Tödliches Kommando - The Hurt Locker | Kritik | Film | critic.de

Tödliches Kommando - The Hurt Locker – Kritik

Klassische Hollywoodtugenden im Gewand eines Independentfilms: Kathryn Bigelow gelingt mit Tödliches Kommando ein eindrucksvolles Comeback.

Tödliches Kommando

Sergeant William James (Jeremy Renner) durchsucht ein ausgebranntes Auto nach dem Zünder einer Bombe. In den Häusern am Straßenrand versammeln sich Menschen an den Fenstern und auf den Dächern. Sergeant J.T. Sanborn (Anthony Mackie) und Specialist Owen Eldridge (Brian Geraghty) sind einige Meter entfernt postiert und werden von Minute zu Minute nervöser. Auf dem Dach eines Hauses steht ein Mann mit einer Videokamera und filmt die Amerikaner. Von einem gegenüber liegenden Haus aus scheint ihn ein anderer Mann per Handzeichen anzuleiten, was er zu Filmen habe. Aus der Perspektive Sandborns und Eldridges entwirft Tödliches Kommando (The Hurt Locker) mit einfachen, aber effektiven Mitteln eine räumliche Situation. Und ausschließlich aus dieser räumlichen Situation entwickelt der Film im Folgenden auf für den Zuschauer stets nachvollziehbare Art und Weise eine hochdramatische Situation.

Tödliches Kommando

Der Film entwirft eine ganze Reihe dieser räumlichen Situationen. Kathryn Bigelows erstes Werk nach sechs Jahren Regiepause besteht, abgesehen von kurzen Szenen, die in das Alltagsleben der Soldaten in ihren Barracken einführen (harte Gitarrenmusik, Egoshooter und Alkohol), aus sieben ausgedehnten Sequenzen, die jeweils einen Einsatz eines amerikanischen Bombenräumkommandos in der irakischen Hauptstadt Bagdad schildern. Die räumliche Spezifik des jeweiligen Einsatzortes ist Tödliches Kommando in jeder dieser sieben Sequenzen überaus wichtig. Wer hat welchen Blickwinkel aufs Geschehen? Wie viele Meter entfernt müssen sich die Soldaten postieren, damit sie von der Druckwelle einer möglichen Explosion verschont bleiben?

Tödliches Kommando

Ein atemberaubendes Scharfschützenduell in der Mitte des Films treibt die verräumlichte Dramaturgie des Films auf die Spitze: Aus einem Haus mitten in der Einöde der irakischen Wüste haben Rebellen Feuer auf die Amerikaner eröffnet. Jetzt liegen Sanborn und James hinter einem Steinhügel und versuchen, ihr Ziel ins Schussfeld zu bekommen. Zwischen den einzelnen Schüssen vergehen manchmal ganze Minuten. Meter für Meter tasten sich die Einschüsse an das Fenster des Hauses, hinter dem der gegnerische Scharfschütze vermutet wird, heran. Währenddessen beobachtet Eldridge eine Bewegung im Rücken seiner Kameraden. Bigelows ultrarealistische Ästhetik macht aus einer solchen Szene das exakte Gegenteil der Actionspektakel im modernen Blockbusterkino: Wo diese den Raum als undifferenzierte Verfügungsmasse der Eigenlogik von Spezialeffekten unterordnen, positioniert Tödliches Kommando Körper exakt im Raum. Wo diese ihren Reiz gerade aus einem kinetischen und stilistischen Exzess gewinnen, der in der dargestellten Situation selbst nicht enthalten ist, interessiert sich Bigelow ausschließlich für die Implikationen einer exakt konstruierten Versuchsanordnung. Gleichzeitig ist Tödliches Kommando auf technischer Ebene ein durch und durch zeitgenössischer Film, Bigelow weiß die Unmittelbarkeit der Handkamera – gedreht wurde freilich auf 16mm, nicht digital – und das immersive Potenzial des modernen Sounddesigns mindestens so effektiv zu nutzen wie ein Tony Scott (Mann unter Feuer, Man on Fire 2004; Domino, 2005; Déjà Vu, 2006).

Tödliches Kommando

Geplant war Tödliches Kommando zunächst als große Hollywoodproduktion, mit entsprechendem Budget und Stars. Als sich dieses Projekt zerschlug, drehte Bigelow ihren Streifen unter den Bedingungen des Independentkinos, mit weniger Geld und weitgehend unbekannten Darstellern – nur in Nebenrollen sind einige bekanntere Gesichter wie Ralph Fiennes und Guy Pierce zu sehen –, vertrieben wird der Film in Amerika vom verhältnismäßig kleinen Verleih Summit Entertainment. Ein eindrucksvolles Comeback für die seit Mitte der 90er nicht gerade vom Glück verfolgte Regisseurin ist Tödliches Kommando geworden, eines, das zeigt, dass man Kathryn Bigelow nach wie vor zu den größten Hoffnungen des amerikanischen Genrekinos zählen darf. Allerdings ein Comeback, das eher am Rande als in der Mitte der Industrie stattfindet.

