Buchempfehlung: Der Meister und Margarita | Edition Blaes

Buchempfehlung: Der Meister und Margarita

Vor ein paar Tagen gab es im Fernsehen etliche Berichte über einen russischen Film:

Der Meister und Margarita

Der Film beruht auf dem Buch des russischen Schriftstellers Michail Bulkakow.

Vor rund 40 Jahren habe ich das Buch gelesen. Anlässlich der Berichte habe ich es aus meinem Regal gezogen und lese es zur Zeit erneut. Fazit: selten so ein gutes Buch gelesen.

Dabei bezieht sich meine Bewertung in erster Linie nicht auf den Buchinhalt, sondern auf die Sprache des Autors. Sie ist außergewöhnlich unterhaltsam, und allein die Formulierungen bereiten mir allergrößtes Lesevergnügen.

Ein Beispiel: »Pilatus riss den Kopf hoch und stieß ihn der Sonne entgegen. Unter seinen Lidern loderte grünes Feuer und versengte ihm das Gehirn …«

Was für ein Satz!

Auf diese Weise ist der gesamte Text geschrieben. Witzig, ironisch, klug, amüsant, aufmerksam beobachtend und scharf analysierend.

Alles in allem ist dieses Buch nicht nur Unterhaltung, sondern zeigt anschaulich, wie man Menschen, Situationen, Gedanken und Gefühle beschreiben kann. Anschaulich beschreiben kann.

Was »Der Meister und Margarita« betrifft, so fällt mir auch auf, dass ich diesen Text deutlich langsamer lese als andere Texte. Normalerweise lese ich schnell, nehme Sätze mit einem Blick auf. Bei diesem Buch mache ich das nicht – ich lese Wort für Wort. Weil mir wichtig ist, einzelne Wörter/Begriffe bewusst wahrzunehmen. Nein, nicht korrekt ausgedrückt. Es ist nicht wichtig … es bereitet mir Vergnügen zu sehen, wie der Autor Wörter nutzt, benutzt. Ja, benutzt! Wörter haben eine Funktion, eine Bedeutung. Deshalb werde ich wohl nie verstehen, dass es Autoren gibt, die 12 Bücher im Jahr schreiben. Bei so einer Menge kann Qualität keine Rolle spielen! Qualität braucht Zeit. Qualität braucht Nachdenken, Abwägen, Vergleichen. Für einen guten Text werden Wörter nicht einfach nur so dahingeworfen, sondern sorgfältig ausgewählt.

Genau das macht Bulkakow.

»Der Meister und Margarita« ist ein meisterhaft geschriebenes Buch und ganz große literarische Kunst. Jeder Autor sollte es lesen – daraus lernen und verstehen, dass Wörter magische Kraft besitzen. Die es zu nutzen gilt.

In diesem Zusammenhang ein großes Danke an den Übersetzer Thomas Reschke. Gut zu übersetzen, ist ebenfalls eine Kunst. Eine Kunst, die nicht jeder Übersetzer beherrscht. Alexander Nitzberg beispielsweise beherrscht sie nicht. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern die vieler Leser.

Ich finde Nitzbergs Übersetzung saft-, kraft- und fantasielos. Außerdem fehlt ihm Reschkes feiner Humor. Und zwar völlig.

Hier drei Beispiele. Beim ersten Beispiel es sich übrigens um den allerersten Satz im Roman:

Reschke:
„An einem heißen Frühlingsabend erschienen bei Sonnenuntergang auf dem Patriarchenteichboulevard zwei Männer.“

Nitzberg:
„Es war Frühling, eine heiße Dämmerstunde am Patriarchenteich. Zwei Herren zeigten sich.“


Reschke:
»Pilatus riss den Kopf hoch und stieß ihn der Sonne entgegen. Unter seinen Lidern loderte grünes Feuer und versengte ihm das Gehirn.“

Nitzberg:
„Pilatus hob den Kopf und rammte ihn gegen die Sonne. Unter den Lidern waren plötzlich grüne Flammen entfacht. Davon brannte das Gehirn.“


Reschke:
„Zwei Gedanken bohrten sich ins Gehirn des Dichters.“

Nitzberg:
„Nun durchfuhren den Dichter zwei Gedanken.“

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