Auszug
Pierre Bourdieu war ein Kultur- und Bildungssoziologe, der sich als Aufklärer verstand und mit seinem gesamten Werk eine Methode der pädagogischen Aufklärung zur Verfügung gestellt hat. Erst der Durchgang durch eine möglichst umfassende empirisch fundierte wissenschaftliche Aufklärung des pädagogischen Feldes (einschließlich der zugehörigen wissenschaftlichen Disziplinen) macht eine praktische Pädagogik möglich, die nicht blind zur Reproduktion der vorgefundenen gesellschaftlichen Ungleichheit beiträgt, sondern im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten tatsächlich zur Förderung bisher systematisch benachteiligter Gruppen beizutragen vermag, lautet seine zentrale pädagogische Botschaft.
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Literatur
Bibliographie
Mörth, I./Fröhlich, G.: http://hyperbourdieu.jku.at
Artikel „Pierre Bourdieu“: http://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Bourdieu
Primärquellen
Bourdieu, P./ Passeron, J.-C. (1971): Die Illusion der Chancengleichheit. Untersuchungen zur Soziologie des Bildungswesens am Beispiel Frankreichs. Stuttgart. Mit diesem gegenüber den großen Hoffnungen auf die Bildungsreform skeptischen Band sind Bourdieu und Passeron in Deutschland bekannt geworden. Die Autoren warnen eindringlich vor einer Überschätzung der emanzipatorischen Potentiale des Bildungswesens und begründen vor diesem Hintergrund ihr Konzept einer „rationalen Pädagogik“.
Bourdieu, P. (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a.M. Die aufwändige, methodologisch hoch elaborierte empirische Analyse der französischen Kultur stellt das ästhetische Urteil und die ästhetischen Denk-, Wahrnehmungs-und Handlungsmuster in den Kontext der Reproduktion gesellschaftlicher Ungleichheit. Der scheinbar so individuelle Geschmack erweist sich als ganz und gar gesellschaftlich und als eine der wirksamsten Strategien sozialer Abgrenzung, als Notwendigkeitsgeschmack der unteren Schichten, als Prätentiosität der Kleinbürger und als Sinn für Distinktion der Oberschichten.
Bourdieu, P. (1987): Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a.M. Das theoretisch und methodologisch zentrierte Buch gibt einen sehr guten Einblick in die praxeologische Erkenntnistheorie. Vor dem Hintergrund der Kritik des „Objektivismus“ und des „Subjektivismus“ werden die Grundkategorien des praxeologischen Ansatzes systematisch dargestellt und an Beispielen demonstriert.
Bourdieu, P. (2001): Wie die Kultur zum Bauern kommt. Über Bildung, Schule und Politik. Hamburg. Der Band versammelt bildungssoziologische Beiträge aus den verschiedenen Schaffensperioden. Er bietet damit einen guten Einblick in die zentralen theoretischen Konzepte und empirischen Ergebnisse, aber auch in die bildungspolitischen und pädagogischen Schlussfolgerungen aus den gewonnenen Einsichten. Er ist besonders für einen ersten Einstieg in das bildungssoziologische Werk geeignet.
Sekundärquellen
Liebau, E. (1987): Gesellschaftliches Subjekt und Erziehung. Zur pädagogischen Bedeutung der Sozialisationstheorien von Pierre Bourdieu und Ulrich Oevermann. Weinheim/München. Der Band bietet eine systematische Darstellung des praxeologischen Ansatzes aus allgemein-und schulpädagogischer Perspektive. Dargestellt und miteinander verglichen werden die erkenntnistheoretischen und methodologischen Konzepte, die sozialisationstheoretischen Grundannahmen und die pädagogischen Programme der beiden Protagonisten.
