"Ein Liebesfilm mit Action und ein bisschen Theater“: So beschreibt Regisseur Michael Podogil Der Metzger traut sich. Zu sehen ist die TV-Verfilmung des Bestsellers von Krimiautor Thomas Raab am Samstag um 20.15 Uhr auf Servus TV.

Simon Schwarz spielt den Hobbydetektiv und Restaurator Willibald Adrian Metzger, dessen Braut Danjela Djurkovic (Ex-Buhlschaft Valery Tscheplanowa) ihn kurz vor dem Jawort am Traualtar sitzenlässt und mit einem fremden Mann (Anton Noori) abhaut.

Was folgt, ist ein sehenswertes, skurriles und rasantes Krimispektakel mit allerhand schrägen Wendungen, rührenden Liebesszenen, bösen Killerclowns, brutalen Familienclans, verdeckten Ermittlern und einer irrwitzigen Geschichte, die schon vor Jahrzehnten ihren Anfang nahm. Das Drehbuch von Peter Koller basiert auf Raabs Die Djurkovic und ihr Metzger, neben Schwarz und Tscheplanowa sind Susi Stach, Gregor Seberg und Christoph Krutzler zu sehen.

STANDARD: Der Metzger ist ein bisschen altmodisch, wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Sie mögen das, oder? Auch Sie sind etwa nicht in sozialen Medien aktiv.

Schwarz: Ja, er hat vieles, was ich angenehm finde. Das war mir schnell klar. Er ist ein Analoger, einer, der eigentlich wenig Probleme hat. Mich stressen Social Media. Und das ist beim Metzger ähnlich, das überfordert ihn. Die andere, die altmodische Welt ist für ihn in Ordnung, ohne dass er die neue, die moderne Welt schlechtredet. Ich kann diese Liebe zu Holz verstehen und auch diese Liebe zu klassischer Musik. Es gibt viele Anknüpfungspunkte.

Der Metzger (Simon Schwarz) mit seiner Braut dessen Braut Danjela Djurkovic (Valery Tscheplanowa)
Das lange Warten auf das Ja-Wort: Der Metzger (Simon Schwarz) mit seiner Brautdessen Braut Danjela Djurkovic (Valery Tscheplanowa)
Foto: Servus TV, Petro Domenigg

STANDARD: Sie sagen, Sie sind süchtig nach Figuren, was genau meinen Sie damit?

Schwarz: Ich finde es toll, ein anderer zu sein als ich. Und das hat nichts damit zu tun, ob ich mich mag oder nicht. Ich finde es großartig, dass ich nicht ich sein muss und dass ich in eine andere Welt flüchten kann. Ich darf Sachen denken, die ich privat nie denken würde. Wenn ich einen Nazi spiele, versuche ich ein Nazi sein, und ich versuche, diese Ideologie zu 100 Prozent für mich zu vereinnahmen. Privat will ich das nicht, aber in einer Rolle darf alles sein. Und ja, das ist eine Sucht, und eine Sucht ist gefährlich. Es macht süchtig, ein Opfer oder ein Täter sein zu können. Menschen, die ich privat ablehne, muss ich versuchen zu verstehen und lieben zu lernen.

STANDARD: Sie wollen aber nicht, dass Ihre Kinder Schauspieler werden.

Schwarz: Ich finde, die Schauspielerei ist nicht der ideale Beruf. Ich bin schon beunruhigt genug, weil mein Sohn Regie studiert. Ich gehöre – das kann man schon so sagen – zu den gut arbeitenden Schauspielern, trotzdem sind die Zeiten nicht immer rosig. Und ich denke, wenn es bei mir – und ich bin ein ziemliches Arbeitstier – so aussieht, wie sieht es dann bei anderen aus? Es ist ein Beruf, bei dem viel Demut gefordert ist. Und man wird manchmal auch gedemütigt. Und da ist das Geschlecht oder die Hautfarbe egal, das gilt für jede und jeden.

STANDARD: Ist das noch immer so?

Schwarz: Es ist besser geworden. Aber in meiner Jugend und während meiner Ausbildung war es völlig normal, dass manchmal in jeder Stunde jemand heulend zusammengebrochen ist. Ich hatte Erlebnisse, von denen ich nicht will, dass meine Kinder sie auch machen müssen. Ich bin nicht weiblich, gehöre keiner Minderheit an, stehe selbstbewusst als weißer Mann da. Trotzdem habe ich das alles gesehen und selbst erlebt, bis hin zur sexuellen Belästigung. Ich habe sehr weit unten angefangen, in Stadttheatern usw. Auch dort ging das volle Programm ab. Für meine Kinder wollte ich das nie haben.

