Interview zum 60er - Reinhard Nowak: „So schlecht schaue ich nicht aus“ | krone.at

Interview zum 60er

Reinhard Nowak: „So schlecht schaue ich nicht aus“

Wien
25.04.2024 09:00

Ob in „Muttertag“, „Kaisermühlen Blues“, „Die Lottosieger“ oder auf diversen Kabarett- und Theaterbühnen dieses Landes: Reinhard Nowak gehört zu den beliebtesten und erfolgreichsten Humoristen. Pünktlich zu seinem 60er sprachen wir mit ihm über Helmut Qualtinger, fehlende Angebote seitens des ORF und was eigentlich ihn selbst zum Lachen bringt.

„Krone“: Reinhard, am 28. April feierst du deinen 60. Geburtstag. Hand aufs Herz – diese Zahl tut heutzutage doch gar nicht mehr weh …
Reinhard Nowak:
Nicht wirklich. Es ist ein bisschen ein komisches Gefühl, wenn man nicht mehr 57 ist, aber in Wirklichkeit ist es nur eine Zahl. Wenn man halbwegs gesund lebt und sich mit den richtigen Ärzten vertraut gemacht hat, kann man gut beieinander sein. Als ich jung war, dachte ich, dass 60-Jährige komplett aus dem Leben wären, dass sie nur noch im Park sitzen und Tauben füttern. Ich bin sportlich sehr aktiv und kann auch sonst alle Freuden des Lebens genießen. Ich könnte ein bisschen weniger essen, fühle mich aber sehr wohl. Zudem höre ich noch immer dieselbe Musik wie früher. Es ist bei mir nicht der Fall, dass ich nicht mehr Led Zeppelin, sondern nur mehr Gabalier höre. Geistig fühle ich mich noch immer wie 25. Ich schaue gerne jungen Frauen nach und lächle sie an, aber sie lächeln dann nicht mehr zurück. Da gibt es mittlerweile eine gewisse Diskrepanz zwischen Geist und Körper.

Wobei – wenn du 40 Jahre später noch immer Led Zeppelin hörst, aber nicht Taylor Swift, macht dich das auch nicht ewig jung.
Ja eh. Die Tochter hatte unlängst ihren Freund mit und als wir über Musik geredet haben, hatte niemand eine Ahnung von Led Zeppelin. Aber das sind doch Klassiker! Offenbar wird heute nur mehr über TikTok und Spotify gehört und da kommen Bands wie Pink Floyd wohl nicht vor. Ich besitze mehr als 3000 CDs, von denen ich die meisten nicht mehr höre, und dort ist ein sehr breites Spektrum an Genres, das von Metal und Hardcore bis Free Jazz reicht. Von ABBA bis Zappa. Ich höre mir diese Songs aber auch nur mehr über Streaming an und spare mir das CD-Wechseln.

Zu den berühmtesten Menschen, die dein Alter teilen, gehört Brad Pitt. Ist das im Direktvergleich beängstigend oder motivierend?
Das kommt auch in meinem Kabarettprogramm vor. Kann Brad Pitt nicht endlich mal eine Wampe kriegen? Ich halte diese ewigen Vergleiche schon nicht mehr aus. (lacht) So schlecht schaue ich jetzt auch nicht aus, ein paar Kilo weniger wären gut. 60 ist das neue 40 und definitiv kein Alter mehr. Ich spiele in meinem Club leidenschaftlich gerne Tennis, wenn mir gerade nichts wehtut. Da spielen sogar noch 80-Jährige. Wenn man auf seinen Körper achtet, kann man lange ein gutes Leben führen. Ich würde es nicht aushalten, nicht mehr gehen zu können oder zur Untätigkeit gezwungen zu sein. Dass die Menschen im Schnitt immer älter werden, hilft halt auch jenen nichts, die krank sind und verkümmern.

Kommt dir deine Leidenschaft auf der Bühne und vor der Kamera im Kulturbereich für die geistige Fitness zugute?
Hoffentlich. Ich lerne Texte recht schnell und merke sie mir leicht, auch wenn es in den letzten Jahren schon ein bisschen länger gedauert hat. Ich spielte die letzten Jahre relativ viel Theater und da versetzt man sich in unterschiedliche Rollen. Es ist schon etwas ganz anderes, als wenn man nur ins Fernsehen oder ins iPad glotzt.

