Ricky Bobby – König der Rennfahrer | Kritik | Film | critic.de

Ricky Bobby – König der Rennfahrer – Kritik

Will Ferrell ist Ricky Bobby, der Rennfahrer mit dem unbedingten Willen zum Sieg. Auch wenn die Komödie seinen Namen trägt, der eigentliche Star ist jemand anders.

Ricky Bobby – König der Rennfahrer

Der Lebensweg mancher Menschen scheint bereits im Bauch der Mutter vorgezeichnet zu sein. Schicksal oder Bestimmung nennt man es wohl, wenn das Kind einer Showbiz-Familie selber später in das Unterhaltungsgeschäft einsteigt. Das Kino greift diese vermeintlich evolutorische Logik gerne auf. Besonders evident ist eine solche Vererbungslehre im Genre des Sportfilms. Das Talent, was einem in die Wiege gelegt wurde, bildet die Basis für viele moderne Heldengeschichten, sei es im realen Leben oder auf der großen Leinwand.

Ricky Bobby (Will Ferrell) steht ganz in dieser Tradition. Den Bleifuss hat er von seinem Vater (Gary Cole) geerbt. Dessen Lebensmotto „Wenn Du nicht der Erste bist, bist Du das Letzte!“ wurde dem kleinen Bobby immer und immer wieder eingeimpft. Nachdem sein Vater die Familie verlassen hatte, gab es für Bobby nur das eine Ziel: eines Tages ein gefeierter und erfolgreicher Rennfahrer zu werden. Ein Traum, der wahr werden sollte. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere ist er der unangefochtene Star der NASCAR-Rennserie. Sponsoren reißen sich um das Gesicht des selbstbewussten American Hero, Medien und Fans liegen ihm zu Füßen. Rickys Privatleben verläuft gleichfalls beängstigend nahe an der Perfektion. Nicht nur, dass er eine Schönheitskönigin zur Frau hat, auch seine beiden Söhne erfüllen ihn mit Stolz.

Ricky Bobby – König der Rennfahrer

Doch bald schon legt sich ein Schatten über die Heile Welt-Glückseligkeit. In Ricky Bobby – König der Rennfahrer (Talladega Nights: The Ballad of Ricky Bobby) ist es ein Franzose, der Rickys Siegesserie beendet. Der eitle, überhebliche – politisch nicht wirklich korrekt – schwule (!) Formel 1-Pilot Jean Girard (Sacha Baron Cohen) übernimmt die dramaturgisch notwendige Rolle des großen Kontrahenten. Die Konstellation Sunnyboy versus Unsympath, USA versus Old Europe, nutzt der Film für eine Reihe subtiler Anspielungen auf die aktuelle politische Großwetterlage. So weigert sich unser Held auch unter der Androhung großer Schmerzen, die Überlegenheit französischer Kochkunst anzuerkennen. Wenn Ricky und seine Kumpels den Eindringling in der folgenden Auseinandersetzung mittels Taser – das sind die unter anderem von US-Skymarshalls zur Terroristenabwehr eingesetzten Elektroschocker – zurückdrängen wollen, weiß man als Zuschauer sehr genau, welche Blaupause zur Anwendung kam.

Nach der überaus erfolgreichen Zusammenarbeit an der ebenfalls fiktiven Biographie Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy (Anchorman: The Legend of Ron Burgundy, 2004) über einen Nachrichtensprecher in den 70er Jahren beschlossen Regisseur Adam McKay und sein Hauptdarsteller Will Ferrell sofort ein weiteres Projekt in Angriff zu nehmen. Schon lange hatten sie die Idee, eine Komödie im Umfeld der NASCAR-Rennserie anzusiedeln. Ferrell, der selber Sportjournalismus studiert hatte, schrieb gemeinsam mit Adams auch das Drehbuch. Beide kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Saturday Night Live (seit 1975), dem legendären Sprungbrett zahlreicher Comedy-Talente wie Bill Murray, Dan Aykroyd, Eddie Murphy und Billy Crystal. McKay war Gagschreiber bei SNL, Ferrell ein aufstrebender Komödiant.

Ricky Bobby – König der Rennfahrer

Obgleich sich ihre zweite gemeinsame Arbeit zweifellos als eine leichte Komödie einordnen lässt, der es nicht an bissigen Pointen, zotigen Wortduellen und wunderbar überdrehten Slapstick-Einfällen – Ferrells Kampf mit dem imaginären Feuer – mangelt, es bleiben nicht zuletzt die ruhigen Augenblicke in Erinnerung. Die Handlung verwendet auf die Schilderung der zaghaften Annäherung zwischen Bobby senior und seinem ehrgeizigen Sprössling mindestens soviel Zeit wie für die Durchleuchtung des Wahnsinns rund um die Rennstrecke. Je länger der Film andauert, desto mehr lernt man als Zuschauer McKays und Ferrells Comedy-Philosophie schätzen, nicht jede Szene mit einem Gag abschließen zu wollen. Nicht alles muss zwingend lustig sein. Eine echte Wohltat angesichts von verkrampft pubertären Zelluloidunfällen Marke Big Mama’s Haus 2 (Big Momma’s House 2, 2005). Ricky Bobbys Konfrontation mit dem, was man Schicksal nennen könnte, hat in Ansätzen auch tragische Momente zu bieten, allen voran in der wechselvollen Vater-Sohn-Konstellation und Rickys Eheleben. Der Originaltitel verweist nicht zufällig auf die Tradition der Ballade.

Dass Ferrells Porträt des erfolgsverwöhnten und dann geschassten Draufgängers dennoch nicht den nachhaltigsten Eindruck hinterlässt, hat einen einfachen Grund. Und der heißt Sacha Baron Cohen. Der britische Comedian, besser bekannt unter dem Namen seiner Kunstfigur Ali G, stiehlt mit der Verkörperung des snobistischen Ekelpakets Jean Girard sogar Ferrell die Schau. Allein seine französisch-distinguierte Aussprache des Namens „Ricky Bobby“ dürfte für so manche Lachattacke sorgen. Wer danach von Cohen nicht genug bekommen kann, dem kann geholfen werden. Am 2. November startet Borat (2006). Der gleichnamige zum Inventar der Ali G-Show (Da Ali G Show, 2003-2004) gehörende kasachische TV-Moderator bricht zu einem Chaos-Trip in die USA auf, um seine Landsleute über die „großartigste Nation auf der Welt“ zu informieren. Da scheint der nächste Clash of Cultures bereits vorprogrammiert.

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