Aufgelaufen – ein Porträt der SZ über Dr. Rolf Mützenich

In der heutigen Printausgabe (29. April 2019) der Süddeutschen Zeitung ist ein spannendes Porträt über unseren Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Mützenich erschienen (http://sz.de/1.4425201):

Aufgelaufen

Von Peter Burghardt und Mike Szymanski

Wenn Peter Struck, der frühere Chef der SPD-Bundestagsfraktion, in einer Sitzung mal etwas nicht wusste oder keine Lust hatte, etwas zu wissen, dann bellte er: “Mütze, erklär’ uns das mal.” Und wenn Mütze das Wort hatte, herrschte Ruhe. Außenpolitik, das ist sein Thema. In der SPD gehen sie immer noch gerne zu ihm, wenn sie die Welt erklärt bekommen wollen.

Mütze, das ist Rolf Mützenich. 59 Jahre, Bundestagsabgeordneter der SPD aus Köln. Anzug, dunkelgrüner Strickpulli, grau meliertes Haar, das lässig nach hinten fällt. Seit 2002 sitzt er im Parlament. Würde Struck noch leben, er würde in diesen Wochen vermutlich sagen: “Mütze, erklär’ uns das mal: Rüstungsexporte.”

In der SPD geht es mal wieder um die ganz großen Fragen, um Krieg und Frieden. Genau genommen um deutsche Rüstungsgüter. Und wie immer, wenn die SPD solche Fragen anfasst, droht es sie zu zerreißen. Mützenich steckt mittendrin. Genauso Heinz Powils, der mit dem Fahrrad vor dem Rathaus von Wolgast vorfährt und in einer Bäckerei mit Café Platz nimmt. Er ist SPD-Politiker, wie Mützenich. Ein schmaler Mann, 77 Jahre, getönte Brille. Mützenich und Powils sind sich nie begegnet. Mützenich weiß nicht, wer Powils ist. Powils weiß auch nicht, wer Mützenich ist. “Kenn’ ich gar nicht”, sagt er. Aber es verbindet und trennt sie die SPD.

Dies ist eine Geschichte über die Sehnsucht nach Haltung in dieser Partei, und darüber, wie schwer es manchmal fällt, auch Haltung zu bewahren.

Mützenich hat in der SPD durchgesetzt, dass seine Partei mindestens bis Herbst keine deutschen Waffen nach Saudi-Arabien liefern lassen will. Es gelten nur vereinzelt Ausnahmen für Zulieferungen. Partner in Europa, die Waffen aus Gemeinschaftsproduktion mit Deutschland liefern wollen, sollen das genauso handhaben. Das ist die neue Friedenspolitik der SPD. Und Powils ist einer der Leute, die diese Politik dort erleben, wo sie wehtut. Er gehört seit 27 Jahren dem Wolgaster Stadtrat an. Bald sind Kommunalwahlen, er tritt nicht mehr an. Es sind seine letzten Wochen in der Politik.

In der Werft liegen Boote bereit, aber sie dürfen nicht mehr ausgeliefert werden

Gut 220 Kilometer vom Bundestag entfernt, dort, wo Parteichefin Andrea Nahles in wenigen Sätzen den Kurs der SPD verkündete, liegen in der Wolgaster Peene-Werft Patrouillenboote zur Auslieferung an Saudi-Arabien bereit. Von Wolgast aus sind Saudi-Arabien und der Krieg im Jemen, an dem das Königreich beteiligt ist, ähnlich weit entfernt wie von Berlin aus. Aber Schiffe, die nicht ausgeliefert werden können, werden zum Problem. Und an weitere Boote, die für Saudi-Arabien gefertigt werden sollten, ist im Moment eher nicht zu denken.

Keine Aufträge, kein Geld. Kurzarbeit, Angst um Jobs und ja: Frust über die SPD. Powils, Chef der Orts-SPD, legt los. “Dieses Theater mit den Saudis”, sagt er. “Ach, wissen Sie, das wurde so hochgeputscht. Und die Stadt geht den Bach runter. Eines schönen Tages haben wir hier gar keine Arbeit mehr. Dann können wir in Wolgast die Bürgersteige hochklappen.”