Deinen großen Durchbruch hattest du 1986 mit „Atompilz von links“, dem ersten Schlabarett-Stück mit Dorfer, Düringer und Händler. Bühnenluft hast du aber schon vorher geschnuppert ...
Ich bin exakt 40 Jahre auf der Bühne, auch ein Wahnsinn. Beim Stück „Der Rosenkavalier“ im Theater an der Josefstadt 1984 mit Helmut Qualtinger war ich Komparse. Qualtinger war für mich der ausschlaggebende Grund dafür, Schauspieler zu werden. Er war der einzig Natürliche am Theater und hat sich nicht verstellt. Das hat uns der legendäre Regisseur Herwig Seeböck auch immer so eingebläut. Der zweite Grund war, dass ich mit Roland Düringer in der HTL dieselbe Klasse besucht habe. So habe ich dann mit Schauspielunterricht begonnen. 1986 stieg ich beim Schlabarett ein. Ich wollte immer Leute zum Lachen bringen und hatte viel Tagesfreizeit. Ein 9-to-5-Job, wo jeden Tag dasselbe passiert, war für mich unvorstellbar. Ich brauche die Abwechslung und wenn ich nach einer Vorstellung in strahlende Gesichter blicke, ist das heute noch immer so schön wie am Anfang.

Deine Rolle bei „Atompilz von links“ war die des Peter Wustinger. Der echte Peter Wustinger war Mitgründer des Schlabarett, du bist ihm gefolgt. Hatte die Rolle etwas mit seiner echten Person zu tun?
Irgendwas nachzumachen ist nicht meines. Ich habe eine eigene Figur entwickelt und als „Wuzzlinger“ eine Brille getragen. Die Figur hat sich total anders entwickelt als geplant, was für mich eine gute Schule war. Ich habe das Improvisieren gelernt und mit Düringer habe ich mich immer um die letzte „Wuchtel“ gematcht. Man muss aber auch wissen, wann es reicht. Manchmal tut es der Szene gut, wenn man dieses Spiel verliert und nicht das letzte Wort hat.

Mit euren Programmen habt ihr die heimische Kabarettlandschaft geprägt und verändert. Gab es intern den Wettkampf, wer die besten Schmähs hat und am meisten bejubelt wird?
Es war sicher kein bewusster Gedanke von mir, aber man will natürlich Lacher ernten und lustig sein. Ob ich jetzt besser bin oder mehr Lacher kriege als der andere, das war mir vordergründig nicht wichtig. Wenn mir heute in einer Produktion für jemand anderen etwas Gutes einfällt, teile ich das gerne. Mir geht es um das Gesamte, denn am Ende geht es um das Stück. Die Leute sollen es sich anschauen, weil es so gut wie möglich ist und nicht, weil ich dabei bin. Wir haben damals sicher einen neuen Stil geprägt, weil wir als erste durchgehende Stücke hatten. Es gab nicht nur einzelne Themen, sondern einen Handlungsbogen über ein ganzes Programm entlang.

Ganz offiziell habt ihr euch auch nie aufgelöst, wenngleich Anfang der 90er-Jahre damit Schluss war. Du bist schon früher abgesprungen.
Ich bin damals eingesprungen und das nächste Programm, „Kultur gegen alle“, war mit Dorfer, Düringer und Eva Bilisich. Andrea Händler war da schon nicht mehr dabei. Ich habe damals die Technik für das Schlabarett gemacht. „Planlos“ war mit Dorfer, Bilisich und mit mir und dann gab es einen Vorläufer zur späteren Erfolgsserie „MA 2412“. Düringer wollte dann ein Duo-Programm mit Lukas Resetarits machen, der ihm aber absagte und so hat er sein erstes Soloprojekt gemacht. Dorfer kam dann mit Josef Hader zusammen und durch all diese Ausstreuungen hat sich das Schlabarett irgendwann verflüchtigt.

Reinhard Nowak im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein. (Bild: Reinhard Holl)
Reinhard Nowak im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.

Im Musikbusiness werden die größten Bands mit dicken Schecks auf Festivals gelockt, um wieder zusammenzukommen. Wäre so eine Schlabarett-Reunion denkbar?
(lacht) Bis jetzt ist noch keiner an mich herangetreten. Es wäre natürlich lustig, wenn wir einen Film machen würden. Es gab einmal die Idee, dass wir „Muttertag“ auf die Bühne bringen, das war vor etwa zehn Jahren. Das kam aus unterschiedlichen Gründen leider nicht zustande und für den Film „Muttertag 2“ wäre es jetzt auch schon ein bisschen spät.

