Durch den Kiez

Ralph Kretschmar: "Heimat ist ein Puzzle im Kopf"

Der Schauspieler Ralph Kretschmar ist in Berlin aufgewachsen und wohnt in Friedrichshain.
Der Schauspieler Ralph Kretschmar ist in Berlin aufgewachsen und wohnt in Friedrichshain. Zur Foto-Galerie
Friedrichshain Sportler, Musiker, Model, Schauspieler, Autor Ralph Kretschmars Talente sind breit gestreut. Uns verrät er, was er am Traumschiff findet, wie viel Ossi noch in ihm steckt und wo du Klein-Paris mitten in Berlin findest.

Wir treffen Ralph Kretschmar am Petersburger Platz, nur wenige Meter von seiner Altbauwohnung entfernt, in der er seit 2008 lebt. „Es war totaler Zufall, dass ich hier gelandet bin“, gibt der große Mann mit den Wuschelhaaren und dem einnehmenden Lächeln zu. „Hier hat einfach alles gepasst. Ich wohne in einer echten Jackpot-Wohnung. Der Hausflur wurde von Künstlern gestaltet und unser Hinterhof ist eine kleine mediterrane Oase“, schwärmt der Schauspieler. Und das mitten in der Party-Hochburg Friedrichshain.

Der Kiez ist Kretschmar über die Jahre ans Herz gewachsen. „In Friedrichshain ist der Drang nach Luxus noch nicht so von Belang, das schätze ich an diesem Bezirk“, sagt er. Und hat einen eigenwilligen Liebling: die Videothek gleich nebenan, in der er sich gern Arthouse-Filme ausleiht. „Die Videothek versorgt mich nachts, wenn ich einen Popcorn-Flash bekomme. Und amerikanische Süßigkeiten oder auch Ben & Jerry’s Eis gibt es ja leider nicht bei jedem Späti, aber dort.“ Und dann ist da noch die Pizzeria Pomodorino ein paar Meter weiter. Hier bekommt man die, wie Ralph sagt, „wirklich beste Pizza der Stadt.“ Ihr macht nur die Pizza Nostra in Prenzlauer Berg mit ihrem himmlischen Tiramisu Konkurrenz. Auch in diesem ehemaligen Ost-Bezirk kennt sich Ralph bestens aus. Immerhin hat er seine Kindheit rund um die Schönhauser Allee verbracht.

Früher hat er auf die Lichter im Westen geguckt

Mit seinem früheren Kiez verbindet Ralph seine eindrücklichste Erinnerung an die geteilte Stadt: Als Junge stieg der begabte Nachwuchssportler der seinen Abschluss später übrigens an der Hochschule für Leistungssport machte mit seinen Kumpels gern auf eine Erhebung am Kantianstadion im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. „Dort haben wir dann ewig gesessen und auf die Lichter drüben im Westen geguckt. Die waren einfach so wahnsinnig bunt und hell wie in einer anderen Welt“, erinnert er sich. Auf den Boden der Tatsachen wurde der junge Kretschmar schnell zurückgeholt, als er kurz nach der Wende seinen ersten Ausflug in den ehemaligen Westen machte. „Wir fuhren nach Moabit und da war es dann eigentlich gar nicht so spektakulär“, schmunzelt der Berliner.

Mit dem Prenzlauer Berg verbindet Ralph jedoch noch immer ein starkes Heimatgefühl. „Heimat ist für mich so etwas wie ein Puzzle im Kopf, das sich aus Straßen und wichtigen Adressen zusammensetzt. Wenn ich heute an dem alten Bäcker in der Pappelallee, dem Colosseum oder der Gethsemanekirche vorbeilaufe, dann ist mir einfach sofort wieder alles total vertraut“, so der Mann, der nach dem Abi aus einer „Bauchentscheidung“ heraus beschloss, die Karriere als Profisportler an den Nagel zu hängen. Nach einigen Modeljobs bewarb er sich schließlich an der Schauspielschule Der Kreis und ist seither im Fernsehen und auf großer Leinwand zu sehen.