Es geht ihm nicht so besonders: Simon Schwarz in
Es geht ihm nicht so besonders: Simon Schwarz in "Der Metzger traut sich", Samstag um 20.15 Uhr auf Servus TV.
Foto: Servus TV, Petro Domenigg

STANDARD: In den Eberhofer-Krimis spielen Sie den Privatdetektiv Rudi Birkenberger. Mit dem letzten Teil – dem "Rehragout-Rendezvous" – war die Autorin Rita Falk nicht einverstanden. Kränkt Sie ihre Kritik?

Schwarz: Es ist ihr gutes Recht, der Zeitpunkt war vielleicht unpassend. Das war während der Kinotour, die wahnsinnig anstrengend ist. Da braucht man so etwas nicht. In der Politik würde man sagen, da hat jemand ein ganz mieses Timing gehabt. Sie ist dann aber wieder zurückgerudert. Und natürlich darf sie den Film finden, wie sie will.

"Wir machen nichts Messbares, darum finde ich auch Schauspielerpreise absurd."

STANDARD: Wie gehen Sie generell mit Kritik um?

Schwarz: Ich habe kein Pro­blem damit, wenn jemand Sachen von mir nicht gut findet. Ich kann mit Kritik mehr anfangen als mit Lob. Mir ist sehr wohl bewusst, dass sich drei Menschen einen Film anschauen und jeder eine andere Meinung dazu hat. Wir machen nichts Messbares. Darum finde ich auch Schauspielerpreise absurd. Weil das etwas Subjektives ist. Einen Sänger kann man technisch beurteilen, bei einem Schauspieler geht das nicht. Ab einer gewissen Liga soll man Schauspieler nicht vergleichen, denn können tun sie das alle. Der eine sieht es so und der andere anders.

Mit Ruderleiberl auf Mundl-Art: Simon Schwarz als Willibald Adrian Metzger.
Mit Ruderleiberl auf Mundl-Art: Simon Schwarz als Willibald Adrian Metzger.
Foto: Servus TV, Petro Domenigg

STANDARD: Spielen TV-Quoten und Kinobesucherzahlen für Sie eine Rolle? Wie wichtig sind diese Zahlen für Sie?

Schwarz: Früher waren mir diese Zahlen völlig egal. Mittlerweile nicht mehr, weil ich weiß, dass Quoten und Besucherzahlen eine Art Währung sind. Allerdings ordne ich das anders ein, auch weil ich weiß, warum ein Film auf einem A-Festival läuft und warum nicht. Das hat nicht nur etwas mit dem Film zu tun.

STANDARD: Sondern womit?

Schwarz: Wir brauchen manchmal den A-Festivalstempel auf Filmen drauf. Wenn wir den nicht haben, dann ist er markttechnisch uninteressant. So einfach ist es. Die Märkte haben sich wahnsinnig in Richtung Wirtschaft verschoben, alle Märkte, auch im Fernsehen und Arthouse. Diese Filme gibt es nur, weil ein paar Wirtschaftler sagen, ihr dürft Kunst machen. Weil das wirtschaftlich noch ausbeutbar ist. Das kann man zum Kotzen finden, was ich auch tue. Aber ich bin auch Teil dieses Systems, und mir ist es lieber, ich kenne dieses System, diesen Drachen. Ich kann besser damit umgehen, wenn ich die Anatomie meines Feindes kenne und seine Sicht verstehe.

TV-Quote oder Besucherzahlen interessieren mich inzwischen doch. Aber diese Zahlen haben keine Auswirkungen darauf, ob ich einen Film gut finde oder nicht. Ich bewerte nicht danach. Wenn etwa ein Film 300.000 Zuschauer in Österreich hat, dann denke ich mir nicht, dass er deswegen großartig sein muss. Die Eberhofer-Filme hatten immer über 300.000. Das nehme ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge hin.

STANDARD: Warum weint da ein Auge?

Schwarz: Ein weinendes Auge deshalb, weil ich mich frage, warum ein deutscher Film in Österreich mehr Zahlen machen kann als der erfolgreichste österreichische Film. Und warum kann ein österreichischer Film in Deutschland nicht so viele Zahlen machen, dass er wirtschaftlich relevant ist?

STANDARD: Haben Sie darauf eine Antwort?

Schwarz: Wir sind ein kleines Land, wird sind vielleicht auch zu stolz und der Meinung, dass wir die besseren Filme machen. Was vielleicht auch so ist, denn wir sind überproportional kreativ. Aber das ist ein Ausruhen, das nicht gesund ist, damit fällt man schnell auf die Schnauze. Kino ist ein Kulturgut, das sollte man bereits Kindern vermitteln. Aber hierzulande ist das Theater immer noch wie ein Heiligtum. Generell verlagert sich die Relevanz sowieso Richtung Youtube und Streaming usw.

STANDARD: Apropos Streaming, was ist Ihre Lieblingsserie?

Schwarz: "Succession". Das ist die beste Serie, die ich jemals gesehen habe, es ist der Olymp. (Astrid Ebenführer, 7.10.2023)