Zum 30-Jahre-Jubiläum von „Muttertag“ warst du im Vorjahr aber bei einer Theaterproduktion dabei, die in Schwechat umgesetzt wurde.
Ich wurde gefragt, ob ich teilnehmen wollte und war dann der einzige aus der Originalbesetzung. Anfangs hielt ich das für einen Blödsinn, wollte das aber nach langer Zeit und den ganzen Jahren an Erfahrung doch spielen. Es war am Ende ganz witzig und den Leuten hat es auch gefallen.

Über die Bedeutung von „Muttertag“ in der österreichischen Komödienszene gibt es keine zwei Meinungen. Hängt dieser Megaerfolg manchmal ein bisschen schwergewichtig über deiner bunten Karriere?
Das wäre mir egal, wenn man mich wenigstens wieder in diese Rolle einziehen würde. Ich bekam seitens des ORF in den letzten Jahren sehr wenige Angebote, obwohl ich früher Teil von vielen erfolgreichen Produktionen war. Zuletzt war ich nur in Wiederholungen zu sehen. Ich würde die Rolle auf jeden Fall wieder spielen, weil sie mir viel Spaß gemacht hat. Film und Fernsehen ging zuletzt aber stark zurück.

Vor der Kamera zu stehen ist eine diametral andere Welt als live auf einer Bühne. Fühlst du dich in beiden Segmenten gleich wohl?
Das Erlebnis auf einer Bühne ist anders. Die Leute reagieren direkt, du kriegst das Feedback mit und musst immer spontan sein. Beim Film macht mir aber die genaue Arbeit Spaß und in einer Serie wie „Kaisermühlen Blues“ oder „Die Lottosieger“ kannst du über Jahre hinweg eine Figur entwickeln, die sich weiterbildet und die du im echten Leben nie sein könntest. Man erlebt viele verschiedene Situationen und wenn eine Serie Erfolg hat, kannst du auch viel experimentieren.

Du bist schon früh in deiner Karriere in das Schema des sympathischen und lustigen Verlierers gerutscht, weil deine Rollen dementsprechend waren. Würdest du dir wünschen, anders wahrgenommen zu werden?
Da patscherte Verlierer, genau. Bei ServusTV habe ich mit Fritz Karl einen Mörder gespielt, der alte Frauen umbringt. Das war spannend und ich habe das ganz gut hingekriegt. Seit Jahren erwähne ich in Interviews, dass ich gerne einen Kriminalkommissar in einer Serie spielen würde, aber mein Wunsch wurde leider nicht erhört. Jetzt tickt langsam die Uhr, denn mit 70 wird es zu spät. Wenn man nicht weiß, dass ich 60 bin, könnte ich vielleicht auch einen 56-Jährigen spielen, wenn die Maske Geduld hat. (lacht)

Was war denn für dich selbst in deiner langen Karriere die absolute Paraderolle, in der du dich besonders wohlgefühlt hast?
Das waren eindeutig „Die Lottosieger“. Ich hatte viel zu spielen, das Team war grandios und auch die Story und wie sie sich entwickelt hat. Die Geschichte war genial und das Ensemble sowieso. Ich hatte aber auch sehr schöne Zeiten mit „Kaisermühlen Blues“ und „Dolce Vita und Co.“ – Serien mag ich besonders und da hatte ich bei einigen viel Glück.

War es vor mehr als 40 Jahren dein großer Wunsch, einmal auf der Bühne und vor der Kamera zu stehen, oder hat sich das, wie so oft in diesem Bereich, eher zufällig ergeben?
In der HTL wusste ich noch nicht, wo ich hin möchte. Mir war mit 16 klar, dass ich nichts mit Maschinenbau zu tun haben will. Kurz haben mich Architektur und Archäologie interessiert und ich habe auch wahnsinnig gerne fotografiert. Bei der Akademie habe ich dann gesehen, dass man vorher am besten schon Filme gedreht und große Projekt bearbeitet haben sollte – und von 300 Bewerbern nehmen sie dann 20 auf. Nein danke, das war mir zu viel Arbeit für zu viel Ungewissheit. Ich habe dann Theaterwissenschaft studiert, war bei Qualtinger Komparse und so ging alles seinen Weg.

