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Meinung CDU

Vorwurf des Kontakts zu türkischen Nationalisten - Kampagne gegen Serap Güler?

Serap Güler hält sich für das Opfer einer Kampagne Serap Güler hält sich für das Opfer einer Kampagne
Serap Güler hält sich für das Opfer einer Kampagne
Quelle: picture alliance / photothek/Florian Gaertner; Cathrin Moritz
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Christdemokratin Serap Güler möchte CDU-Generalsekretärin werden. Kaum hat sie das bekannt gemacht, werden ihr Kontakte zu türkischen Nationalisten vorgeworfen. Doch die Kritiker verkennen, dass Güler damit den Mainstream deutscher Politik verkörpert.

Serap Güler hält sich für das Opfer einer Kampagne. Das gab die langjährige NRW-Staatssekretärin für Integration jüngst auf Twitter bekannt. Dort wurde über ihre Eignung als Generalsekretärin der CDU Deutschlands debattiert. Für diesen Posten hat sie sich beworben. Auf Twitter wurde gefragt, ob Güler nicht „Kontakte“ zu den türkisch-rechtsradikalen Grauen Wölfen gehabt habe. Daraufhin mischte sich Gülers Parteifreund Peter Tauber ein und twitterte: „Ich halte das für eine Kampagne.“ Güler pflichtete ihm bei: „Ja, es ist eine.“

Das ist missverständlich. Was ist eine Kampagne? Die Behauptung, dass eine Politikerin Kontakte zu radikalen oder reaktionären Gruppen pflegte? Oder aber die Unterstellung, wer solche Beziehungen pflege, sei von den Kontaktpersonen sozusagen infiziert, also selbst radikal? Unbestreitbar hatte Güler in NRW Kontakt zu Personen aus dem türkisch-nationalistisch oder islamistisch geprägten Milieu. Das bedeutet aber nicht, dass sie selbst türkisch-nationalistisch oder islamistisch tickt. Letzteres darf man bezweifeln. Nur muss man die Fakten und ihre Deutung sauber unterscheiden.

So nahm Güler 2012 als Integrationspolitikerin an einer Veranstaltung eines Kulturvereins teil, der der Bewegung der rechtsradikalen Grauen Wölfe verbunden war: dem „Brühl Türk Kültür Ocagi“. Auch pflegte sie Kontakt unter anderem zu CDU-Mitglied Halil Aydemir aus Köln, der gern Veranstaltungen Grauer Wölfe besuchte und diese öffentlich verteidigte. Er behauptete, der Verfassungsschutz stufe diese größte rechtsextreme Bewegung auf deutschem Boden zu Unrecht als extremistisch ein.

Man könnte auch auf Ibrahim Yazici von der islamistisch geprägten Milli-Görüs-Bewegung verweisen, mit dem Güler 2021 bei einer CDU-Veranstaltung posierte. Oder darauf, dass Güler eine „Koordinierungsstelle muslimisches Engagement“ schuf, zu deren Eröffnung Vertreter der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) und der sogenannten Hilfsorganisation Islamic Relief geladen waren. Beide stehen der islamistischen Muslimbruderschaft (MB) nahe. Die DMG wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Und 2019 informierte das Bundesinnenministerium, Islamic Relief habe Verbindungen zur MB oder zu MB-nahen Organisationen. Güler unterstützte bis 2019 sogar eine Spendenaktion von Islamic Relief.

Aber: All das belegt keine radikale Gesinnung Gülers. Zum einen hat sie in ihrer Zeit als Staatssekretärin nachweisbar reformerisch-humanistische muslimische Gemeinschaften und Persönlichkeiten unterstützt, etwa den Münsteraner Gelehrten Mouhanad Khorchide. Auch erklärte sie sich solidarisch mit der heftig umstrittenen Radikalreformerin Seyran Ates, als diese massiven Attacken ihrer Gegner ausgesetzt war.

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Zum anderen – und vor allem – verkörpert(e) Güler schlicht eine Tendenz deutscher Politik: den eher integrierenden, nachsichtigen, manchmal umarmenden Umgang mit radikalen oder reaktionären Zugewandertengruppen, der gegenüber Radikalen ohne Migrationsgeschichte undenkbar wäre. So wurde Islamic Relief bis 2019 auch von Bundespräsident Steinmeier unterstützt. Mit Aydemir posierten auch andere CDU-Prominente.

Bei der Veranstaltung in Brühl 2012 waren etliche Politiker zugegen. Auch Abgeordnete anderer Parteien besuchten schon Feiern der Grauen Wölfe. Und CDU, SPD und FDP in NRW lassen islamistisch oder nationalistisch geprägte Gruppen sogar den islamischen Religionsunterricht mitgestalten. Dieser umarmende Kurs lässt sich kritisieren. Aber warum sollte einzig Güler restriktiver sein als der Mainstream? Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?

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