Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hat die Aktionen der Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ kritisiert. „Ich verstehe natürlich deren Frust, Zorn, auch die existenzielle Angst“, sagte er im Interview mit dem „Stern“ (Donnerstagsausgabe). „Aber am Ende braucht ein politisches Ziel in einer Demokratie eine Mehrheit. Und dabei helfen Protestformen, die verärgern, nicht wirklich.“
Die Tabubrüche der Gruppe „Fridays for Future“ seien so klug dosiert gewesen, dass sich sehr viele Menschen dahinter versammeln konnten, fügte der Minister hinzu. „Sie haben nichts zerstört oder beschmutzt.“ Dies sei der große Unterschied zur „Letzten Generation“. „Hier erleben wir eine Radikalisierung der Wenigen. Das ist schlecht“, sagte Habeck. „Wer Klimapolitik aus einer Minderheitenposition heraus betreiben muss, hat schon verloren.“
Der Grünen-Politiker räumte ein, dass Deutschland genau wie der Rest der Welt beim Klimaschutz „Jahre zu spät“ dran sei. „Ja, es wird verdammt schwierig“, sagte er. Die Aufgabe sei „immens“. „Aber die Antwort darauf ist das konkrete Tun.“
In den vergangenen Wochen hatte vor allem die Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ durch Blockaden im Straßenverkehr, aber auch durch Angriffe auf Kunstwerke in Museen auf sich aufmerksam gemacht und eine Debatte über den Sinn solcher Aktionen losgetreten. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich kritisch über die Aktionen geäußert.
Habeck: Waffenlieferungen sind richtig, aber „auch eine Zumutung“
Habeck betonte in dem Interview zudem die Notwendigkeit von Waffenlieferung an die Ukraine. „Ich zweifle keinen Augenblick daran“, sagte der Grünen-Politiker. „Und trotzdem kann man das nicht leichtfertig beklatschen, wenn man sich klarmacht, dass von den 300 000 russischen Rekruten ein großer Teil verletzt oder sterben wird – auch durch Waffen, die wir geschickt haben. Ich. Die Freigabe trägt meine Unterschrift.“ Die Lieferungen seien „so richtig sie sind, auch eine Zumutung“, sagte der Vizekanzler.
Zur Abwehr des russischen Angriffskrieges lieferte Deutschland der Ukraine zuletzt etwa Gepard-Panzer und ein modernes Flugabwehr-System vom Typ Iris-T. Habeck hatte im Mai 2021, noch vor dem Beginn des Krieges, als einer der ersten deutschen Politiker auf einer Reise in die Ostukraine Waffenlieferungen zu Verteidigungszwecken für das Land gefordert.
2022 bezeichnete Habeck als „Jahr der Entscheidungen“. „Dieses Land und seine demokratischen Institutionen haben eine erstaunliche, fast wahnsinnige Leistungs- und Gestaltungsbereitschaft gezeigt“, sagte er. Als Beispiel nannte er die Arbeit seines Ministeriums. Die Beamten des Hauses hätten allein in den ersten zehn Monaten der Legislatur 27 Gesetzentwürfe ins Kabinett gebracht und 32 Verordnungen geschrieben – nur sechs weniger als in der gesamten Legislaturperiode davor. Das Tempo sei durch die multiplen Krisen beschleunigt worden, sagte der Bundeswirtschaftsminister. „Ich glaube trotzdem daran, dass Demokratien auch ohne den Druck eines Krieges lernfähig und veränderungsfähig sind.“