Sebastian Rode will nichts übers Knie brechen
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Eintracht-Ikone Sebastian Rode will nichts übers Knie brechen

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Scheiden tut weh: Sebastian Rode nach dem Aus in der Conference League.
Scheiden tut weh: Sebastian Rode nach dem Aus in der Conference League. © IMAGO/Kessler-Sportfotografie

Eintracht Frankfurt: Die Ikone Sebastian Rode nimmt sich nach dem Karriereende ein Jahr Zeit, um Abstand zu gewinnen - und später seinem Herzensklub erhalten zu bleiben.

Irgendwann an diesem Dienstag im Gespräch mit geladenen Medien, das nicht das letzte in seiner Profikarriere sein soll, ist Sebastian Rode gefragt worden, wie er es denn geschafft habe, sich trotz der vielen, vielen Verletzungen immer wieder aufzuraffen und weiterzumachen, eine Reha an die nächste zu reihen.

Der Mann, 33 Jahre alt und sein langes Fußballerleben ein echter Terrier am Ball, hat so ziemlich alle Verletzungen gehabt, die man als Kicker nur erleiden kann, Kreuzbandrisse, Knorpelschäden, Faser- und Sehnenrisse, dazu Operationen an der Leiste, fast vier Jahre lang hat der defensive Mittelfeldspieler nicht Fußball spielen können, zeitweise war der Gang zum Operateur oder Physiotherapeuten für ihn normaler als der in den gegnerischen Strafraum. Seppl Rode hat da nicht lange nachdenken müssen, es sei stets die Hoffnung gewesen, „dass alles wieder gut wird“.

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Oft genug ist es tatsächlich gut gegangen. Ob es dieses Mal gut geht, ganz zum Ende seiner Laufbahn, ist offen, es ist das allerletzte große Ziel des Frankfurter Stehaufmännchens: sich am letzten Spieltag am 18. Mai im Waldstadion von den eigenen Fans zu verabschieden, in Fußballschuhen, im Trikot mit der Nummer 17 und auf dem Rasen. Leicht wird das nicht, aber was war für die Frankfurter Ikone in den vergangenen knapp 15 Jahren schon leicht.

Zu diesem Gespräch mit der Presse und Sportvorstand Markus Krösche kommt Seppl Rode an Krücken. Vor fünf Tagen hat er sich seiner vorerst letzten Operation unterziehen müssen, Knochen- und Knorpelstückchen hatten sich im lädierten Knie angesammelt. Die Athroskopie war zwingend erforderlich, er hat das gespürt, seit Wochen schmerzte das Knie, vor ein paar Tagen kam dann die niederschmetternde Diagnose: In dieser Saison wird er der Mannschaft sportlich kaum mehr helfen können, „deprimierend“ nannte Rode selbst das Ergebnis der Untersuchung.

Das alles war natürlich „ein Schock“, wie Krösche sagt, dem es „extrem leid getan“ hat, dass Rode auf diese Art und Weise abtreten musste, nach einem Aus in der Conference League. Und natürlich sind Tränen geflossen beim Spieler, schon auf dem Feld am Abend, auch Tage später, als er die Tragweite des Ganzen überblickt hat. „Da bin ich vor vollendete Tatsachen gestellt worden“, sagt Rode.

Sebastian Rode: Kein Selbstmitleid

Aber der Mann aus Seeheim-Jugenheim ist Realist und allemal keiner, der Selbstmitleid aufkommen ließ. Ganz im Gegenteil: Er weiß dies alles sehr genau einzuschätzen. Er hat sich eine Demut bewahrt, die selten geworden ist im Profifußball. „Wir Spieler sind privilegiert. Wir haben unser Hobby zum Beruf gemacht“, zum sehr gut besoldeten noch dazu. „Vielen Menschen geht es viel, viel schlechter als mir. Es gibt so viel Leid, dagegen sind meine ganzen Verletzungen doch Lappalien.“

Rode, der neun Jahre für Eintracht Frankfurt spielte und dazwischen mit Bayern München und Borussia Dortmund Deutscher Meister und Pokalsieger wurde, ist auch keiner, der nachkartet oder damit hadert, was möglich gewesen wäre für ihn, wäre er nicht ständig verletzt. „Vielleicht ein Länderspiel“, aber: „Man muss nicht immer nach mehr und noch mehr streben“, sagt Rode. „Ich bin sehr, sehr zufrieden mit meiner Karriere“, er würde alles noch einmal genauso machen.