Also, Mütze, erklär’ das mal.

Es ist kurz vor 18 Uhr, der Mühlradsaal füllt sich. Ebersbach an der Fils, 8500 Einwohner, nicht weit von Stuttgart. Eigentlich ist Sitzungswoche in Berlin, aber Rolf Mützenich hat einen Termin hier. Heike Baehrens, seine Fraktionskollegin, hat ihn eingeladen, mit Gästen zu diskutieren. Das Thema: “Was hält die Welt zusammen.”

Der Altersschnitt im Publikum? So, dass Mützenich in seinem Vortrag bis zum Vietnamkrieg ausholen kann. Dann ist er aber schnell zurück im Hier und Jetzt: Es geht um Donald Trump, Chinas neuen Einfluss in der Welt, den Krieg in Syrien und “Europa als Friedenszone”. Er sagt: “Und dann bin ich bei einem Thema, das den einen oder anderen in den letzten Tagen oder Wochen oder Monaten oder Jahren oder sein ganzes Leben umgetrieben hat.”

Während Mützenich redet, knetet er seine Lesebrille dermaßen, dass man darauf wartet, dass es “knack” macht. “Ich bin der festen Überzeugung, wir können nur dann für Abrüstung auch glaubhaft eintreten, wenn wir endlich die vierte Stelle der weltweiten Rüstungsexporteure verlassen.” Er kommt jetzt auf “sozialdemokratische Abrüstung” zu sprechen. Die SPD will Waffenexporte restriktiv handhaben. Es geht um sehr viel Geld, der Wert der deutschen Rüstungslieferungen geht zurück, von etwa 6,2 Milliarden Euro 2017 auf etwa 4,8 Milliarden Euro 2018. “Ich weiß”, sagt Mützenich, “welche heftigen Auseinandersetzungen das bedeutet. Das ist mir nicht fremd.” Er nennt sie: die Peene-Werft in Wolgast.

Er habe seit 2002 im Bundestag “die eine oder andere Diskussion geführt, wenn es aus meiner Sicht falsch gewesen ist, Rüstungsgüter insbesondere in Spannungsgebiete zu liefern.” Das ist nicht nur kompliziert formuliert, sondern auch stark untertrieben: Ohne Mützenich gäbe es diesen Exportstopp so wohl nicht. Im Saal ist es still.

Wäre Heinz Powils unter den Gästen, er hätte wohl etwas dazu zu sagen. Das macht er nun im Café in Wolgast: “Ich bin ein alter Mann, ich kann alles ungestraft sagen.” Und: “Wir hier sind für diesen Export.”

Die Peene-Werft liegt ein paar Ecken weiter am Peenestrom, der das Festland von Usedom trennt. Blaue Hallen, blaue Kräne. Jeder Tourist, der rüber nach Usedom und zurück fährt, sieht sie.

Die Schiffe, um die es geht, sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Biegt man aber hinter der Peenebrücke rechts ab, sind ein paar der Patrouillenboote am anderen Ufer zu erkennen. Sie liegen wie abholbereit da. Sie sind zu einem Symbol des Streits um deutsche Rüstungsgeschäfte geworden: Made in Germany, auf Eis gelegt.

Fremde kommen derzeit nur selten durch die Werkstore. Man fragt bei der IG Metall nach dem Betriebsratsvorsitzenden der Peene-Werft, doch die Gewerkschaft verweist auf den Konzernsprecher der Lürssen-Gruppe, der schickt ein Kommuniqué: Man respektiere die Entscheidung der Bundesregierung und berate, “um den Schaden für unseren Wolgaster Standort und unsere Werftengruppe zu mindern”.

Mützenich ist ein ruhiger Mann, aber einer, der das Wort Haltung nicht nur im Wahlkampf kennt

Heinz Powils und seine SPD-Fraktion durften vor einiger Zeit (“vor dem Theater”) auf das Gelände, eine kleine Exkursion. “Interessanterweise strichen auch Saudis herum”, sagt er. Im Vergleich zu früher kam ihm die Werft vor “wie ‘ne Geisterstadt”. Die Patrouillenboote? “Sehr dünnwandig.” Sie seien doch nur dazu da, um Küsten und Schiffbrüchige zu schützen, gegen Piraten, Schmuggler. Krieg? “Wer mit solchen Dingern Krieg führt, kann nicht ganz dicht sein.” So sieht er das.