Das Traumschiff ist nicht nur was für Mutti

Aktuell erlebst du ihn im Traumschiff und Ralph ist mächtig stolz auf seine Rolle in der Serie, die viele eher aus dem Wohnzimmer ihrer Eltern und Großeltern kennen: „Schon als kleiner Junge aus dem Osten habe ich Traumschiff geguckt und dachte, diese Orte werde ich wohl nie sehen können. Da mitzuspielen war nie ein bewusster Wunsch, aber jetzt fühlt es sich an, wie ein gelebter Kindheitstraum.“

Ralph Kretschmar beim Dreh von "Traumschiff – Kuba". ©Promo

Gerade war er für den Dreh der letzten Folge unter Traumschiff-Erfinder Wolfgang Rademann auch in der Karibik und auf dem Atlantik unterwegs. Aber vor allem Kuba hat Eindruck hinterlassen: „Als kleiner ‚Ossi‘ habe ich damals auf die Besucher aus dem Westen geschaut und mir gewünscht, ich könnte einmal überall dort hin wo sie hin dürfen. In ihnen habe ich die Freiheit gesehen, die mir verwehrt wurde. Auf Kuba habe ich dieselbe Energie gespürt doch nun war ich der ‚Westdeutsche‘ und diese stille Sehnsucht lag in den Blicken der Kubaner. Ich bin sehr dankbar für den Fall der Mauer, auch jetzt noch.“

Ausruhen will sich der 36-Jährige trotz seiner vielen Reisen aber nicht: „Ich brenne für jedes Projekt und suche immer nach neuen Möglichkeiten, mich zu verwirklichen.“ Und das muss eben nicht vor der Kamera sein. Als Musiker schraubt Ralph an seinem eigenen elektronischen Stil. Außerdem arbeitet er an seinem dritten Buch. Dieses Mal gibt es Fantasy für Kinder: „Neujahr 2015 bin ich aufgewacht mit einer Idee von einer bunten Welt im Kopf.“ Inspiration für Ralphs letzten Roman lieferten dagegen die Ruhe in der Wohnung eines Freundes am Lietzensee und die Schreibmaschine seiner Oma. „Die alte Schreibmaschine ist perfekt, um kleine Schlechte-Laune-Anekdoten lautstark in das Papier zu tippen. Danach fühlt man sich sofort erleichtert“, lacht er.

Die geheimen Plätze in Klein-Paris

Und was macht der Schauspieler sonst, um den Kopf frei zu bekommen? Sich im The Bird mit bestem Burger-Junkfood versorgen oder den „besten Espresso Martini in ganz Deutschland“ in der Rivabar trinken zum Beispiel. Oder in sein eigenes „Klein-Paris mitten in Berlin“ flüchten die Gegend zwischen Hackeschem Markt, Museumsinsel und dem Lustgarten. „Die Architektur mit dem orangenen Licht der alten Straßenbeleuchtung bietet einige Geheimspots. Diese spezielle Atmosphäre kommt natürlich vor allem nachts auf, wenn es dunkel ist und keine Touristen mehr unterwegs sind.“

So richtig düster wird es um Ralph aber in seiner nächsten Rolle: In der Tukur-Verfilmung Taunuskrimi Die Lebenden und die Toten geht es um einen Serienmörder, Organtransplantationen und ein schwieriges Vater-Sohn-Verhältnis. Außerdem wird der Berliner sich in der Vorabend-Serie Wasserschutzpolizei Bodensee wieder von seiner sportlichen Seite zeigen. Bleibt zu hoffen, dass Kretschmar immer wieder in seine alte Heimat zurückkehrt und seine Fans mit neuen Projekten überrascht. Alles andere wäre nämlich irgendwie ganz schön schade.

Ralph Kretschmar mit Saskia Rosendahl und Ulrich Tukur beim Taunuskrimi. ©Promo


Das Traumschiff Kuba läuft am 1. Januar 2017 im ZDF. Im Zweiteiler Die Lebenden und die Toten ein Taunuskrimi siehst du Ralph Kretschmar am 2. und am 4. Januar jeweils um 20.15 Uhr im ZDF.

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Pizza Pomodorino, Straßmannstraße 21, 10249 Berlin

Telefon 030 60930449

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