Gab es im Laufe deiner Karriere Rollen von Kollegen, die du gerne selbst gespielt hättest?
(lacht) Das habe ich mir bei verschiedenen Filmen oft gedacht – vor allem, weil ich so wenige Angebote hatte. Ich nenne natürlich keine Namen, aber ich habe mir schon öfters gedacht, warum der das spielt, denn ich könnte das viel besser. Ich kann einfach viel mehr als die Schubladen, in die ich immer gesteckt wurde, es zulassen. Bei vielen Produzenten und Regisseuren gibt es dafür zu wenig Vorstellungsvermögen oder sie sind nicht mutig genug, Leute einmal anders zu besetzen. Bei den Frauen ist es auch so, dass eine Handvoll alle Rollen spielen und sich dann die Leute fragen, ob es in Österreich kein variableres Casting gibt.

Das Humorempfinden und Humorverständnis ist einer permanenten Veränderung ausgesetzt. Begriffe wie Wokeness oder canceln sind auch dir nicht fremd. Legst du Humor heute auch anders an als vor 25-30 Jahren?
Das ist erst in den letzten zwei, drei Jahren so intensiv geworden, dass man als Dreadlocks-Träger kulturelle Aneignung begeht. Ich halte das alles für absoluten Blödsinn, denn mit der Zugangsweise würden wir überhaupt keine leiwande Rockmusik haben. Da ist fast alles von Schwarzen oder teilweise auch von afrikanischer Musik inspiriert. In „Muttertag“ habe ich mich als Schwarzer angemalt – okay, Blackfacing muss heute vielleicht nicht mehr sein, das ist mir auch klar. Ich merke, dass alle in unserer Branche Angst haben und besonders vorsichtig mit dem Thema umgehen. Waren früher zu wenige Frauen in Serien zu sehen, hat man heute das Gefühl, jede müsste zu 80 Prozent aus Frauen bestehen und als alter weißer Mann hast du sowieso keine Rollenberechtigung mehr.

Ich spiele gerade in einem Stück namens „Extrawurst“, das aus Deutschland kommt. Darin geht es um einen Tennisclub und das einzige türkische Mitglied, das für sein Halal-Fleisch einen eigenen Griller kriegt. Ich spiele den kalmierenden Klub-Obmann, aber es gibt auch einen, den man als Nazi bezeichnen könnte und den Türken selbst, der den Österreichern die Schuld gibt, dass so viele Türken im Land sind. Jeder einzelne ist politisch unkorrekt und man merkt, dass die Leute im Publikum sich wundern, was da teilweise möglich ist. Wir behandeln die aktuelle Diskussion sehr zeitgeistig. Ich finde, Humor sollte immer ein bisschen mehr dürfen, ohne jemanden persönlich zu verletzen. Man muss aber immer einen Schmäh über Dinge machen dürfen.

(Bild: Reinhard Holl)

Wo ist denn deine persönliche Humorgrenze? Worüber würdest du keine Witze mehr machen?
Bei allem, was mit Rassismus und Ausgrenzung zu tun hat. Integrationsdebatten in allen Ehren, aber ein jeder soll so sein dürfen, wie er ist. Ein Arschloch ist ein Arschloch, egal woher es kommt. Wenn man mit anderen Ethnien zusammenlebt, muss man sie auch so lassen, wie sie sind. Wenn ein Österreicher nach Thailand geht, verzichtet er auch nicht auf sein Schnitzel. Ich würde auch nicht ausschließlich thailändisch sprechen und alle Sitten übernehmen, wenn ich dorthin auswandern würde, sondern meine Identität bewahren wollen.

Es heißt immer: Humor soll nach oben treten und nicht nach unten.
Wenn, dann nach oben treten oder man tritt sich selbst. In meinen Programmen mache ich mich meist über mich selbst lustig und nicht über andere. Auch Frauenfeindlichkeit und Sexismus haben überhaupt nichts im Humor verloren. Wenn ich eine Figur spiele, die einen blöden Blondinenwitz macht oder „Tschuschen stinken“ sagt, ist das aber immer noch was anderes, als wenn ich das als Reinhard Nowak sage.

Deine Tochter Mina ist heute 16. Sie wird wahrscheinlich auch ein anderes Humorempfinden als du haben?
Na klar, die „Papa ist so peinlich“-Phase war vor ein paar Jahren noch wesentlich schlimmer. Das wurde deutlich besser. Mittlerweile war sie schon bei Produktionen dabei, wo ich mitspielte und findet das meiste ganz lustig.