Der Form nach ist das, was Bigelow abliefert, dennoch Hollywoodkino und zwar im besten Sinne klassisches. Der Film erinnert in seiner Beschränkung auf wenige zentrale Figuren, in der Ernsthaftigkeit, mit der er sich dem Soldatenleben widmet und in der inszenatorischen Sorgfalt seiner Actionsequenzen an die Combat-Filme eines Robert Aldrich (Ardennen 1944, Attack, 1956) oder Samuel Fuller (Fixed Bayonets!, 1951). Wie diese Filme konzentrieren sich Bigelow und Drehbuchautor Mark Boal auf innermilitärische Problemstellungen, die sich nicht direkt in ein politisches Argument fügen: Der zentrale Konflikt ist der zwischen dem draufgängerisch-naiven James – wenn er zu seinem ersten Einsatz schreitet, filmt Bigelow dies im Stil eines Western-Showdowns, in Untersicht – und dem abgeklärten, professionellen Sanborn. Tödliches Kommando ist ein Film über zwei Männer – der dritte, Eldridge, ist eher ein Junge, der in einer fast familiären Konstellation zu den anderen beiden aufblickt – für die der Krieg auf jeweils sehr unterschiedliche Art und Weise zum einzigen Lebensinhalt geworden ist.

Tödliches Kommando

Was nicht heißen soll, dass Tödliches Kommando nichts über den Irakkrieg – oder moderne Formen von Kriegsführung allgemein – auszusagen hätte. Die Paranoia in den Blicken der Kamera sowie der Soldaten auf die Häuser und Bewohner Bagdads  auf der einen und die Egoshooter-Logik der Einsätze auf der anderen Seite – fast jede Kontaktaufnahme zur Zivilbevölkerung findet mit vorgehaltener Waffe statt – bedingen sich gegenseitig. Sehr genau kommt dabei in den Blick, in wieweit der permanente Ausnahmezustand, in dem sich der Irak seit Beginn der Kampfhandlungen befindet, zumindest auch eine selbsterfüllende Prophezeiung ist.

Trailer zu „Tödliches Kommando - The Hurt Locker“


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Kommentare


TabTwo

Es fällt mir wirklich schwer zu verstehen, wie man diesen Film eindrucksvoll finden kann. Kein Story, kein roter Faden, idiotische Dialoge, vorhersehbar, willkürlich irgnedwelche Szenen aneinandergereiht ... totale Verschwendung von Lebenszeit


Elch

Der Film war das letzte! Die 9,50 hätte ich in den Gulli werfen können und hätte mehr davon gehabt.


maalbi

unglaublich lahmer flm. Ich konnte absolut nichts eindrucksvolles daran erkennen. DEr Film hatte keinen sinn, keinen roten faden. Hab bis zur letzten minute verzweifelt nach einer story lein gesucht. Als ich dachte ich hätte eine gefunden, stellte sich dies als ein missverständnis heraus. GELD sparen - NICHT GUCKEN


Benjamin

Ein sehr empfehlenswerter Film für jeden der sich ernsthaft mit dem Thema Irak auseinandersetzen möchte, und der durch die Handkameraführung umso realistischer wirkt. Wer hier eine "Story Line" vermisst oder die Dialoge "blöd" findet, sollte bedenken, dass dieser Film, wenn auch sehr spannend und actionlastig, im Grunde eine Dokumentation darstellen soll und der "Krieg gegen den Terror" nunmal so aussieht. Wer die Augen vor der Realität verschließen möchte und stattdessen Popcornunterhaltung mit Happy End sehen will sollte ihn sich nicht ansehen! Ich finde es lediglich schade, dass dieser Film nur in wenigen Kinos läuft.


optimat

Ich kann die negativen meinungen meiner vorschreiber nicht teilen. Ichhabe mir den film ausgeliehen da einartikel samt pos. Wertung in meinem bevorzugten filmmag erschien. Ich bin zwar aussenpol. Informiert + interessiert aber über den 'alltag' d. Gl 's im irak habe ich selten was im tv gesehen. Die ständige präsenz vonunsicherheit und angst hervorgerufen durch eine fremde kultur/sprache+ umgebung prägt eine bedrückende +hoch spannende filmatmo. Der tod kann hinter jeder ecke lauern, in jedem abgestellten auto oder in jeder unscheinbaren plastiktüte die auf den staubigen irakischen straßen rumliegen. -zu jeder zeit. der film vermittelt eindrucksvoll den unmenschlichen psychodruck unter dem die amerik. jungs, männer+ frauen stehen. Wer einen konventionellen kriegsfilm erwartet wird höchstw. enttäuscht. Diejenigen die den film langweilig finden bleibt mir zur zu sagen daß essich im irak um keinen herkömml. Konflikt bzw. krieg handelt denn solche kriege sind für die feinde der usa nicht zu gewinnen+ ineffektiv deshalb transportieren sie ihren kriegüber die medien direkt in die köpfe bzw psyche der amis. Und das ist genauso wirkungsvoll wie eine ferngelenkte drohne. Und billiger. Lgmat


nik

Ich kann die negativen Kritiken nicht verstehen. Ich habe genug von sogenannten "Blockbustern", wo jede Minute was explodiert. Absolut unrealitisch. Dies war der beste Film über den Irak, den ich seit Jahren gesehen habe. Die Anderen sollen eben weiter "Terminator 4 " und den ganzen Mist sehen..... Jedem das Seine und Mir das Beste.. HEHE


Trust

Ich fand den Film sehr beeindruckend. Man hat das Gefühl, man weiß wie sich die Soldaten fühlen. Und das der Krieg nicht so ist wie Hollywood ihn darstellt, sollte auch bei den letzten angekommen sein. Ich finde, es lohnt sich ihn anzuschauen, wenn man sich mit dem Thema wirklich auseinandersetzen möchte!






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