Nach Rücktritt des Generalsekretärs: „Menschliche Tragödie“ – wie die CSU versucht, die Affäre Mayer zu überstehen - WELT
WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Politik
  3. Deutschland
  4. Nach Rücktritt des Generalsekretärs: „Menschliche Tragödie“ – wie die CSU versucht, die Affäre Mayer zu überstehen

Deutschland Nach Rücktritt des Generalsekretärs

„Menschliche Tragödie“ – wie die CSU versucht, die Affäre Mayer zu überstehen

„Stephan Mayer neigt dazu, persönliche Privilegien für sich in Anspruch zu nehmen“

„Es gibt keine Zweifel, dass diese Aussagen gegenüber dem Journalisten wirklich gefallen sind“, sagt WELT-Redakteur Thomas Vitzthum zum Fall Stephan Mayer. Er selbst habe den Ex-CSU-Generalsekretär nie aufbrausend erlebt, es gebe aber auch Leute, die diese Seite von ihm kennengelernt haben.

Quelle: WELT

Autoplay
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Die schweren verbalen Ausfälle ihres bisherigen Generalsekretärs Stephan Mayer haben die CSU-Führung kalt erwischt. Nun geht es um Schadensbegrenzung und um eine schnelle Nachfolgeregelung. Beides ist gar nicht so einfach. Denn es gibt eine Vorgeschichte.

Damit hatte wirklich keiner in der CSU gerechnet. Der vorsichtige, meist zurückhaltende und nur in wenigen Ausnahmesituationen zu heftigen Reaktionen neigende Generalsekretär Stephan Mayer soll einen Journalisten verbal angegriffen und ihm Verfolgung bis ans Lebensende angedroht haben?

Als im Laufe des Dienstags erste Telefonate zwischen der CSU-Führung und Mayer zu diesen Vorwürfen stattfanden, beließ es mancher zunächst dabei, Mayer zu glauben, dass das betreffende Gespräch zwischen ihm und dem Medienmann zwar deutlich, aber doch nicht so wild gewesen sei. Mayer soll einen Journalisten der Zeitschrift „Bunte“ am Telefon attackiert und gedroht haben: „Ich werde sie vernichten.“ Auch eine Schadenersatzforderung von 200.000 Euro soll gefallen sein. Hintergrund ist ein Text in der „Bunten“, in dem geschildert wird, dass Mayer angeblich nicht bereit sein soll, für einen achtjährigen unehelichen Sohn Unterhalt zu zahlen. Dies übernehme der Vater Mayers, also der Opa des Jungen.

„Die Bunte spricht von einer ganz klaren Grenzüberschreitung des CSU-Generalsekretärs“

Kurz nach Bekanntwerden eines brisanten Vorwurfs ist CSU-Generalsekretär Stephan Mayer zurückgetreten. „Nach einer Berichterstattung in der Bunte soll er einem Journalisten gedroht haben“, sagt Franziska Troger. „Er soll gesagt haben: ‚Ich werde sie vernichten‘“, so die WELT-Reporterin.

Quelle: WELT / Franziska Troger

Der Ton des Textes ist direkt, bisweilen scharf. „Insider“ werden als Quelle genannt, wenn es etwa um die Rolle von Mayers Vater geht. Ob der von dem Medium gefragt wurde, geht aus dem Bericht nicht hervor. Stephan Mayer spricht von einer rechtswidrigen Veröffentlichung. Dass es den Sohn gibt, war in der CSU bekannt. Doch die genauen Umstände waren bis Dienstag kein Gesprächsthema in der Partei. Selbst in der CSU gilt der Familienstand nicht mehr als so zentral, dass er politische Karrieren begründen oder ruinieren kann.

So bringt auch nicht der Text und die Sache mit dem Sohn Mayer nun zu Fall; der Bunte-Journalist wehrt sich vielmehr gegen Mayers massive verbale Angriffe. Sie werden in einem Brief der Kanzlei von Christian Schertz, einem der erfahrensten Rechtsanwälte für Medienrecht, aufgeführt, der im Laufe des Dienstags Thema in der CSU-Führung wurde. Innerhalb weniger Stunden musste Mayer immer mehr Details zugeben, schließlich habe er, wie WELT erfuhr, selbst darum gebeten, von seinem Amt entbunden zu werden.

Pikante Vorgeschichte

Er kam damit wohl nur einer Entlassung durch den Parteichef zuvor. Angriffe auf Journalisten sind generell für einen Politiker nicht hinnehmbar. In der CSU gibt es aber eine pikante Vorgeschichte. So mussten vor zehn Jahren zwei Parteisprecher gehen, weil sie angeblich unerlaubten Einfluss auf Berichterstattung nahmen.

