Bernardin: „Ohne Theater könnte ich nicht“ - noe.ORF.at
Stefano Bernardin Schauspieler
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ganz persönlich

Bernardin: „Ohne Theater könnte ich nicht“

Sein Job ist sein Traum, den er sich jeden Tag neu erfülle, sagt Schauspieler Stefano Bernardin. Im ganz persönlichen Gespräch erzählt er über Hamlet in Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling), sein verunglücktes Fast-Hollywood-Debüt und seine Lehrerin Elfriede Ott.

Der 45-Jährige erhielt gleich zu Beginn seiner Karriere zwei wichtige Preise: 2002 gewann er die goldene Romy als beliebtester männlicher Shootingstar, 2005 bekam Bernardin den Nestroy-Theaterpreis als bester Nachwuchsschauspieler. Bernardin absolvierte von 1999 bis 2003 seine Schauspielerausbildung am Konservatorium der Stadt Wien, seine Lehrerin war Elfriede Ott. Er hat drei Söhne im Teenageralter und lebt in Wien.

noe.orf.at: Sie proben derzeit in der Kammeroper in Wien für „Die stumme Serenade“. Sind Sie bei Premieren eigentlich noch aufgeregt?

Stefano Bernardin: Ja, wenn ich nicht genau weiß, was passiert. Noch weiß ich nicht, was passiert. Bisher habe ich nur meine Sache geprobt, jetzt kommen die Durchläufe mit den anderen. Ich muss mich zwei Mal umziehen, meine Figuren sind kleinwüchsig, ich spiele also auf den Knien. Es ist anders als ich es sonst gewöhnt bin.

noe.orf.at: Mögen Sie die Aufregung?

noe.orf.at: Ja, aber sie ist mit der Zeit abgeklungen. Früher war es ein aufgeregtes „Um Gottes Willen, warum mache ich das?“. Heute sage ich zwar denselben Satz, aber viel ruhiger (lacht).

noe.orf.at: Im Sommer stehen Sie in Perchtoldsdorf mit „Hamlet – One man show“ alleine auf der Bühne. Wie war das Lernen des Texts für Sie?

Bernardin: Hart! Aber ich durfte an der Fassung selbst mitschreiben und beim Schreiben merkt man sich sehr viel. Außerdem haben wir mehr Zeit, ich gehe es sehr oft durch.

Stefano Bernardin Schauspieler Eva Steinkellner-Klein
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Stefano Bernardin (re.) im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein

noe.orf.at: Halten Sie sich an den Text oder improvisieren Sie?

Bernardin: Ich halte mich an den Text. Das ist auch wichtig, vor allem bei einem Shakespeare-Text. Es hat schon einen Sinn, warum der Autor das genau so geschrieben hat.

noe.orf.at: Sie haben schon bei sehr vielen Theaterproduktionen oder Filmen mitgemacht. Wie wählerisch sind Sie?

Bernardin: Meine Lehrerin, Elfriede Ott, hat immer zu mir gesagt: „Stefano, mach alles! Mach am Anfang alles.“ Und das habe ich gemacht. Das war auch sehr vorteilhaft, wenn man am Anfang möglichst breit gefächert ist. Wenn ich mich mit zwei Regisseuren zerstreite, habe ich immer noch vier andere. Und man lernt, sich über Wasser zu halten. Jetzt überlege ich mir schon, was ich mache, wie es sich ausgeht, wie lang das Engagement ist. Ich möchte nicht zu lange an einem Haus sein.

noe.orf.at: Wie ist es für Sie, wenn Sie nicht wissen, was in einem halben Jahr ansteht?

Bernardin: Spannend! Einmal war ich fix im Kabarett Simpl. Da hatten wir 270 Vorstellungen im Jahr. Und im nächsten Jahr hatte ich dann noch mal 270. Das war eigentlich das erste Mal, dass eine Depression angeklopft hat, weil ich schon wusste, was passiert. Jetzt zum Beispiel weiß ich nicht, was in einem halben Jahr passiert und das finde ich spannend.

noe.orf.at: Wie war Elfriede Ott als Lehrerin?

Bernardin: Sie war sehr hart. Wenn wir etwas falsch gespielt haben, hat sie gesagt: „Nein, nein Stefano! Martin, zeigst du ihnen, wie es richtig geht?“ Man war dann schon gekränkt im ersten Jahr. Aber im Nachhinein versteht man, was sie meint. Sie wusste einfach, dass es im echten Beruf dann viel, viel, viel, viel, viel wilder ist als in der Schauspielschule. Im vierten Jahr bin ich dann freiwillig zu ihr gegangen. Da war sie dann wie eine Freundin.

noe.orf.at: Sie haben sehr früh in Ihrer Karriere zwei wichtige Preise gewonnen: die Romy und den Nestroy …

Bernardin: … und dann nichts mehr (lacht).

noe.orf.at: Welchen Erfolg wünschen Sie sich nach den zwei Meilensteinen?

