„Where Summer Stays“ ist der erste Band der Festival-Reihe von Ivy Leagh, erschienen bei Carlsen.
Triggerwarnungen: Physische und psychische (häusliche) Gewalt, toxische Beziehungen, Erwähnungen von Suizid und Depressionen, Panikattacken, exzessives und vulgäres Fluchen
Cover
Vorab, das Cover ist wunderschön! Die Farben, das dezente Violett, die Lichterkette und die Blumen sind ein echter Hingucker. Zugegebenermaßen ist es auch einer der drei Gründe, wieso ich mir das Buch ausgeliehen habe. Zudem ist auch der Farbschnitt hübsch.
Inhalt
Charlie ist Praktikantin bei einem Klassikradio. Als sie für eben jenes auf ein riesiges Rockfestival geschickt wird, ist das für sie mehr als ein Problem. Sie ist sehr schnell überfordert von den vielen Menschen, dem Lärm und einfach allem. Gleich am ersten Tag läuft alles schief und sie möchte nichts lieber, als weglaufen, am besten ganz weit weg, oder sich die kommenden Tage im Zelt verkriechen. Blöd nur, dass ihr Volontariat von diesem Rockfestival abhängig ist. Und noch blöder ist es, als sie Levy trifft. Levy mit dem Eyeliner, den vielen Tattoos und bei dem sie endlich den Wunsch verspürt, mutig zu sein. Und der ihr Herz höher schlagen lässt und ihre (cringy) Sexfantasien sehr…anregt.
Puh, was soll ich hierzu sagen? Und wo soll ich hier nur anfangen?
Also, die Grundthemen sind sehr wichtig und auch interessant zu lesen, wenn sie richtig umgesetzt werden. Themen wie Panikattacken und häusliche Gewalt, Mut, zu sich selbst stehen, Liebe, Verständnis, sich selbst akzeptieren und lieben lernen, sowie Traumata-Bewältigung zum Beispiel.
Aber abgesehen davon habe ich nur wenig, das mir am Buch gefallen hat. Wer eine Geschichte mit Sommerfeeling und Festival-vibes erwartet, so wie das Buch ja auch beworben wurde (immerhin heißt die Reihe FESTIVAL-Serie), der wird enttäuscht. Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt, und vom Festival bekommt so gut wie gar nichts mit. Konzerte? Nö. Zeltplatz? Ja, viel zu viel Zeltplatz. Party? Meh, eine. Sommerfeeling? Nope, dafür aber Panikattacken. Ich selbst hatte in der Vergangenheit mit Panikattacken zu tun, deswegen verurteile ich Charlie und Levy dafür nicht. Allerdings nehme ich es dem Marketing-Team übel, dass das Buch als etwas angepriesen wird, das es nicht ist.
Der zweite Teil spielt nach dem Konzert in Berlin. Und ganz ehrlich? Die ganze Zeit dort ist eine bedrückende, fast schon depressive Stimmung dominant, die so far nicht zum Cover und Klappentext passt.
Etwas anderes ist der Spice/die Sexszenen. Ich kann Spice generell nicht leiden, aber meistens kann man ihn in den Büchern zumindest gut ignorieren oder einfach überfliegen. Aber hier? Unmöglich. Der Spice ist unheimlich cringy, unangenehm zu lesen und völlig unangebracht und fehl am Platz. Die ganze „Romantik“ bezieht sich ausschließlich auf Lust, Sex und noch mehr Sex.
Und irgendwie scheint Charlie einen Fetisch mit Sex im Regen zu haben.
Schreibstil
Unangenehm. Wieso muss Levy in gefühlt jedem Satz fluchen? Ich bin selbst nicht so zimperlich mit manchen Worten, aber hier ist es unangenehm, vulgär und viel zu dominant meiner Meinung nach.
Abgesehen davon fand ich den Schreibstil etwas zu kompliziert (nicht im Sinne von „Ich verstehe die Wörter/Sätze nicht“ oder Purple-Prosing, sondern im Sinne von „Man hätte es anders schreiben können, damit es sich flüssiger liest“.).
Charaktere
Charlie ist ängstlich, naiv, ehrlich und verständnisvoll. Ich mochte sie. Teilweise fand ich, dass sie sich erwachsener benahm als man es mit 19 Jahren tun würde, aber ich denke mal, ihre Traumata haben sie mehr oder weniger schneller erwachsen werden lassen. Sie verändert sich, wie Levy auch, im Laufe der Geschichte. Diese Veränderung fand ich gut.
Levy… Einerseits sehr sanft und feinfühlig, andererseits unheimlich vulgär. Er hat Probleme, und nicht gerade wenig davon. Sein niedriges bis nicht vorhandenes Selbstwertgefühl und Selbstliebe sind wohl seine Hauptmerkmale, die er aber vor allem zu Beginn sehr gut verbergen kann. Allerdings hat es mich gestört, dass er sich nie wirklich entscheiden konnte. Ich schiebe das einfach mal auf sein schweres Kindheitstrauma.
Auf die anderen Figuren, Otis, Ria, Leni und Ella, Levys Vater, Charlies Mutter, Leon und Sophie gehe ich nicht ein, weil die Rezension dann zu lang werden würde.
Fazit
Kein Wohlfühl-Roman mit Festival-Feeling. Schwierige Themen, viel zu viel Fluchen und unnötige, unangenehme Sexfantasien/Spice, der cringe war. Not my cup of tea, was schade ist, weil ich Festivals eigentlich liebe.