Kein Mensch habe sich früher über die Werft aufgeregt. 1948 war das Unternehmen auf Befehl der sowjetischen Militäradministration gegründet worden und hatte sich bald zum Rüstungsbetrieb für die Marine der NVA entwickelt, der Nationalen Volksarmee der DDR. “Da wurden Kriegsschiffe gebaut, wirkliche”, sagt Powils. “Wenn damals ein Krieg ausgebrochen wäre, dann hätten wir uns warm anziehen müssen, dann wären hier die meisten Bomben gefallen.” Er lacht. Es kam ja kein Krieg, jedenfalls nicht nach Wolgast.

Kalter Wind fegt durch die Straßen. Wolgast ist eine kleine Hafenstadt, viel Fachwerk, der Zweite Weltkrieg hat die Häuser weitgehend verschont. Aber immer mehr Läden stehen leer, Wolgast schrumpft. 1990 waren es 18 000 Einwohner, heute sind es 12 000. Das Kreiskrankenhaus hat die Hälfte an Personal abgebaut. Das Amtsgericht und das Finanzamt wurden geschlossen. “Wenn Sie eine Wohnung brauchen: Ich kann Ihnen fünf geben”, sagt Powils. “Eigentlich schade, wenn man so lange hier gelebt hat und den Verfall sieht.”

Und jetzt: Kurzarbeit auf der Werft. Knapp 300 Beschäftigte, dazu kommen Angestellte bei Fremdfirmen, Zulieferern, Hotels und Restaurants. Mit der Werft leiden um die 2000 Menschen. “Die gesamte städtische Infrastruktur ist eng mit der Entwicklung der Peene-Werft verknüpft”, schrieb der Stadtrat in einem Brandbrief.

“Mütze müsste mal öfter mit der Faust auf den Tisch hauen”

Klar, den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi, der zum kompletten Exportstopp für deutsche Waffen nach Saudi-Arabien geführt hat, verurteilt auch Powils. “Aber dass das solche Repressionen nach sich zieht?” Er dachte, das sei “eine diplomatische Sache”. Die Deutschen seien ja “die Einzigen, die so reagieren.” Die Engländer und Franzosen wollen doch weiter liefern. Heinz Powils ärgert sich über seine Partei im Bund. “Ich ärgere mich sogar sehr.”

Es ist Rolf Mützenich, der die SPD vor sich hertreibt. Bei den Sondierungsgesprächen für eine Neuauflage der großen Koalition hatte Mützenich einen bemerkenswerten Satz in die Verhandlungsdokumente hineinbugsiert. Dort hieß es nun: “Die Bundesregierung wird ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, so lange diese am Jemen-Krieg beteiligt sind.”

Ein Satz, glasklar.

Ein Bruch mit der bisherigen Praxis, es sollte noch heftig darüber gestritten werden. Mützenich musste bei den Partei- und Fraktionschefs zum “Vorsingen”, so heißt das Verteidigen der Positionen. Er fing sich eine Spitze von Kanzlerin Merkel ein: Bei den Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga hätten sich die Sozialdemokraten ja auch nicht so gehabt. Das spornte Mützenich erst recht an, und er fand Unterstützer: Sigmar Gabriel, damals Außenminister. Das Gezerre endete so: Für Altverträge sollte eine Ausnahmeregelung gelten und das Lieferverbot nur Länder treffen, die aktiv am Jemen-Konflikt beteiligt sind. Nach der brutalen Ermordung von Khashoggi verbot die Bundesregierung dann alle deutschen Rüstungsdeals mit Saudi-Arabien – so, wie es Mützenich immer wollte.