Hat sich deine Tochter nicht überlegt, in deine Fußstapfen zu treten?
Ich wollte ihr das irgendwie näherbringen und sie hat in der Schule als zehnjährige Theater-Workshops gemacht und ein bisschen gespielt, aber sie wollte es partout nicht mehr machen. Es gab die Möglichkeit, dass sie im Zweiten Bezirk in ein Gymnasium mit einem eigenen Theaterzweig geht. Da ging es weniger darum, gleich Schauspielerin zu werden, sondern eher um die Rhetorik und das Selbstbewusstsein. Das hat sie aber nicht interessiert. In Österreich ist es aber eh wahnsinnig schwierig, davon leben zu können oder gut zu verdienen. Bei mir war es immer so, dass es gute und schlechte Phasen gab. Während Corona gab es überhaupt nichts zu tun und mit dieser Unsicherheit muss man auch leben lernen. So lernt sie einen gescheiten Beruf und hat vielleicht einen sicheren Job.

Wie geht es dir mit der jüngeren Generation an Kabarettisten und Humoristen – Mitmannsgruber, Pizzera und andere. Siehst du dir die Kollegen gerne selbst an?
Teilweise finde ich viele junge Leute extrem gut und lustig. Ich kenne sie aber meist nur aus dem Fernsehen, weil ich kein regelmäßiger Kabarettgeher bin. Ich muss ehrlich sagen, dass ich normal nur dann gehe, wenn mich die Kollegen einladen. Wenn man selbst so viel spielt, hat man daheim gerne mal seine Ruhe. Insgesamt gibt es heute aber sehr viel und es herrscht ein Überangebot. Viele davon erfüllen nicht meine Qualitätskriterien. Die Talentierten tun sich dann schwer, weil viele Leute im Publikum öfter enttäuscht wurden und dadurch nicht mehr hingehen. Das ist aber mehr eine Vermutung, einiges davon habe ich aber auch selbst gesehen und erlebt.

War es in den 2000er-Jahren für dich wesentlich leichter, im Kulturbereich an Jobs zu kommen als es heute der Fall ist? Ist die Branche schwieriger und undankbarer geworden?
Ich habe früher viel mehr Kabarett gespielt, weil es weniger Mitbewerb gab. Damals wurde alle zwei Jahre ein Veranstaltungsort gebucht, heute alle vier Jahre, weil der Mitbewerb höher ist. Während Corona wurde viel abgesagt und verschoben, als es wieder ging, kamen die Leute mit Maske nicht. Mittlerweile hat sich das Ganze wieder etwas normalisiert.

Hättest du als Künstler die Pandemiezeit überstanden ohne die finanzielle staatliche Unterstützung?
Ich habe nicht viel gekriegt, aber ein bisschen. Mir wurde aber auch Berufsverbot auferlegt. Kurz vor Ausbruch der Pandemie schafften sie eine Ausfallhaftung ab, für die wir etwas bekommen hatten.

Hast du dir zwischenzeitlich überlegt, ob du im gesetzteren Alter noch YouTuber werden müsstest?
Teilweise habe ich ja fürs Fernsehen ein paar Sketches gemacht, die dann auch im Internet landeten. Für eine „The Masked Singer“-Version habe ich daheim ein Video mit Maske aufgenommen und „Don’t Worry, Be Happy“ gesungen. Ich habe mir aber überlegt, was ich im schlimmsten Fall machen könnte. Umschulen lassen auf Postler oder Parksheriff? Schwierig. Ich wüsste nicht, was mir sonst Spaß macht oder was ich gut genug könnte, um damit Geld zu verdienen. Möglicherweise war ich aber auch zu faul, um intensiver darüber nachzudenken. Jetzt hoffe ich, dass ich meinen Job ausüben kann, bis ich abtrete. Teilweise muss ich das auch. Mit 65 kann ich sicher nicht in Pension gehen, weil die Pension für das Überleben nicht reichen würde.

