführt. Auch wenn dies vermutlich nicht so ganz der Wahrheit entspricht, so ist das Ergebnis auf der Leinwand dennoch über jeden Zweifel erhaben. Ledgers Joker ist eine Offenbarung, sein diabolisches Spiel vom ersten Auftritt an absolut packend. Ohne übertreiben zu wollen: Vielleicht ist Heath Ledgers Joker sogar die beste Performance eines Schauspielers in einer Comic-Verfilmung überhaupt. Nur geht leider bei der deutschen Synchronisation mal wieder einiges verloren. Die wahre Größe von Ledgers letzter großer Rolle offenbart sich erst in der Originalfassung. Ein besonderes Lob gebührt in diesem Zusammenhang übrigens dem Filmstudio Warner. Es wäre ein Einfaches gewesen, „The Dark Knight" mit Ledgers tragischem Tod als Aufhänger zur bewerben. Doch hierauf verzichtete Warner gänzlich. Der Umgang des Filmstudios mit Ledgers Tod war zu jeder Zeit überaus würde- und respektvoll. So und nicht anders sollte es auch sein.

    „You either die a hero or you live long enough

    to see yourself become the villain." – Harvey Dent

    Natürlich ist „The Dark Knight" nicht nur Heath Ledger. Doch dass Vollblut-Schauspieler Christian Bale (Der Maschinist, The Prestige, Todeszug nach Yuma) für die Rolle des Bruce Wayne und dessen Alter Ego Batman die perfekte Besetzung ist, ist eben bereits seit „Batman Begins" klar. Daran hat sich auch nichts geändert. Nur ist Bale eben nicht mehr ganz so dominant, wie dies noch im Vorgänger der Fall war. Doch das ist ganz klar der Geschichte geschuldet. Der Zuschauer hat bereits erfahren, wie aus dem Milliardär Bruce Wayne der maskierte Rächer Batman wurde. Dies hat zur Folge, dass Christian Bale wesentlich häufiger als in „Batman Begins" das (verbesserte) Batman-Kostüm überstreift, wo dies erst nach rund der Hälfte des Films zum Einsatz kam. Doch an Bales beachtlicher Präsenz gibt es nichts zu rütteln. Er ist es nach wie vor, der die Geschichte vorantreibt.

    Während Heath Ledger das Highlight und Christian Bale die treibende Kraft von „The Dark Knight" sind, ist Aaron Eckhardt (Thank You For Smoking, The Black Dahlia) die für die Handlung wohl wichtigste Persönlichkeit. Er ist es, der dem Zuschauer einen Zugang zur Geschichte ermöglicht. Er ist weder Super-Krimineller noch Superheld, sondern einfach nur ein normaler Bürger mit dem Herz am rechten Fleck, der zwischen die Fronten zweier Titanen gerät. Würde Eckhardt in seiner Rolle nicht funktionieren, so hätte der Film ein echtes Problem. Doch Eckhardt empfiehlt sich – wieder einmal – für größere Aufgaben. Auf seinem Weg vom charismatischen Hoffnungsträger einer ganzen Stadt zum gefallenen Engel ruft Eckhardt sein ganzes Repertoire ab und bietet Legder und Bale munter die Stirn. Großartig! Ein besondere Erwähnung hat sich noch Maggie Gyllenhaal (Schräger als Fiktion, World Trade Center), die Katie Holmes als Rachel Dawes ersetzt, verdient. Holmes hatte sich bei den Vertragsverhandlung böse verzockt und machen wir es kurz: Etwas Besseres hätte dem Franchise auch nicht passieren können. Gyllenhaal ist schlicht und einfach die um Längen bessere Schauspielerin. Punkt. Natürlich sind die in „Batman Begins" erprobten Michael Caine (Gottes Werk und Teufels Beitrag, Children Of Men), Morgan Freeman (Million Dollar Baby, Wanted) und Gary Oldman (Léon - Der Profi, Harry Potter und der Gefangene von Askaban) erneut wieder mit an Bord. „The Dark Knight" ist damit wie zuvor „Batman Begins" ein Musterbeispiel dafür, wie man Nebenrollen perfekt besetzt.

    Ein weiterer Pluspunkt: Handwerklich gelingt „The Dark Knight" das Kunststück, seinem Vorgänger sogar spürbar überlegen zu sein. Wie schon zuvor reiht Nolan mit seinem Stamm-Kameramann Wally Pfister eine atemberaubende Kameraeinstellung an die andere. Doch insbesondere bei den Action-Szenen besserte Nolan sogar noch einmal deutlich nach. Die in „Batman Begins" mitunter störende Wackel-Kamera muss hier merklich kürzer treten und auch mit den CGI-Effekten hält sich Nolan glücklicherweise spürbar zurück. „The Dark Knight" ist ein Actionfilm der alten Schule. Wenn auf der Leinwand ein LKW in seine Bestandteile zerlegt oder ein ganzer Häuserkomplex dem Erdboden gleich gemacht wird, dann ist dies auch in Wirklichkeit so geschehen. Das ist zwar teuer, doch dafür hatte Nolan auch 185 statt zuvor 150 Millionen Dollar zur Verfügung. Eine lohnende Investition.

    „The Dark Knight" ist so herausragend, dass selbst kleinere Schwächen nicht ins Gewicht fallen. Der Auftritt von Cillian Murphy (Sunshine, Red Eye) als Scarcrow gleich zu Beginn des Films ist sicher unnötig. Die Wandlung von Harvey Dent zu seinem Alter Ego Two-Face wird etwas überstürzt erzählt. Zwar ist das Ereignis, das dieser Wandlung zu Grunde liegt, im höchsten Maße traumatisch, dennoch geschieht die Abkehr von seinen eigenen Idealen dermaßen schnell, dass die Geschichte hier über ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem stolpert. Christopher Nolan erzählt gewohnt breit. Da kann man bei 152 Minuten Laufzeit durchaus diskutieren, ob die Kürzung der einen oder anderen Nebengeschichte (zum Beispiel die Reise nach Hongkong oder die Hetzjagd auf Coleman Reese) um 15 bis 20 Minuten dem Ergebnis nicht geschadet hätte.

    Fazit: Regisseur und Drehbuchautor Kevin Smith (Chasing Amy, Jersey Girl) ließ sich unlängst nach dem Besuch einer Vorführung von „The Dark Knight" in seinem Weblog zu folgender Aussage hinreißen: „It's the ‚Godfather 2‘ of comic book films." Und damit trifft Smith den Nagel auf den Kopf. „The Dark Knight" ist das Kinoereignis dieses Sommers. Ein überragend gespielter und inszenierter Blockbuster, der vor allem inhaltlich der versammelten Konkurrenz deutlich überlegen ist.

    In einer früheren Version dieser Kritik hatte „The Dark Knight" nur 4,5 von 5 Sternen. Nachdem wir uns den Film in Vorbereitung auf die Pressevorführung von „The Dark Knight Rises" noch einmal angesehen haben und er in den vergangenen vier Jahren nichts von seiner Kraft verloren hat, stand für uns aber endgültig fest, dass hier die Höchstwertung absolut verdient ist.

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