In Ebersbach prasselt Regen an die Fenster, Mützenich wird grundsätzlich. “Wofür wollen wir Geld ausgeben”, ruft er in den Saal. “Bei der Verteidigung oder bei der Grundrente? Und die Antwort würd’ ich mal für die sozialdemokratische Partei kennen.” Die Gäste nicken. Was aus den Arbeitsplätzen wird, wenn Aufträge wegbrechen? Löst in dieser Runde nicht mal Zwischenrufe aus. Waffen für Saudi-Arabien? Will hier niemand. Die Küste? Weit weg.

Mützenich hat “dieses eine Thema”, sagen sie in der SPD-Fraktion über ihn. Gerhard Schröder schätzte seine respektvolle Art zu widersprechen. Mützenich erlebte Joschka Fischer, den ersten Außenminister der Grünen. Rot-Grün erließ 2000 eine Rüstungsexportrichtlinie, Mützenich will sie verschärfen. Er war mit Guido Westerwelle und Frank-Walter Steinmeier in der Welt unterwegs. Er rang mit Sigmar Gabriel, der als Wirtschaftsminister Exportfragen pragmatischer anging. Momentan hat er es mit Heiko Maas zu tun. Außenminister kommen und gehen. Mützenich bleibt.

Als er seinen Vortrag in Ebersbach beendet hat, sieht es so aus, als würde er gehen. Unruhe, die Fragerunde soll beginnen. Aber Mützenich will sich nur ein Glas Wasser holen. Manche Redner fangen gar nicht erst an, wenn kein Getränk bereitsteht. Mützenich kommt nicht mal auf die Idee, jemanden zu bitten, ihm eines zu bringen.

Mützenich twittert nicht. Er schreibt lieber Gastbeiträge, als Interviews zu geben. Wenn man als Journalist nach seiner Meinung fragt, sagt er, er wolle sich nicht aufdrängen. Er gilt als Einzelgänger, meldet sich nicht oft zu Wort, es sei denn, es geht um seine Themen. Ein Vertrauter aus der Fraktion sagt: “Mütze müsste mal öfter mit der Faust auf den Tisch hauen. Er will es aber nicht, weil er es nicht kann.”

Neulich war Mützenich Gast beim Willy-Brandt-Gespräch in Berlin, einem der vielen Politik-Talks. Es ging um die Frage, ob Autokratien und Diktaturen die Zukunft gehöre. Mützenich schafft es, die Lage in Europa, der Türkei, China, Indien, Indonesien und Algerien in einer einzigen Antwort zu streifen. Über das, was er erreicht hat – das Exportverbot -, spricht er nicht. Sevim Dağdelen von den Linken, die neben ihm sitzt, bringt gleich nach ihm ihre Sicht der Dinge unters Publikum: Deutschland habe ja kein Problem damit, “diktatorische Regime und Journalistenmörder wie in Saudi-Arabien mit deutschen Waffen auszustatten”. So läuft das oft: Mützenich hat es schwer. Er ist ein Wenn-ich-kurz-einfügen-darf-Typ.

Dass er trotzdem so viel Einfluss in der SPD gewinnen konnte, sagt viel über die Partei und ihre Sehnsüchte aus. Machen, was man verspricht. Das Wort “Haltung” nicht nur im Wahlkampf plakatieren. Heike Baehrens, die Mützenich in ihren Wahlkreis nach Ebersbach eingeladen hat, sagt: “Der Rolf denkt da in langen Linien.”

Früher haben sich die Lobbyisten nicht um ihn geschert, jetzt bitten sie sein Sekretariat um Termine

Wer dieser Tage Rüstungslobbyisten trifft, bekommt Stoßseufzer zu hören: Mit der SPD sei die Exportpolitik so restriktiv wie nie zuvor. Die Kanzlerin sagt übrigens das Gleiche, nur nicht öffentlich. Hätten die Lobbyisten sich früher um Mützenich gekümmert. Wenn Vertreter der Rüstungsbranche mit Regierungsmitgliedern auf Reisen waren, hatten sie aber wenig übrig für den ruhigen SPD-Mann, der manchmal mit im Flieger saß. Jetzt, wo das meiste auf Stopp steht, bitten dieselben Geschäftsleute sein Sekretariat um Termine.

