Kinder-Tanzstück „Swingin’“Wie sich zwei zusammenraufen
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Kinder-Tanzstück „Swingin’“ - Wie sich zwei zusammenraufen

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Jetzt in Farbe: Lucy Flournoy (l.) und Susanne Schyns. Katrin Schander
Jetzt in Farbe: Lucy Flournoy (l.) und Susanne Schyns. Katrin Schander © Katrin Schander

Wenn der Zug schon stehenbleibt, kann man ja auch was draus machen: Das Tanzstück „Swingin’“ im Theaterhaus Frankfurt

Das ist ohne Worte, aber nicht, weil die beiden so frech zueinander sind, richtig frech und ungezogen, dabei handelt es sich doch irgendwie um Erwachsene, jedenfalls Personen, die alleine eine Bahnreise unternehmen dürfen. Sondern weil sie kein Wort miteinander wechseln. Die Sprache ist noch nicht erfunden, so scheint es und ästhetisch sind das schöne Schwarzweißstummfilmszenen mit etwas Tonspur, viel Mimik und Gestik. Lucy Flournoy und Susanne Schyns tragen Schwarzweiß in kleinkariert, großkariert und gestreift. Und man versteht sozusagen jedes Wort zum wütenden Schnaufen und empörten Quietschen.

Sie können sich nicht leiden

Die beiden Bahnreisenden können sich nämlich von Anfang an nicht leiden, und zwar auf die erwachsene Tour. Wütend hinter einer Zeitung verstecken, den andern in Salamitaktik vom Platz drängen, solche Sachen. Und als beide wütend in ihre Mäntel schlüpfen, haben sie Pech und schlüpfen je zur Hälfte in den falschen Mantel. Schön auf beiden Seiten miteinander verknöpft, wird aus zwei Mänteln ein umfängliches Teil, darin zwei zornige Bahnreisende. Das sieht bescheuert aus, Erwachsene eben.

Könnte auch stundenlang so weitergehen, da aber auf einmal flackerndes Licht, Gerumpel, ein Unfall oder sagen wir realistischer: ein unplanmäßiger Halt. Ein wenig Fantasie muss man dafür mitbringen, umgekehrt hat sich auch das Theaterhaus Ensemble einiges überlegt: Von Margarita Bock ist die kleine (natürlich schwarzweiße) Bühne, etwas mehr Wartesaal als Zugabteil, aber es braucht nachher schließlich eine Tanzfläche. Außerdem machen vorüberziehende Wälder, Berge und Kühe am ziemlich schrägen Fenster klar, dass die beiden durch die Lande tuckern.

Von Oktavia Herbst sind die bald nicht mehr so schwarzweißen Kostüme. So exquisite Fransenborten hat sie gewählt, dass bestimmt kein Mensch im Raum ist, der nicht gerne anfassen und sich in so etwas drehen würde. Überhaupt wird bald mit unserem Sinn fürs Haptische und Zappelige gespielt. „Swingin’“ heißt die Produktion, Regisseurin Andrea Schwalbach hat sich das ausgedacht, Lucy Flournoy steuerte die Choreografie für die Swing-Nummern bei, von Gwenaelle Ludwig und Sabrina Stein kam der Stepptanz. Eine Portion Tanzgeschichte, aber als Späßchen.

Denn während der Zug steht, steht und steht (Sie kennen das), kommt ins Abteil allmählich Schwung. Schyns und Flournoy fangen an zu tanzen, beim Steppen hat Schyns die Nase vorne, beim Swingen Flournoy, aber das ist nur eine dramaturgische Formalität, beide fliegen bald umher (später auch noch im, äh, Wüstensturm). Tess Sperbers Klaviersoundtrack gibt den Takt vor, den man als Stummfilmbegleitung lieber noch ausgeklügelter hätte, als Tanzmusik aber bringt sie jeden dazu, etwas mitzuwackeln. Die ganze Stunde eine ausgelassene Empfehlung, auch mal zu tanzen, mal den eigenen Körper in Bewegung zu erleben. Auch mal zu zeigen, was man kann, denn nachdem sich Schyns und Flournoy so tüchtig gezaust haben, fliegen ihnen beim Tanzen doch die Herzen der Fünfjährigen zu, und die der anderen auch.

Theaterhaus Frankfurt, 24., 25. April. www.theaterhaus-ensemble.de

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