Tödlicher Crash: Beamte ließen betrunkenen Soldaten fahren
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Alkoholfahrt auf A20

Tödlicher Crash bei Wismar: Zwei Polizisten wegen schwerer Fehler angeklagt  

Wismar / Lübeck / Lesedauer: 3 min

Christopher R. baute bei Wismar einen Unfall, bei dem zwei Menschen starben. Zwei Polizisten wird vorgeworfen, den betrunkenen Soldaten nicht aus dem Verkehr gezogen zu haben.
Veröffentlicht:24.04.2024, 18:08

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Hätten die beiden Polizisten bei einer Kontrolle auf einem Parkplatz auf der A20 Fahrer Christopher R. doch bloß die Autoschlüssel weggenommen. Dann wäre der tragische Unfall bei Wismar nicht passiert, bei dem zwei Menschen ihr Leben verloren. So aber konnte der alkoholisierte Bundeswehrsoldat die Fahrt fortsetzen. Das Vorgehen der Beamten hat nun juristische Konsequenzen. Sie stehen demnächst vor Gericht.      

Polizisten wegen fahrlässiger Tötung angeklagt 

Die Staatsanwaltschaft hat die beiden Polizisten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen vor dem Amtsgericht Lübeck angeklagt, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte. Der Prozess soll am 15. Mai beginnen. Unfallverursacher R. muss sich wegen fahrlässiger Tötung bereits seit Januar vor dem Amtsgericht Wismar verantworten.

Soldat fahruntüchtig – die Beamten merkten es nicht

Mit rund 240 Kilometern pro Stunde war der Bundeswehrsoldat in einer August-Nacht 2020 in seinem BMW nach Angaben der Staatsanwaltschaft über die A20 gerast. Bei Triwalk rammte er einen Kleinwagen. In dem Pkw starben der 45-jährige Fahrer und eine 19-jährige Mitfahrerin aus dem Kreis Vorpommern-Greifswald; ein 19-jähriger Insasse wurde schwer verletzt. Über zwei 2,0 Promille Atemalkohol wurden bei dem Bundeswehrsoldaten festgestellt.

Einsatzkräfte an der Unfallstelle auf der A20 bei Wismar im Sommer 2020.
Einsatzkräfte an der Unfallstelle auf der A20 bei Wismar im Sommer 2020. (Foto: Freiwillige Feuerwehr Wismar Friedenshof)

Den beiden Polizisten wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, bei der Kontrolle die Weiterfahrt des Soldaten nicht unterbunden zu haben. „... obwohl sie hätten erkennen müssen, dass der Pkw-Fahrer aufgrund vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig gewesen sein soll“, heißt es in einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.   

R. sollte lediglich eine Ruhepause einlegen 

Die Polizei war in der Unfall-Nacht von einem Autofahrer über die unsichere Fahrweise von R. informiert worden. Demnach fuhr der Soldat Schlangenlinien und soll laut einem Bericht der Bild-Zeitung sogar die Leitplanke touchiert haben. Auf einem Parkplatz bei Lübeck wurde der Soldat von einer Streife kontrolliert. Rund eine halbe Stunde dauerte die Überprüfung. Einen Atemalkoholtest lehnte R. ab. Die Beamten nahmen zwar im Innenraum des BMW eine Messung nach Alkohol vor, konnten dabei aber nichts feststellen.     

Seine auffällige Fahrweise soll R. gegenüber den Polizisten mit Schlafmangel erklärt haben. Die Beamten sollen daraufhin „lediglich eine Ruhepause von 30 Minuten“ angeordnet haben, erklärt die Staatsanwaltschaft Lüneburg. Die Zwangspause habe R. jedoch ignoriert. Als die Polizisten die Kontrollstelle verlassen haben, setzte  der Soldat seine Fahrt fort, die in dem tragischen Unfall ihr Ende fand.       

Polizisten ordneten keine Blutprobe an

Die Ermittler werfen den beiden Polizisten schwere Versäumnisse vor. Unter anderem sollen sie es unterlassen haben, „die Entnahme einer Blutprobe anzuordnen“. Zudem hätten die Beamten die Weiterfahrt von R. nicht verhindert, „etwa durch eine Wegnahme der Fahrzeugschlüssel, eine Beschlagnahme des Führerscheins oder andere gleich geeignete Maßnahmen“.

Schwere Vorwürfe über das Vorgehen der Polizisten hatte im Prozess gegen Christopher R. bereits ein Anwalt der Nebenklage erhoben. Dass der Soldat wegen seiner auffälligen Fahrweise von der Polizei nicht aus dem Verkehr gezogen wurde, war für Rechtsanwalt Tilo Bals „nicht erklärbar“. Selbst Schlafmangel hätte laut Bals ausgereicht, um dem Soldaten die Weiterfahrt zu verbieten. Auch Übermüdung stellt eine Gefährdung des Straßenverkehrs dar, hatte der Anwalt zum Prozessauftakt gegen R. erklärt.