Grünen-Politikerin Renate Künast hat mit ihrer Klage gegen Facebook beim Bundesverfassungsgericht einen Erfolg errungen. Das Gericht hat die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben.
Im Kampf gegen wüste Beschimpfungen auf Facebook hat die Grünen-Politikerin Renate Künast vor dem Bundesverfassungsgericht einen wichtigen Erfolg erzielt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter hoben Entscheidungen der Berliner Zivilgerichte auf, wie sie am heutigen Mittwoch mitteilten. Diese verletzten die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht. (Az. 1 BvR 1073/20)
Künast will Herausgabe von Facebook-Daten erreichen
Die Bundestagsabgeordnete geht seit Jahren vor Gericht gegen Facebook vor, um sich gegen aggressive Postings zu wehren. 2019 hatte die Debatte um die Haltung von Künasts Partei Bündnis 90/Die Grünen zu Pädophilie für einen Shitstorm gegen sie gesorgt. Hintergrund ist ein Einwurf Künasts aus dem Jahre 1986. Bei der damaligen Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus hatte sie laut Kritikern Pädophilie relativiert, wenn keine Gewalt im Spiel sei. Künast wies dies zurück.
Auf Facebook bezeichneten unbekannte Nutzer Künast trotzdem unter anderem als "Pädophilen-Trulla", "geisteskrank" oder "altes grünes Drecksschwein". Künast will erreichen, dass Facebook die Nutzerdaten der Kommentierenden an sie herausgibt, damit sie gerichtlich gegen sie vorgehen kann.
Rechtsstreit sorgte für Aufsehen
Der Rechtsstreit sorgte in den Jahren 2019 und 2020 bundesweit für Aufsehen und Empörung, weil das Berliner Landgericht die teils obszönen Beschimpfungen als "haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren" eingestuft hatte.
Dagegen ging Künast vor dem Kammergericht vor und hatte teilweise Erfolg: Die Berliner Zivilgerichte bewerteten nur einen Teil der Posts als strafbare Beleidigungen und verneinten für zehn weitere Kommentare einen Anspruch Künasts darauf, von Facebook die Daten der Kommentierenden zu erhalten.
Äußerungen müssen noch einmal geprüft werden
Das Bundesverfassungsgericht rügte jetzt, die Gerichte hätten nicht zwischen Künasts Persönlichkeitsrechten und der Meinungsfreiheit der Kommentierenden abgewogen. Sie seien zu pauschal davon ausgegangen, dass einige Äußerungen keine unzulässige Schmähkritik darstellten.
Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sind die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Gerichte müssen jetzt neu entscheiden und dabei den Richterspruch aus Karlsruhe berücksichtigen. Künasts Chancen, von Facebook weitere Nutzerdaten zu erhalten, dürften damit steigen.
Bedrohungen, Beleidigungen, Diskriminierungen oder sexuelle Belästigungen – wenn von Hatespeech im Netz die Rede ist, geht es vor allem um Gewalt und Hass auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter oder YouTube.