The Corporation | Kritik | Film | critic.de

The Corporation – Kritik

Nicht eine Filmfigur wie Hannibal Lecter wird in The Corporation als Psychopath charakterisiert, sondern der titelgebende Zusammenschluss von Geschäftsleuten.

The Corporation

Wissentlich wird das Leben der sechsköpfigen Crew des Raumschiffs Nostromo von der Company, dem Eigentümer des kommerziellen Weltraum-Erz-Verwerters, aufs Spiel gesetzt um eine tödliche Alien-Spezies zu bergen. Profit geht über Moral – das zynische Fazit aus Ridley Scotts Horrorklassiker von 1979 sieht The Corporation in der realen Wirtschaftswelt bestätigt. Eigentlich nichts Neues, jedoch basiert der nur scheinbare Dokumentarfilm, der vielmehr als Thesenfilm verstanden werden kann, auf einem gleichnamigen Buch von 2004, das den Titelzusatz The Pathological Pursuit of Profit and Power trägt. Der Harvardabsolvent Joel Bakan vertritt darin den originellen Ansatz, dass eine Corporation als psychopatische Persönlichkeit definiert werden kann. Bakans globalisierungskritisches Psychogramm hat die US-amerikanische Rechtsprechung zur Grundlage, die eine Corporation juristisch als Individuum einstuft.

In Zusammenarbeit mit Bakan haben die Regisseure Mark Achbar und Jennifer Abbott ein zweieinhalbstündiges Konglomerat, bestehend aus Talking Heads, Nachrichtenbildern, Fernsehspots, Filmausschnitten und Firmenwerbung zusammengekittet, dass trotz seiner Länge nicht ermüdet. Neben bekannten Namen wie Noam Chomsky, Howard Zinn und Edwin Black, dem Autor von IBM and the Holocaust (2001), kommen fast 40 weitere Personen zu Wort. Die Aussagen von Vertretern der Wirtschaft, Menschenrechtlern, Philosophen, Reportern und nicht zuletzt von Wirtschaftswissenschaftlern werden gegenübergestellt.

The Corporation

Deutlich skizziert der allgegenwärtige Off-Kommentar die Thesen des Films, die, im Gegensatz zu den plumpen Manipulationsversuchen eines Michael Moore, angenehm rational, jedoch nicht minder unterhaltsam dargeboten werden. Erst gegen Ende bricht der Film mit diesem Modus und gestaltet sich, unter Mitwirkung von einigen Befragten, als Aufruf zum politisch motivierten, moralischen Handeln.

Der eigentliche Clou an The Corporation ist, dass einige der zu Wort kommenden Personen einschneidende persönliche Erlebnisse schildern. So ist es äußerst spannend zuzusehen, wie Ray Anderson, Vorstandsmitglied des weltgrößten Teppichherstellers Interface, von seiner Läuterung zum umweltbewussten Geschäftsmann erzählt. Gleichermaßen interessant ist auch die Geschichte der Reporter Jane Akre und Steve Wilson, die vom Nachrichtensender Fox gefeuert wurden, als diese von einem Lebensmittelskandal berichten wollten, für den die Firma Monsanto verantwortlich war, einst der Hersteller von Agent Orange, dem im Vietnamkrieg eingesetzten, dioxinhaltigen Entlaubungsmittel, dessen verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung bis Heute andauern.

Mit dem Beispiel Ray Andersons scheint The Corporation seine letzte These zu verdeutlichen, dass Veränderungen nicht allein von Außen bewerkstelligt werden können, sondern auch von Innen heraus möglich sind. Dies wird vermutlich nicht allen Globalisierungsgegnern schmecken, wodurch es der Film jedoch vermeidet, in eine Schublade gesteckt zu werden.

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