Bernardin: Ich weiß es nicht. In der Kunst ist es sehr schwierig mit Preisen, weil es doch sehr subjektiv ist. Im Sport gibt es den Schnellsten, denjenigen, der am höchsten springt, der einen, der am meisten Tore macht. In der Kunst ist es sehr schwierig zu beurteilen. Aber natürlich war es für mich als junger Schauspieler sehr vorteilhaft: gar nicht mal so für mich, sondern vor allem für meine Eltern (lacht). Die sagten damals: „Stefano, was willst du mit Schauspiel, du gehst doch nicht einmal ins Theater?“ Die Preise haben sie beruhigt.

noe.orf.at: Es hat auch einmal Hollywood angeklopft. Aber es hat nicht geklappt. Wie war das?

Bernardin: Ja, es gab damals Dreharbeiten in Ungarn für „Underworld“ mit Kate Beckinsale. Ich wurde gefragt, ob ich zum Casting für eine Polizistenrolle kommen kann. Ich habe die Rolle bekommen. Aber an den Drehtagen für „Underworld“ hatte ich auch Drehtage für Schlosshotel Orth. Und mein Agent hat, ohne mich zu fragen, für Hollywood abgesagt. Dabei hätte ich von Schlosshotel Orth frei bekommen, weil es für sie ja auch eine super Werbung gewesen wäre. Naja, und so ging „Underworld“ verloren – für Schlosshotel Orth, immerhin (lacht).

noe.orf.at: Gibt es noch Rollen, die Sie unbedingt spielen wollen?

Bernardin: Also die erste Rolle, von der ich immer geträumt habe, war Hamlet, das wollte ich immer machen. Und es gibt noch zwei Rollen von Shakespeare, König Richard und King Lear. Da habe ich aber wirklich noch viel Zeit. Und sonst interessieren mich immer mehr die bösen Rollen, die tiefgründigen, die verrückten Rollen.

noe.orf.at: Sie zählen Rollen auf, die vor allem auf der Bühne stattfinden. Ist das Theater Ihr berufliches Zuhause?

Bernardin: Ohne Theater könnte ich nicht. Das Besondere am Theater ist, dass man die Szene nicht wiederholen kann, dass das Publikum live dabei ist. Es ist das Unmittelbare, das Vergängliche, das mich beim Theater reizt.

noe.orf.at: Sie haben drei Söhne im Teenageralter …

Bernardin: Ja, faule Kinder, vor allem die Jüngeren (lacht). Sie sind alle drei begabt. Nur wenn du nichts machst, dann bringt dir kein Talent was. Das hat auch Elfriede Ott gesagt. Es ist wie im Sport, hat sie gesagt. Wenn du der untalentierte Tennisspieler bist und jeden Tag trainierst, kannst du die Nummer eins werden. Wenn du talentiert bist und nie trainierst, wirst du nie die Nummer eins. So ist es auch in der Kunst. Es gibt keinen Kunstberuf ohne Handwerk. Wenn du das Handwerk nicht übst und trainierst, dann bist du einfach ein schlechter Künstler.

noe.orf.at: Sind Sie ehrgeizig?

Bernardin: Ja, ich bin ehrgeizig: beim Vorbereiten und Arbeiten, beim Performen nicht mehr so. Auf der Bühne versuche ich loszulassen, da möchte ich locker sein. Bei der Vorstellung können auch Fehler entstehen, durch Fehler passieren oft ganz tolle Sachen.

noe.orf.at: Und Ihre Söhne? Wollen sie in künstlerische Berufe einsteigen?

Bernardin: Der Große will Filmregisseur werden. Er ist sehr intellektuell, schaut sich russische Filme an, die ich noch nie gehört habe. Die Zwillinge wollen es nicht, aber vielleicht ist es wie beim Vater. Vielleicht wird es so eine Art Notlösung sein. Sie sind schon sehr talentiert, besonders was das Komödiantische angeht. Wenn aus der Schulkarriere nichts wird, dann werde ich sie wohl mitnehmen müssen und sie dürfen dann einspringen, wenn der Herr Papa krank ist (lacht).

noe.orf.at: Haben Sie eigentlich je bereut, diesen Beruf ergriffen zu haben?

Bernardin: Nein! Das ist genau mein Traum, den ich mir jeden Tag neu erfülle.