Berlin. Senta Berger spricht im Interview über ihren neuen Film „Martha und Tommy“. Außerdem verrät sie die Pläne für ihren 80. Geburtstag.

Für die Bewunderer von Senta Berger ist der 24. Februar ein nahezu historisches Datum. Denn die 79-Jährige will nach eigenem Bekunden nicht mehr so viel drehen. So gesehen ist jedes Projekt etwas Besonderes – wie etwa die TV-Premiere ihres Films „Martha und Tommy“ (24.2., 20.15 Uhr in der ARD), wo sie sich als alleinstehende Frau um zwei Brüder mit problematischem Schicksal kümmert.

Mit bescheidener und altersweiser Nachdenklichkeit reflektiert Senta Berger ihren kommenden Geburtstag, ihre Träume für das Leben nach der Pandemie - und die Irrtümer ihres Lebens.

Vor einem Jahr meinten Sie im Interview, dass Sie sich langsam aus Ihrem Beruf lösen wollen. Doch jetzt sehen wir Sie in „Martha und Tommy“ wieder. Welche Themen gaben den Ausschlag?

Senta Berger: Mich hat die Geschichte der beiden Brüder interessiert, ich wollte sie miterzählen. Tommy flieht mit seinem kleinen Bruder vor deren Vater, der ihnen die Mutter genommen hat. Martha flieht vor dem Leben und bereitet ihren Abschied vor. Es gelingt beiden, sich zu öffnen und zu reden. Reden – das ist gar nicht so einfach und für viele Menschen schwer zu lernen. Und vergeben können, das ist wohl genauso schwer und sich selbst vergeben können, sicher das Schwerste überhaupt.

Wie ist es mit dem Thema Kampfsport, das auch eine zentrale Rolle spielt?

Berger: Wenn es um Boxen geht, mein Mann nennt es einen Strategiesport, hört mein Verständnis auf. Ich habe mir Mühe gegeben, die Schönheit des Boxens zu sehen, aber ich sehe nur Blut. Diese illegalen Kämpfe, an denen Tommy sich beteiligt, finden in einem Käfig statt. Dieser Anblick allein war schon furchtbar. Natürlich waren die Kämpfe genau choreographiert, unser Hauptdarsteller Jonathan Berlin durfte ja am nächsten Drehtag kein blaues Auge haben, nur ein geschminktes. Dennoch war die Brutalität der Kämpfe kaum auszuhalten. Mir wurde schlecht. Boxen und Formel 1, ich würde sagen, die Begeisterung für beides werde ich nie verstehen.

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Liegt das daran, dass Männer anders ticken als Frauen?

Berger: Nein. Auch wenn ihre Uhren etwas anders gehen, Männer ticken wie Frauen.

Ihre eigene Uhr tickt Richtung 80. Geburtstag. Was empfinden Sie dabei? Haben Sie schon Pläne?

Berger: Auch wenn die 80 für mich bis jetzt nur eine Zahl auf der Torte ist, mein Körper wird mir schon noch beibringen, dass es mehr als eine Zahl ist. Es wäre schön, wenn ich meinen Geburtstag in Wien feiern könnte, der Stadt, in der alles begonnen hat, der Stadt, die im Mai schöner als alle anderen ist.

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Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn es keine Einschränkungen mehr gibt – was wollen Sie als Erstes unternehmen?

Berger: Ich fahre sofort nach Wien, trinke in meinem Kaffeehaus einen großen Braunen oder zwei und lese sämtliche Zeitungen.

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    Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an die Anfänge Ihrer Schauspielkarriere denken?

    Berger: Ich habe sehr jung angefangen. Damals gab es in Deutschland das typische System der Produzenten, die Ansagen gemacht haben. Da wurde ich nicht gefragt, ob ich einen Pressetag absolvieren will, sondern das war einfach so. Zwischen 22 und 28 arbeitete ich dann in Amerika. Da war ich zwar schon viel emanzipierter, aber trotzdem in einem eingefahrenen System eingespannt, in dem andere Leute über mich entschieden. Als ich wieder zurückkam, habe ich begriffen, dass mich das nicht froh macht.

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    Würden Sie als Lebensfazit auch sagen „Ich bereue nichts?“

    Berger: Ich kann das nicht behaupten. Man irrt im Laufe eines Lebens. Das geschieht. Ich bereue meine Irrtümer, meine Ungerechtigkeit gegenüber Menschen, denen ich nahestand, die sich um mich bemüht haben. Ich kann mir vieles nicht verzeihen. Vermutlich können es die, denen ich Unrecht getan habe, leichter als ich. Ich war jung, das ist die einzige Entschuldigung, die ich habe. Ich habe viel aus meinen Irrtümern, nennen wir es mal so, gelernt. Das ist wohl das einzig Gute.