Diese Bodenständigkeit, dieses Normale, auch diese Bescheidenheit sind es, die Sebastian Rode längst zu einer Ikone des Klubs, zum Gesicht, zu der Identifikationsfigur haben reifen lassen. Das wird fehlen, seine Persönlichkeit, sein Auftreten, sein Charakter. „Er ist ein Leader in der Kabine“, beschreibt ihn Krösche. Der Sportvorstand weiß aber auch: So einer wie Rode - oder Timothy Chandler oder Makoto Hasebe, die gleichfalls über kurz oder lange die Schuhe an den Nagel hängen werden - „ist nicht zu ersetzen“. Diese Lücke wird vorerst bleiben, „solche Spieler gibt es ganz, ganz selten“. Das könne allenfalls im Kollektiv aufgefangen werden, wenn überhaupt. Als sicher gilt, dass Eintracht Frankfurt Sebastian Rode künftig enger an den Klub binden wird, in welcher Form auch immer, als Botschafter oder Repräsentant wäre er „prädestiniert“. Er könnte „uns aber auch operativ weiterhelfen mit seiner Erfahrung und seinem Knowhow“.

Eintracht Frankfurt: Rode will jetzt erstmal Abstand gewinnen

Das wird freilich noch einen Moment dauern. Rode selbst wird sich zunächst eine Auszeit nehmen, wenigstens ein Jahr lang will er Abstand gewinnen, will Zeit mit der Familie verbringen und nicht immer „die Sommermonate in der Reha verbringen“. Was danach kommt, ist offen. „Ich bin mir noch unklar, wohin die Reise geht“, sagt der 33-Jährige, seinen Trainer B-Schein hat er gemacht, denkbar ist also ein Trainerjob.

Und vermutlich wird er im Fußball bleiben, bald 30 Jahre hat der Fußball sein Leben, seinen Rhythmus bestimmt. Es wird nicht einfach, „diesen Cut hinzukriegen“, vermutet der Familienvater schon mal.

Er hat ja in der Tat eine Menge erlebt in seiner Karriere. Viel mehr, als man angesichts seiner Verletzungsanfälligkeit erwarten durfte. Rode kann auf eine herausragende Laufbahn zurückblicken. Gerade die letzten Jahre bei seinem Herzensklub, dessen Kapitän er war, hatten es ihm besonders angetan. Weil es eben nicht „selbstverständlich ist“, mit der Eintracht zweimal in einem Europacup-Halbfinale oder einem Pokalfinale zu stehen, und schon gar nicht, die Europa League zu gewinnen, „mein Karrierehöhepunkt, ganz klar“.

Aber auch seine Anfangszeit in Frankfurt, als er mit der Eintracht aus der zweiten Liga aufstieg und unter Trainer Armin Veh sofort die Qualifikation fürs internationale Geschäft schaffte, mag er nicht missen, mehr als 200 Spiele hat er für die Hessen bestritten.

Und wenn dann einiges verheilt ist im lädierten Knie und die Gesundheit mitspielt, wird der Seppl Rode bestimmt wieder der Kugel hinterherjagen - in der Eintracht-Traditionself. Chef Karl-Heinz Körbel, so erzählt es der Semmelblonde lachend, „baggert schon die ganze Zeit an mir“. Aber „ich“, sagt Rode mit hintersinnigem Humor, „werde nichts übers Knie brechen.“

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