Wer gedacht h�tte, die deutsche Geschichte ist allein etwas f�r ARD und ZDF, sieht sich� angenehm get�uscht. "Prager Botschaft" bietet Charaktere, die keine Steigb�gelhalter sind f�r ein Melodram vor historischem Hintergrund, und am Prager Zaun dr�ngen sich "Jungstars" wie Christoph Bach, Valerie Koch, Hinnerk Sch�nemann und Anneke Kim Sarnau.
„Liebe Landsleute, wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …“ Der Rest des Satzes („in die Bundesrepublik Deutschland m�glich sein wird“), den der damalige Au�enminister Hans-Dietrich Genscher vom Balkon der Prager Botschaft den rund 4000 DDR-Fl�chtlingen zurief, ging im Jubelgeschrei der Menge unter. Tr�nen der Freude nach Wochen der Anspannung. Ausharren auf engstem Raum, unzureichende Versorgung, nicht wissen, was die Zukunft bringt. Dieser Satz lie� all das Gewesene vergessen. Den �bergl�cklichen Ex-DDR-B�rgern erm�glichte er den ersehnten Neuanfang im Westen. Politisch gesehen beschleunigten die Ereignisse von Prag den Abgesang der DDR und machten den Weg frei f�r die deutsche Wiedervereinigung – nur ein Jahr sp�ter.
Bei der Heldin des RTL-Politdramas „Prager Botschaft“ mischen sich die Tr�nen der Freude mit Tr�nen des Schmerzes. Ihre Liebsten sind nicht bei ihr, k�nnen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit ausreisen. Dabei hatte ihr Mann Stefan die Idee, „r�berzumachen“. Ihre Hochzeitsreise nach Prag war die beste Tarnung. Alles hatte Stefan bis ins Detail geplant. Bettina sollte in der Botschaft ausharren, derweil er ihren Sohn nachholen w�rde. Was allerdings nicht zu planen war: der beste Freund der beiden, der sie schon l�nger bespitzelte, verpfeift ihn an die Stasi. Ein Sicherheitsrisiko f�r die gemeinsame Zukunft der Familie ganz anderer Art ist Georg Stein. Er ist der Kulturattach� in der Prager Botschaft und war vor Jahren der Geliebte Bettinas. Er wollte sie in den Westen holen, doch sie entschied sich damals im letzten Augenblick f�r Stefan und die DDR.
Wer gedacht h�tte, die deutsch-deutsche Geschichte ist allein etwas f�r ARD und ZDF, sieht sich angenehm get�uscht. Zwar geht heute kaum ein historisches Drama ohne Liebesdreieck, aber Autorin Rodica D�hnert schlachtet die Leidenschaften nicht emotionalisierend, sondern allenfalls dramaturgisch aus: Statt eines versp�teten „Zweikampfs“ der m�nnlichen Konkurrenten mutiert der Ex-Freund zu einem in jeder Hinsicht diplomatischen Helfershelfer. „Es geht nicht vordergr�ndig um eine Liebesgeschichte, sondern um Charaktere, die stellvertretend f�r die Menschen jener revolution�ren Tage stehen“, betont denn auch die Drehbuchautorin Rodica D�hnert.
Dass die Charaktere mehr sind als nur Steigb�gelhalter f�r ein Melodram vor historischem Hintergrund, das liegt auch an den Schauspielern. Keine Stars, sondern neben Hans-Werner Meyer in vorderster Reihe am Prager Zaun Schauspieler, die zu den Ausnahmetalenten der j�ngeren Generation z�hlen: Christoph Bach, Valerie Koch, Hinnerk Sch�nemann und vor allem die Hauptdarstellerin, die doppelte Grimme-Preistr�gerin Anneke Kim Sarnau. Sie bezeichnet die Rolle als ein Gl�cksfall. In ihrer Figur, auf ihrem Gesicht spiegeln sich die menschlichen Dramen, die Stimmungsschwankungen und Gef�hlslagen jener Tage. In einer Szene kann ihre Bettina der DDR-Obrigkeit mal so richtig die Meinung sagen. Sarnau selbst kann sich �hnlich ereifern: „In der DDR wurden Reformw�nsche einfach f�r verfassungswidrig erkl�rt. Das ist eine bodenlose Frechheit!“ (Text-Stand: 23.9.2007)
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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