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Sleepers
© Universal Pictures

Sleepers

Inhalt / Kritik

Sleepers
„Sleepers“ // Deutschland-Start: 30. Januar 1997 (Kino) // 2. Dezember 2010 (DVD/Blu-ray)

New York City im Jahr 1967: Eigentlich wollten die vier Freunde Lorenzo Carcaterra (Joe Perrino), Tommy Marcano (Jonathan Tucker), Michael Sullivan (Brad Renfro) und John Reilly (Geoffrey Wigdor) nur einen Hot-Dog-Verkäufer um ein paar Würste erleichtern. Doch was ein harmloser Diebstahl hätte sein sollen, endet in einer schweren Verletzung eines älteren Mannes, der zu seinem Unglück in der Nähe war. Als Strafe werden sie daraufhin in den Jugendknast Wilkinson-Heim für jugendliche Straftäter gesteckt, wo sie von dem sadistischen Sean Nokes (Kevin Bacon) und drei weiteren Wärtern systematisch misshandelt und vergewaltigt werden. 13 Jahre später sind aus den vieren erwachsene Männer geworden. Während Lorenzo (Jason Patric) und Michael (Brad Pitt) ihr altes Leben hinter sich gelassen haben, sind Tommy (Billy Crudup) und John (Ron Eldard) noch viel tiefer in die Kriminalität gerutscht. Da begegnen sie eines Tages zufällig Nokes wieder …

Abgründe auf Schritt und Tritt

Ein einfacher Stoff ist Sleepers mit Sicherheit nicht. Schon die ersten Szenen, wenn wir die vier Jungs im Alltag kennenlernen, sind von einer ziemlichen Ambivalenz bestimmt. Auf der einen Seite sind sie nostalgisch, erzählen von einfacheren, unschuldigeren Tagen. Nur: So richtig unschuldig sind sie nicht. Noch bevor es zu dem schwerwiegenden Unfall kommt und sie ihr geringes Interesse an dem Schicksal anderer demonstrieren, arbeiten sie für einen lokalen Gangster. Gleichzeitig sind sie oft in der Kirche, wo sie Zeit mit Pater Bobby Carillo (Robert De Niro) verbringen – ein Ersatzvater für die Jungs, die aus zerrütteten Familien stammen. Der härteste Teil ist jedoch der in der Mitte, in denen die vier und auch andere mindestens schikaniert, wenn nicht gar gefoltert werden. Der dritte Teil wiederum zeigt die vier und wie sehr sie von diesen Taten geprägt wurden.

Dass der Film alle drei Phasen ausführlich erzählt, führt zu einem sehr zweischneidigen Ergebnis. Auf der einen Seite zeigt die breit angelegte Geschichte auf, wie eines zum anderen führen kann. Der frühe Hang zur Kriminalität ist auf die wenig idealen Lebensumstände zurückzuführen. Diese Kriminalität führt wiederum zu dem Aufenthalt im Heim. Und das Heim sollte die Jungen für den Rest ihres Lebens prägen. Obwohl die Zeit dort relativ kurz war, sie wurden zu maximal 18 Monaten verurteilt: Auf die eine oder andere Weise hat die Zeit dort derart starke Wunden und Eindrücke hinterlassen, dass sie auch mehr als ein Jahrzehnt später davon noch gezeichnet sind. Auf diese Weise schlägt Sleepers einen sehr weiten, nicht uninteressanten Bogen.

Alles und nichts

Gleichzeitig bedeutet diese ausufernde Erzählung, dass ein klarer Fokus fehlt. Es wird bei Sleepers nie so recht klar, worum es denn eigentlich gehen soll. Umso mehr, da die einzelnen Abschnitte sehr unterschiedlich sind. Während der erste Teil eine Art Milieustudie darstellt, ist der zweite Teil ein Missbrauchsdrama, welches zwar nie explizit in der Darstellung wird, aber doch recht schockierende Szenen beinhaltet. Der dritte Teil wiederum ähnelt den Gerichtsfilmen, wie es sie in den 1990ern unzählige gegeben hat, siehe etwa Zwielicht oder Der Klient. So richtig passt das alles nicht zusammen. Die Adaption des gleichnamigen Buches von Lorenzo Carcaterra, der hierin seine Lebensgeschichte wiedergegeben haben will, ist irgendwie alles und nichts.

Hinzu kommt, dass der dritte Teil deutlich abfällt. Der Plan, den die Freunde hier verfolgen, ist so absurd, dass jegliche Möglichkeit, die Geschichte ernst zu nehmen, schon im Ansatz erstickt wird. Das ergibt hinten und vorne alles keinen Sinn. Es ist nicht einmal so, dass Sleepers an der Stelle konsequent wäre. Stattdessen ist das Finale so wild zusammengestückelt, wie es der Film insgesamt ist. Schwierig ist zudem, wie an dieser Stelle Selbstjustiz mindestens billigend in Kauf genommen, wenn nicht gar gefeiert wird. Da machte man es sich schon ein bisschen sehr einfach, gerade auch, was die Figur des Paters angeht, der ohne jegliche Skrupel in eine unmögliche Lage gebracht wird. Aber der Zweck heiligt die Mittel, zumindest bei einem Antagonisten, der auf eine derart einseitige Weise überzeichnet ist. Nicht dass es den Protagonisten da nennenswert besser ergangen wäre. Man kann die vier Freunde anhand der Schauspieler und Namen unterscheiden, am Charakter selbst ist wenig dran.

Groß angelegt und doch irgendwie enttäuschend

Und doch hat das von Barry Levinson (Good Morning, Vietnam) inszenierte Drama seine starken Stellen. Gerade bei den Szenen um die junge Ausgabe der vier sind dem Regisseur einige eindrucksvolle Aufnahmen gelungen. Das letzte Drittel bleib einem hingegen vor allem wegen des namhaften Ensembles in Erinnerung, zu denen auch Dustin Hoffman als versoffener Anwalt gehört. Dieses dürfte zusammen mit dem Ende, was bei vielen Genugtuung bedeutet haben wird, auch eine Erklärung dafür sein, weshalb der Film so erfolgreich war und immerhin rund das Vierfache des Budgets wieder eingespielt hat. Dennoch: Trotz einzelner gelungener Elemente und diskussionswürdiger Themen, der große Wurf war Sleepers nicht gerade.

Credits

OT: „Sleepers“
Land: USA
Jahr: 1996
Regie: Barry Levinson
Drehbuch: Barry Levinson
Vorlage: Lorenzo Carcaterra
Musik: John Williams
Kamera: Michael Ballhaus
Besetzung: Billy Crudup, Jonathan Tucker, Ron Eldard, Geoffrey Wigdor, Jason Patric, Joe Perrino, Brad Pitt, Brad Renfro, Kevin Bacon, Robert De Niro, Minnie Driver, Dustin Hoffman

Trailer

Filmfeste

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„Sleepers“ beginnt als Milieustudie, wird dann zu einem Missbrauchsdrama und endet in einem Justizfilm. Das hat einzelne gelungene Elemente, so richtig passt das alles aber nicht zusammen. Zudem fällt der inhaltlich fragwürdige dritte Teil deutlich ab, wenn die Geschichte ziemlich absurd wird und das alles nicht so recht Sinn ergibt.
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