Es heißt immer, Künstler gehen sowieso nicht in Pension, weil sie ihren Job viel zu leidenschaftlich ausüben. Ist an dem klischeehaften Gedanken was dran?
Die Kollegin Händler ging hochoffiziell in Pension, sie wollte nicht mehr spielen. Das ist auch total okay, aber für mich wäre das noch nichts. Ich habe noch viel zu viel Spaß auf der Bühne. Ich bin jetzt mit dem Programm „Südseefieber“ im Casanova zu sehen, in der Pension Schöller spiele ich und auch solo. Ein bisschen hoffe ich auch darauf, dass „Am Wörthersee“ zu einer Serie wird.

Du redest von dem hochprofessionellen Trailer, der am 1. April veröffentlicht wurde und sich dann anfangs als PR-Gag erwies?
Ja, das haben sie gut gemacht, aber die ganze Planung hatte schon Hand und Fuß. Das Land Kärnten und der Tourismus haben ordentlich Budget hineingebuttert und auf YouTube wurde der Trailer schon mehr als 1,5 Millionen Mal aufgerufen. Das ist eine amtliche Zahl, mit der man auch bei Streamingdiensten vorstellig werden kann. Vielleicht drehen wir da noch, denn das Konzept würde stehen und mir würde es großen Spaß machen. Vielleicht wäre auch der ORF interessiert, aber wenn man den Aufwand des Trailers weiterführt, dann muss da schon viel Geld fließen. In Österreich gibt es viel Gutes, wie die aktuelle Netflix-Serie „Crooks“. Die ist unglaublich gut gemacht und braucht sich international überhaupt nicht zu verstecken.

Was bringt einen Menschen wie dich, der andere gerne und oft zum Lachen bringt, selbst zum Lachen?
Je älter man wird, umso weniger kann einen begeistern, weil man schon viel gesehen hat. Ich mag Situationskomik. Meine Frau und ich schauen sehr gerne „Lass es, Larry!“, das ist eine Improvisations-Sitcom mit Larry David, der „Seinfeld“ kreiert hat, eine weitere geniale Serie. Er ist ein völlig grantiger Misanthrop, der alles kritisiert und nur herumfäult. Außerdem spielt er Golf, so wie ich auch. (lacht) Es ist schwer zu beschreiben, aber ich mag diesen wirklich beißenden Humor. Ricky Gervais hat dahingehend auch großes Talent, den schätze ich irrsinnig.

(Bild: Reinhard Holl)

Trifft auf dich das Klischee des Humoristen zu, der im wahren Leben eigentlich zartfühlend, sensibel und melancholisch ist?
Melancholisch bin ich vielleicht nicht, sensibel schon eher. Ich kann auch stur sein. Wenn ich weiß, dass ich recht habe, dann habe ich recht und da bringt mich auch nichts davon ab. Wenn ich zu sehr getriezt werde, kann ich durchaus auch laut werden und schimpfen. Etwa beim Autofahren. (lacht) Blöd ist nur, wenn sie mich dann beim Vorbeifahren erkennen und sich dann denken, der soll sich doch mit dem Hubschrauber fortbewegen, wenn er die Straße nicht im Griff hat, der Lottosieger. (lacht) Ich bin halt auch nur ein Mensch, aber definitiv bescheiden geblieben. Im Laufe der Jahre bin ich durch meine Bekanntheit nicht überheblich geworden, sondern ganz natürlich. Wenn Leute mich kennenlernen, merken sie schnell, dass ich ganz normal bin und das mögen sie auch. Da gibt es in unserer Zunft auch andere Kandidaten.

Was steht bei dir in näherer Zukunft so alles an? Womit dürfen wir rechnen?
„Südseefieber“ im Casanova, dann ein Sommertheater, wo ich dann auch 2025 engagiert bin. Im Herbst spiele ich das Stück „Extrawurst“ im Casanova und irgendwann muss ich auch mal ein neues Kabarett machen. Außerdem hoffe ich, dass aus der Wörthersee-Idee eine Serie wird. Und natürlich der ewige Traum eines Kriminalkommissars. Oder so eine Rolle, wie sie Gary Oldman in der tollen Apple-Serie „Slow Horses“ hat.

Nowak auf der Bühne
In den nächsten Wochen und Monaten ist Reinhard Nowak mit diversen Produktionen auf der Bühne zu sehen. Im Wiener Casanova mit „Südseefieber“ und „Extrawurst“. Im Stadttheater Berndorf ist er im Sommer mit der „Pension Schöller“ zu sehen und auch solo ist Nowak immer wieder unterwegs. Unter www.reinhardnowak.at finden Sie für gewöhnlich alle Termine und Informationen.

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