Der aktuelle Fall hat jedoch eine andere Dimension. Zum einen wegen der drastischen Äußerungen, die CSU-Chef Markus Söder in einem Statement am Mittwoch nicht zu relativieren versuchte. Er sprach von einem „völlig unangemessenen“ und „völlig indiskutablen Stil“. Zum anderen, weil mit Mayer eine politische Führungsfigur der Partei gehen muss. Erst knapp zehn Wochen war er als Generalsekretär im Amt. Sein Abgang ist für Söder ein Debakel, das die Opposition in Bayern genüsslich ausschlachten wird.

Stephan Mayer erklärt Rücktritt als CSU-Generalsekretär

Der CSU-Generalsekretär Stephan Mayer hat nach Berichten über Drohungen gegen einen Journalisten seinen Rücktritt erklärt. Er habe gegenüber einem Journalisten des „Bunte“-Magazins eine unangemessene Wortwahl verwendet. WELT-Reporter Achim Unser ordnet den Rücktritt ein.

Quelle: WELT

Dabei dürfte es darum gehen, der regierenden CSU ein allzu herrschaftliches Gebaren vorzuhalten. Eventuell garniert mit dem Vorwurf der Doppelmoral, den die CSU nur allzu gern in politischen Belangen den Grünen entgegenschleudert. 2023 ist in Bayern Landtagswahl. Da kommt es den einen gerade recht, was den anderen mehr als ungelegen kommt.

Söder kann den Schaden nur minimieren, indem er schnell handelt, indem er schnell einen Nachfolger präsentiert. Dabei drängt sich kein Name auf. Der Außen- und Verteidigungspolitiker Florian Hahn käme infrage, Ex-Verteidigungsstaatssekretär Thomas Silberhorn wäre eine erfahrene Figur. Oder Ex-Staatsministerin Dorothee Bär. Sie alle haben den Malus, dass sie wie Mayer der Berliner Landesgruppe angehören. Und die Münchner Landtagsabgeordneten dürften nun umso mehr darauf dringen, dass einer oder eine aus ihrer Reihen den Job übernimmt. Schließlich sei ja bald Landtagswahl und nicht Bundestagswahl. Der Name von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber fällt bisweilen. Doch das erzwingt nach knapp zwei Monaten schon die nächste Kabinettsumbildung.

Lesen Sie auch

Dass ein flott präsentierter Nachfolger aber nicht ausreicht, Schaden von der Partei zu wenden, hat Söder begriffen. Erkennbar unternimmt die CSU den Versuch, den Eindruck wegzuwischen, es handle sich um ein systemisches Problem der Partei im Umgang mit Journalisten oder Bürgern. Entsprechend wurde Mayers Rückzug mit „gesundheitlichen Gründen“ erklärt. Es gehe ihm „wirklich nicht gut“, sagte Söder in München. Jene, die Mayer zuletzt erlebten, hatten bei dem Generalsekretär tatsächlich eine auffallende Gewichtsabnahme feststellen können. Ein Hinweis auf eine Überforderung im neuen Amt? Es bleibt Spekulation.

Anzeige

Für Verwunderung sorgte in der CSU, dass es Mayer nicht bei einer schriftlichen Erklärung beließ, die am Dienstagabend versandt wurde. Vielmehr erklärte er gegenüber der dpa in einer Stellungnahme, die er offenbar spät nachts verschickte, dass es zwischen ihm und dem Medienmann „ein sehr emotionales Streitgespräch infolge der eklatant rechtswidrigen Berichterstattung“ gegeben habe. „So hat der Bunte-Journalist mich beispielsweise als ,verrückt‘ bezeichnet sowie ‚dass sie schon mit anderen fertig geworden seien‘. Letzteren Satz weist der Anwalt des Journalisten zurück. Er sei nie gefallen. Man wird sich wohl vor Gericht wiedersehen.

CSU-Generalsekretär Stephan Mayer im Interview

CSU-Generalsekretär Stephan Mayer spricht im WELT-Interview über den Anstieg der Energiekosten und die Folgen für Verbraucher und Unternehmen.

Quelle: WELT

Mayer war zwar frisch im Amt, aber auch kein politischer Frischling. Seit 20 Jahren sitzt er im Parlament. Vier Jahre war er Staatssekretär im Innenministerium bei Horst Seehofer. Von Entgleisungen, verbalen Ausfällen wurde in der Zeit nichts bekannt. Als ihn Söder zum General machte, stieß das auf große Zustimmung in der Partei. Tatsächlich hat sein Fall nun auch nichts mit parteiinternen Vorkommnissen zu tun, sondern mit einer persönlichen „Geschichte“. Und eben als das, als eine persönliche Geschichte will die CSU die Angelegenheit abtun. „Als menschliche Tragödie“, wie Söder sagte, nicht als politische Tragödie. Um eine solche handelt es sich bei einem von Mayers Vorgängern. Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer muss sich ebenfalls Ermittlungen stellen. Es geht um eine angebliche Falschaussage. Für Söder, so viel ist gewiss, lief es schon mal deutlich besser.

Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

„Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music oder direkt per RSS-Feed.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema