Die FDP verlangt eine grundlegende Überarbeitung des geplanten Heizungsgesetzes. Der derzeitige Entwurf habe „enorme Defizite“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag in Berlin. Derzeit werde über „punktuelle Reparaturmaßnahmen“ geredet. Solche „kosmetischen“ Änderungen seien aber nicht ausreichend. „Hier brauchen wir ein neues Gesetz im Prinzip“, sagte Djir-Sarai. „Dieses Gesetz in der Form wird nicht funktionieren und wird es auch mit der FDP nicht geben.“
Der vorliegende Entwurf für das Heizungsgesetz sei „ineffizient für das Klima“ und verunsichere die Menschen im Land, sagte der FDP-Generalsekretär, der unter anderem eine Fokussierung auf die Wärmepumpe kritisierte.
Forderungen der Koalitionspartner nach einer raschen Verabschiedung des Gesetzes wies Djir-Sarai zurück. Er könne sich nicht vorstellen, dass vor Sommerpause eine Einigung erzielt werden könne. Es seien zahlreiche Sachfragen zu klären, etwa zu staatlichen Förderungen, zur technischen Machbarkeit sowie zu wirtschaftlichen und finanziellen Aspekten. Seine Partei werde sich hierbei nicht unter Druck setzen lassen, betonte Djir-Sarai.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, hatte sich verärgert über die bremsende Rolle des Koalitionspartners FDP bei der Einbringung des Heizungsgesetzes in den Bundestag gezeigt. „Das bedauere ich, das nervt mich“, sagte Mützenich am Montag im ARD-„Morgenmagazin“ zu dem Thema. Er hoffe, „dass in den nächsten Stunden ein Umdenken möglich ist“, fügte der SPD-Fraktionschef hinzu.
„Die FDP muss in der Lage sein, auch zu belastbaren Beratungen im Deutschen Bundestag zu kommen“, sagte Mützenich. „Das kann man nicht außerparlamentarisch machen. Wir sind in einer Koalition.“ Der Koalitionspartner habe „noch 24 Stunden Zeit, der ersten Lesung des Gesetzes zuzustimmen“. Er halte es für realistisch, das Gesetz noch in dieser Woche in den Bundestag einzubringen, sagte Mützenich.
Der SPD-Politiker betonte erneut, dass auch seine Partei noch Veränderungen am Heizungsgesetz für notwendig halte. Insbesondere gehe es darum, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu überlasten. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Fördersummen gerade in diesem Bereich von normal arbeitenden Menschen größer ist als das, was da oben im Einkommenssegment ist“, schlug Mützenich vor. Dies könne entweder steuerlich oder über Direktförderung geschehen. Zudem sprach der Fraktionschef sich für eine Verlängerung der Übergangszeiten aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dringt beim Heizungsgesetz aufs Tempo. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag in Berlin, der Kanzler habe die Erwartung, „dass der Bundestag mit der nötigen Gründlichkeit, aber auch Schnelligkeit den Gesetzentwurf jetzt diskutiert“. Der Kanzler habe seine Zuversicht ausgedrückt, dass die Kernbestandteile des Gebäudeenergiegesetzes auch verabschiedet werden, sagte der Regierungssprecher weiter. „Und ein Kernbestandteil ist auch eine gewisse zeitliche Nähe, in der es in Kraft treten soll.“ Große Verschiebungen seien nicht zu befürchten.
Klingbeil will Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause
Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil hatte am Sonntag auf eine Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag noch vor der Sommerpause. „Die Bürgerinnen und Bürger brauchen Klarheit, auch was passiert ab dem 1. Januar 2024“, sagte Klingbeil in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Zugleich deutete er mögliche Änderungen an: „Wir rücken einige Dinge speziell in den Fokus: Zum Beispiel die Situation der Mieterinnen und Mieter, wo wir sagen, die müssen besonders geschützt werden.“
Klingbeil räumte ein, dass die Verunsicherung in der Bevölkerung „groß“ sei. „Es gibt kaum ein Thema, wo gerade die Bürgerinnen und Bürger sich so stark auch bei mir melden“. Die SPD müsse nun „dafür sorgen, dass niemand sich im Stich gelassen fühlt.“ Gleichzeitig könne auf Klimapolitik nicht einfach so verzichtet werden.
Kritik übte hingegen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im „Bericht aus Berlin“. „Bei diesem Heizungsgesetz hat man ja gesehen, was es bedeutet, wenn man mit dem Kopf durch die Wand versucht, Klimaschutz zu betreiben“, sagte Wissing. „Man verliert die Bevölkerung dabei.“
Auf die Nachfrage, ob er für ein Verschieben des Gesetzes sei, plädierte Wissing für eine Überarbeitung und verbesserte Kommunikation. Das bisherige Vorgehen habe „ganz offensichtlich“ zu einer „erheblichen Verärgerung gesorgt und zu erheblichen Widerständen auch in der Bevölkerung“.
Seit Wochen gibt es Streit über die Ausgestaltung der Pläne sowie den Zeitplan für die Gesetzesreform – zwischen Regierung und Opposition, aber auch innerhalb der Koalition.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erinnerte daran, dass die Ampel-Partner im Koalitionsausschuss Ende März vereinbart hätten, das Gebäudeenergiegesetz noch vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Der Regierungsentwurf sei zudem im Kabinett mit Zustimmung auch der FDP-geführten Ministerien verabschiedet worden. „Wenn sich die politischen Führungen ihres Wortes erinnern, also wissen, was sie unterschrieben haben und auch vertragstreu sein wollen und wissen, wie viel daran schon gearbeitet wurde, dann bleibt im Grunde nur noch die Frage zu klären: Was kann denn noch besser gemacht werden, wo kann Gutes noch besser gemacht werden?“
Den Regierungsplänen zufolge sollen Öl- und Gasheizungen ab 2024 nur noch in Ausnahmefällen eingebaut werden dürfen. Neue Heizungen sollen dann „möglichst“ zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Klassische Gas- und Ölheizungen können das nur erreichen, wenn sie etwa in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Es sind aber zahlreiche Ausnahmeregelungen vorgesehen.
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