Überraschender Abgang im Vorstand der Deutschen Bahn (DB): Ronald Pofalla, bislang im Vorstand für die Infrastruktur des Konzerns zuständig, wird das Unternehmen Ende April „auf eigenen Wunsch“ verlassen. Der frühere Chef des Bundeskanzleramts hatte eigentlich noch einen bis 2025 laufenden Vertrag. Pofalla selbst führt als Begründung für sein Ausscheiden persönliche Gründe an. Allerdings scheint die Bahn von der Entscheidung überrascht worden zu sein, denn einen Nachfolger kann der Konzern bislang nicht präsentieren.
Pofalla, der als Vertrauter von Angela Merkel galt und CDU-Mitglied ist, wurde zeitweise sogar als potenzieller Chef des staatseigenen Konzerns gehandelt. Spätestens seit dem Regierungswechsel dürfte diese Option allerdings vom Tisch sein. Im Umfeld von Bahn-Chef Richard Lutz heißt es, man arbeite mit dem neuen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hervorragend zusammen.
Mit dem Umgang des Infrastruktur-Vorstands stellt sich nun allerdings die Frage, ob lediglich der Posten von Pofalla nachbesetzt wird oder es zu einem größeren Umbau des Vorstands kommt. Dass im Aufsichtsrat diverse Mitglieder nach dem Regierungswechsel ausgetauscht werden, gilt als sicher. Ob auch der Vorstand umgebaut wird, ist bislang offen.
Auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat scheinen von der Entscheidung Pofallas überrascht worden zu sein, drängen aber auf eine interne Nachfolge-Lösung. „Wir erwarten eine schnelle Lösung der jetzt offenen Personalfrage“, sagte Klaus-Dieter Hommel, Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DB. Die dringend notwendigen Maßnahmen für die Ertüchtigung der Schieneninfrastruktur dürften durch den Abgang Pofallas nicht aufgehalten werden. „Die Nachfolgerin oder der Nachfolger muss über profunde Kenntnisse des Eisenbahnbetriebes verfügen und für das integrierte Eisenbahnsystem einstehen“, fordert Hommel. „Ich bin überzeugt, dass eine interne Nachbesetzung möglich und die beste Lösung wäre.“
Als interne Lösung wird regelmäßig Sigrid Nikutta ins Spiel gebracht, die bislang im Vorstand den Güterverkehr verantwortet. Sie gilt als ambitioniert. Der Posten als Infrastruktur-Vorstand gilt als Schlüsselposten im Staatskonzern, da in dieser Position die Milliardeninvestitionen in Schienennetz und Bahnhöfe verteilt werden. Über eine Nachfolge soll dem Vernehmen nach wohl erst in der nächsten Aufsichtsratssitzung Ende März beraten werden.
Bereits Mitte März kommt das Gremium hingegen zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, bei der es um die Mehrkosten für Stuttgart 21 gehen soll. Das Riesenprojekt im Südwesten soll noch einmal eine Milliarde Euro mehr kosten als bislang veranschlagt. Mitverantwortlich dafür: bislang Ronald Pofalla. Dennoch soll die Kostensteigerung keine Rolle bei der Entscheidung zum vorzeitigen Abgang gespielt haben. Pofalla wolle sich neben anderen Projekten stärker der Familie widmen können, heißt es in Konzernkreisen.
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