Rolf Mützenich wurde in einen Kölner Arbeiterhaushalt hineingeboren, als jüngstes von drei Kindern. Die Mutter Hausfrau, der Vater Maschinenschlosser. Sein Vater war nie rausgekommen aus Köln, außer im Krieg. Da sei er mehrmals mit dem Schlachtschiff abgesoffen, sagt Mützenich. Der Junge arbeitete sich von der Hauptschule übers Gymnasium zum Studium vor, in Bonn und Bremen. Dort konnte er sich ohne großes Latinum mit Friedens- und Konfliktforschung beschäftigen. Er promovierte über atomwaffenfreie Zonen.

Als Bundestagsabgeordneter kam er in den Auswärtigen Ausschuss. In seinem Wahlkreis im Kölner Nordwesten wird er selten gefragt, was in der Welt los ist. Dort haben sie andere Sorgen. Würden Rolf Mützenich und Heinz Powils sich begegnen, hätten sie sich sicher etwas zu erzählen.

Powils war Kunstlehrer und Schulleiter, hat früher auch auf der Werft unterrichtet, wurde geschimpft, wenn er sowjetische Kunst im Unterricht nicht würdigte. In der DDR waren mehr als 3000 Arbeiter auf der Peene-Werft beschäftigt, damals VEB, Kombinat Schiffbau. “Das war sichere Arbeit”, sagt Powils. Er erzählt, wie Werftleute Material für Zäune und Lauben in den Schrebergarten brachten. Einmal fragte er einen Nachbarn, wo er Eisenträger für den Keller bekommen könne. “Am nächsten Morgen lagen sie bei mir im Garten.”

Nach der Wende trat Powils in die SPD ein, schon in der DDR mochte er Herbert Wehner, “den giftigen Wehner”. Und Willy Brandt, Helmut Schmidt, Egon Bahr. “Das waren Persönlichkeiten. Die SPD hat früher Spaß gemacht. Aber jetzt?” Er schaut sich um, eine ältere Dame kommt mit Rollator ins Café. “Die Jüngeren gehen weg”, sagt er. “Ich wäre auch weg.”

Brandt, Wehner, das waren für Powils Größen. Heute macht ihm seine Partei keinen Spaß mehr

2012 meldete die Werft Insolvenz an, die Bremer Lürssen-Gruppe übernahm. Die Werft arbeitet an Korvetten der Bundesmarine mit, gerade wurde die erste Korvette der Klasse K-130 in Wolgast auf Kiel gelegt, ein Festakt mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Das lindert den Kummer. Doch der Trumpf war der Großauftrag der Ölscheichs. “Man hätte den Vertrag erfüllen müssen”, sagt Powils. Er glaubt nicht, dass sich Riad von dem Embargo beeindrucken lässt. “Kann sein, dass die sagen: Behaltet doch eure Kähne. Die Saudis kriegen so was überall gebaut.”

Die großen Koalitionen in Berlin und Schwerin versprechen Hilfe. Werden Bundespolizei, Zoll oder die Marine Boote abnehmen? Powils winkt ab: “Absichtserklärungen. Warten Sie mal ab, wenn der 26. Mai vorbei ist.” Das ist der Tag, an dem die Kommunalwahlen anstehen.

Vor Jahren marschierte die NPD in Wolgast, der einstigen Arbeiterstadt. “Scheiß-SPD”, bekam Heinz Powils auch mal zu hören. Im Stadtrat hat die SPD drei Sitze. Bei den Landtagswahlen 2016 holte die AfD in Vorpommern 35 Prozent. Proteste in Wolgast gegen Rüstung aus Wolgast? Powils, erstaunt: “Nee. Den Leuten ist das Hemd näher als der Rock. Muss man verstehen.”

Mützenich will auch verstanden werden: “Ich mache das ja nicht aus taktischen Gründen oder aus Rabatz, sondern aus innerer Überzeugung”, sagt er. Es klingt fast wie eine Entschuldigung. Er packt in Ebersbach seine Sachen zusammen. Es geht zurück nach Berlin. Mütze hat für heute genug erklärt.

Rolf Mützenich