CSU-Generalsekretär Stephan Mayer hat am Dienstag seinen Rücktritt erklärt. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung über einen Eklat des Politikers mit einem Redakteur des Burda-Verlags berichtet. Mayer soll diesen bedroht und beleidigt haben. Am frühen Abend lag „Bild“ dann eine persönliche Erklärung von Mayer vor. Darin schreibt er: „Aus gesundheitlichen Gründen habe ich heute den Parteivorsitzenden der CSU gebeten, mich von meiner Aufgabe als Generalsekretär zu entbinden.“
Dies sei seine persönliche Entscheidung, betont Mayer. „Ich habe das Amt des Generalsekretärs gerne und mit großer Freude ausgeführt. Ich bedanke mich bei der gesamten Partei und vor allem bei unserem Parteivorsitzenden Markus Söder für die sehr gute und freundschaftliche Zusammenarbeit.“
Den tatsächlichen Grund für seinen Rücktritt erklärt Mayer dann in einem Nachsatz: „In einem aufgrund einer eklatant rechtswidrigen Berichterstattung geführten Gespräch mit einem Journalisten der ,Bunten‘ habe ich möglicherweise eine Wortwahl verwendet, die ich rückblickend nicht für angemessen betrachten würde. Dies bedaure ich sehr.“
Einem Bericht der Zeitung zufolge soll Mayer einem Redakteur der „Bunten“ mit persönlicher Vernichtung gedroht haben. Anwälte des Burda-Verlags sendeten daraufhin ein dreiseitiges Schreiben an Mayer. Mayers Wortlauf am Telefon laut dem Bericht: „Ich werde Sie vernichten. Ich werde Sie ausfindig machen, ich verfolge Sie bis ans Ende Ihres Lebens. Ich verlange 200.000 Euro Schmerzensgeld, die müssen Sie mir noch heute überweisen.“
WELT hatte Mayer noch in der vergangenen Woche getroffen. Das Interview diente zur Vorbereitung auf den kleinen Parteitag in Würzburg, den Mayer am Samstag bestritt und wo ebenfalls nichts auf eine schnelle Demission hindeutete. Mayers Rückzug erwischt die CSU kalt. Die Parteiführung ging nach der ersten Eilmeldung samt und sonders auf Tauchstation.
Der Fall weckt in der CSU ungute Erinnerungen. Zwei ähnlich gelagerte Fälle, in denen Mitarbeiter der Partei Journalisten verbal bedrängten, sind aktenkundig. 2012 musste Parteisprecher Hans Michael Strepp zurücktreten, nachdem er laut ZDF Einfluss auf die Berichterstattung des „Heute-Journals“ nehmen wollte.
Im Umfeld von CSU-Chef Markus Söder gab es einen ähnlich gelagerten Fall. Seine Sprecherin Ulrike Strauß soll zwischen 2010 und 2012 mehrmals Medienvertreter unter Druck gesetzt haben. Unter anderem verzichtete nach einer Intervention der Bayerische Rundfunk auf einen Beitrag. Söder war damals Umweltminister im Freistaat. Auch Strauß verlor ihren Job.
Mayer hatte jedoch eine wesentlich prominentere Rolle inne als die beiden Sprecher. Es ist absehbar, was die Opposition in München und Berlin aus der Angelegenheit machen wird. Sie dürfte hier eine Art Kontinuität erkennen wollen; die Kontinuität einer Partei, die sich als Staatspartei versteht und sich den Staat zum Untertan macht.
Auch wenn das übertrieben ist, dürfte es bei manchen bayerischen Wählern auf fruchtbaren Boden fallen. Die CSU ist besonders anfällig für Skandale dieser Art – eben weil sie bis in die kleinsten Winkel der Kommunalpolitik so sehr mit dem Land und seinen Leuten verwoben ist. Der schnelle Rücktritt Mayers dient deshalb auch dazu, den Schaden zu minimieren. Doch angerichtet ist er.
Söder hielt Mayer für den richtigen Mann
Mayer sollte den Landtagswahlkampf 2023 planen und zu einem Erfolg führen. Söder war überzeugt, dass der Altöttinger dafür der richtige Mann war, aus Oberbayern stammend und damit dem Teil Bayerns, der für den Sieg der CSU noch immer die wichtigste Rolle spielt. Das dürfte nun auch bei der Nachfolge bedacht werden müssen. Söder selbst repräsentiert als Franke den Norden Bayerns. Das macht es nicht wahrscheinlich, dass er mit Dorothee Bär eine weitere Fränkin installiert.
Dabei hätte Bär Erfahrung: Sie war schon einmal stellvertretende Generalsekretärin. Eine solche gibt es auch aktuell. Tanja Schorer-Dremel wurde mit Mayer vor rund zehn Wochen ernannt. Sie ist seit 2013 Mitglied des bayerischen Landtags. Allerdings hatte Söder diese Personalie vor allem erfunden, um die Landtagsfraktion nach der Auswahl Mayers zu besänftigen. Sie solle nach innen wirken, sagte Söder.
Die sehr selbstbewusste Truppe im Maximilianeum sah es gar nicht gern, dass mit Mayer keiner aus ihren Reihen, sondern „ein Berliner“, also ein Bundestagsabgeordneter, diese Funktion nach dem Landtagsabgeordneten Markus Blume übernehmen sollte. Die Fraktion in München dürfte sich nun in ihrer Kritik und ihren Zweifeln mehr als bestätigt fühlen.
Sie wird Druck machen, um zu verhindern, dass sich dies wiederholt, und alles daransetzen, dass einer oder eine aus ihren Reihen Mayer nachfolgt. Doch wer? Söder hat gerade jene, die er für besonders fähig und vertrauenswürdig erachtet, befördert, indem er das Kabinett umbildete. Hätte er Schorer-Dremel die Organisation eines Landtagswahlkampfs zugetraut, hätte er sie wohl vor zehn Wochen schon zur Nummer eins gekürt. Hier gibt es also nun keinen Automatismus.
So wäre es am Ende doch wahrscheinlich, dass der Parteichef mit dem Argument, schnell eine Lösung zu brauchen, einen anderen Name nennt: Florian Hahn. Hahn ist zwar ebenfalls Bundestagsabgeordneter, aber er war bereits stellvertretender Generalsekretär. Er hat ein hervorragendes Verhältnis zu Söder und zu CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Als Außen- und Verteidigungspolitiker hat er in der geopolitischen Krise dieser Tage die richtige Expertise.
Und er kommt aus dem Landkreis München, also wie Mayer aus Oberbayern. Die Frage, wer Mayer nachfolgt, wird also auch eine Art Kraftprobe zwischen Söder und der Landtagsfraktion sein. Mayers Vorgänger Markus Blume ist nicht mehr frei, er ist inzwischen Wissenschaftsminister. Ihn zurückzuholen, würde eine weitere Kabinettsumbildung erzwingen. Unruhe ist in der CSU in jedem Fall programmiert. Und SPD, Grüne und FDP dürften Morgenluft wittern. Aus ihrer Sicht war die Chance, die CSU aus der Staatskanzlei zu werfen, noch nie so groß. Am Mittwoch um zehn Uhr will Söder vor die Presse treten.