Romy Schneider: Die faszinierende Fotoserie von 1973 - WELT
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Kunst 82. Geburtstag

Romy Schneider auf Fotos, wie man sie heute nicht mehr kennt

Helga Kneidl zeigt Romy Schneider ganz privat Helga Kneidl zeigt Romy Schneider ganz privat
Helga Kneidl zeigt Romy Schneider ganz privat
Quelle: Helga Kneidl
Das aktuelle Google Doodle ist Romy Schneider gewidmet, die heute 82 geworden wäre. 1973 verbrachte die Fotografin Helga Kneidl Zeit mit der Schauspielerin. Die Bilder der Begegnung in Paris hielt sie lange unter Verschluss. Es sind unglaublich präzise Momentaufnahmen.

Am 23. September 2020 wäre Romy Schneider 82 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass widmet Google der legendären Schauspielerin ein Doodle.

Schon im Alter von 15 Jahren war Romy Schneider ein Teenie-Star. Als königliche „Sissi“ sprang sie durch die grünen Wiesen Österreichs. Später spielte sie starke Charakterrollen und wurde auch in Frankreich zu einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen. Regisseure wie Claude Sautet und Luchino Visconti rissen sich um sie.

Doch es gab auch die andere Romy Schneider: die trank. Die viel trank. Die Schlaftabletten nahm, die sich nicht beruhigen konnte, die aufgewühlt war und zerrissen. Das Schicksal hat Romy Schneider hart getroffen: Bei einem tragischen Unfall verlor sie ihren 14-jährigen Sohn. „Im Film kann ich alles, im Leben nichts“, sagte sie einmal.

Die Galerie Kai Middendorff zeigte dieses Jahr ganz intime Fotografien der preisgekrönten Schauspielerin. Aufgenommen wurden die zum Teil zuvor noch nie veröffentlichten Bilder von der Theaterfotografin Helga Kneidl und zeigen eine Romy Schneider, die Kamera und Rampenlicht liebte und doch versuchte, aus dem Korsett des Ruhms auszubrechen.

Auch das steckt in den Fotos, die Kneidl an drei aufeinanderfolgenden Tagen im Mai 1973 in Schneiders Wohnung in Saint-Germain aufnahm. Da waren sich Schneider und Kneidl ganz nah. Nicht nur räumlich, sondern sie wirken tatsächlich vertraut.

Im Mai 1973 posierte Romy Schneider für die Fotografin Helga Kneidl
Im Mai 1973 posierte Romy Schneider für die Fotografin Helga Kneidl
Quelle: Helga Kneidl

Fotografierst du mich wieder, hatte Schneider zum Abschied gefragt. Doch die beiden Frauen haben sich nie wiedergesehen. Geblieben sind sechs belichtete Filme im Kleinbildformat.

Unglaublich präzise und pointierte Momentaufnahmen einer flüchtigen Begegnung. Bilder, die eine Privatheit suggerieren, wie sie nur die körnige Struktur analoger Schwarz-Weiß-Fotografie vermitteln kann. Fotos, wie man sie heute nicht mehr kennt, seit sich Hollywoodstars rund um die Uhr auf Instagram selbst inszenieren.

Mit einem tiefen Blick schaut Romy Schneider in die Kamera. Ein Blick, der nicht loslassen will. Die Schultern nackt, der Hintergrund verschwommen. Ein leichtes Lächeln huscht über ihr Gesicht. Es ist ein zartes, vorsichtiges Lächeln. Sie scheint ganz präsent und ist doch mit ihren Gedanken ganz weit weg.

Im nächsten Foto der Serie an Nahaufnahmen zündet sich Schneider eine Zigarette an. Fast magisch flammt das Feuerzeug vor ihrem Gesicht auf, in kleinen Falten zieht sie ihre Stirn konzentriert zusammen. Dann wirft sich ihr kleiner Sohn David stürmisch mit Boxhandschuhen und wehenden blonden Haaren über sie. Sie lacht, legt ihren Kopf in den Nacken, ist voller Liebe. In den Bildern lebt vor allem eins weiter: die Sehnsucht nach dem Mythos Romy Schneider.

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Als sich beide Frauen 1973 in Paris begegneten, war Schneider gerade aus dem kühlen Hamburg zurück an die Seine gezogen. Sie suchte Herausforderungen, sie wollte den internationalen Erfolg. Zwar hatte sie sich kurz zuvor vom Schauspieler Harry Meyen getrennt, doch versank sie schon wieder in der nächsten Affäre mit dem Berliner Schaubühnen-Star Bruno Ganz. Wie würde ihm wohl ihr neues Carmen-Kleid von Yves Saint Laurent gefallen?, habe sie Kneidl gefragt. Sei das zu viel für den Geschmack eines Theaterschauspielers?

Die Schauspielerin im Carmen-Kleid
Die Schauspielerin im Carmen-Kleid
Quelle: Helga Kneidl

Die Bühne verband Romy Schneider und Helga Kneidl. Damals arbeitete Kneidl als Theaterfotografin an der Berliner Schaubühne. Sie sei keine Pressefotografin, betont auch der Galerist Kai Middendorff. Kneidl fotografierte zurückhaltend, fast unsichtbar begleitete sie die großen Inszenierungen, beobachtete lange, komponierte Figur, Modell und Raum immer ganz bewusst, erzählt er.

Sie suchte, ohne zu stören, um dann im richtigen Moment das Foto zu machen, das von allein eine ganz große Geschichte erzählen kann. Schon vor Jahren ist Kneidls umfassendes Archiv an das Deutsche Theatermuseum in München gewechselt. Nur von der Porträtserie mit Romy Schneider wollte sie sich so einfach nicht trennen.

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Es ist das Handwerk einer Bühnenfotografin und der bestimmte Blick mit dem Kneidl auch Romy Schneider ablichtete. Sie behandelte die Begegnung wie eine Inszenierung, Schneiders Wohnung wie eine Bühne, die Aufnahmen wie eine Dramaturgie. Kneidl porträtierte Schneider als Ikone des Schauspiels, aber auch als liebevolle Mutter, als intensive Frau.

Negativstreifen des Shootings mit Romy Schneider
Negativstreifen des Shootings mit Romy Schneider
Quelle: Helga Kneidl

„Beim Sichten der Negative stockte mir der Atem“, erzählt Middendorff, „denn von den traumhaften Bildern existiert immer nur eine einzige Aufnahme. Und die ist vollkommen perfekt! Das ist sensationell.“

Schon vor zwanzig Jahren hatte er sich in die Idee verliebt, diese Fotos einmal der Öffentlichkeit zu zeigen. Doch Kneidl winkte ab. Vielleicht, weil sie wirklich bescheiden und zurückhaltend ist. Vielleicht weil die gelernte Tänzerin genau weiß, wann eine Bewegung den besten Eindruck hinterlässt.

Zu ihrem 80. Geburtstag teilte sie endlich ihren lang privaten Schatz. Für die Ausstellung bei Kai Middendorff wurden die Negative digitalisiert und retuschiert und sind nun in kleiner Auflage als „Fine Art Print“ auf Barytpapier erhältlich.

Die ursprüngliche Version dieses Artikels erschien bei WELT am 16. Mai 2020.

„3 Tage in Quiberon“ - Das Interview mit Romy Schneider

Robert Lebecks Bilder von Romy Schneider gingen um die Welt. Aufgenommen in einem Urlaub in Quiberon, in dem sie gleichzeitig ihr letztes großes Interview gab und sich dabei komplett öffnete.

Quelle: WELT

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