Gebauer, G./ Wulf, C. (Hg.) (1993): Praxis und Ästhetik. Neue Perspektiven im Denken Pierre Bourdieus. Frankfurt a.M. Dieses Buch versammelt französische, deutsche und amerikanische Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen, darunter drei Beiträge von Bourdieu selbst. Pierre Bourdieu ist im Jahre 1989 zum Ehrendoktor der Freien Universität Berlin ernannt worden; der Band geht teilweise auf in diesem Zusammenhang entstandene Beiträge zurück.
Fuchs-Heinritz, W./ König, A. (2005): Pierre Bourdieu. Konstanz. Der Band stellt die aktuellste Einführung in das Werk Bourdieus dar. Er ist in zwei Teile gegliedert; zunächst werden zentrale Werke Bourdieus präsentiert; dann werden die Konzepte und Instrumente näher und dabei gut lesbar erläutert. Der Band enthält auch ein ausführliches Literaturverzeichnis.
Vester, M. u.a. (2001): Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Frankfurt a.M. Dieser Veröffentlichung liegt ein großes empirisches Forschungsprojekt zugrunde, das die Konzepte von Bourdieu auf Deutschland angewendet hat. Es umfasste langjährige qualitative und quantitative Forschungen in drei ausgewählten Regionen und eine repräsentative Befragung für das Gebiet der alten Bundesrepublik. Inhaltlich geht es um die konkrete empirische Analyse des Wandels der Sozialstruktur.
Zitierte Literatur
Bourdieu, P./ Passeron, J.C. (1973): Grundlagen einer Theorie der symbolischen Gewalt. Frankfurt a.M.
Bourdieu, P. (1979): Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a.M.
Bourdieu, P. u.a. (1981): Titel und Stelle. Über die Reproduktion sozialer Macht. Frankfurt a.M.
Bourdieu, P. (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Kreckel, R. (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen. S. 183–198 (Soziale Welt, Sonderband 2).
Bourdieu, P. (1985): Sozialer Raum und >Klassen<. Lecon sur la lecon. Zwei Vorlesungen. Frankfurt a.M.
Bourdieu, P./ Schwibs, B. (1985): „Vernunft ist eine historische Errungenschaft, wie die Sozialversicherung.“ Bernd Schwibs im Gespräch mit Pierre Bourdieu. In: Neue Sammlung. 25. Jg. S. 376–394.
Bourdieu, P. (1997): Das Elend der Welt. Frankfurt a.M.
Collège de France (1985): Propositions pour l’enseignement de l’avenir. Elaborées à la demande de M. le Président de la République par les Professeurs du Collège de France. Mimeo. Paris (deutsche Übersetzung: Vorschläge für das Bildungswesen der Zukunft. In: Müller-Rolli, S. (Hg.): Das Bildungswesen der Zukunft. Stuttgart. S. 253–282)
Fauser, P./ Fintelmann, K./ Flitner, A. (Hg.) (1983): Lernen mit Kopf und Hand. Berichte und Anstöße zum praktischen Lernen in der Schule. Weinheim.
Klafki, W. (1985): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim.
Klemm, K./ Rolff, H.-G./ Tillmann, K.-J. (1985): Bildung für das Jahr 2000. Bilanz der Reform, Zukunft der Schule. Reinbek.
Liebau, E. (1987): Gesellschaftliches Subjekt und Erziehung. Zur pädagogischen Bedeutung der Sozialisationstheorien von Pierre Bourdieu und Ulrich Oevermann. Weinheim/München.
Liebau, E. (2006): Der Störenfried. Warum Pädagogen Bourdieu nicht mögen. In: Friebertshäuser, B./ Rieger-Ladich, M./ Wigger, L. (Hg.): Reflexive Erziehungswissenschaft. Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu. Wiesbaden. S. 41–58.
Pfeffer, G. (1984): Das fehlende Positive. Sozialdeterministische Aspekte bei Bourdieu und ihr möglicher „Aufklärungswert“. In: Neue Sammlung. 24. Jg. S. 279–297.
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Liebau, E. (2008). Pierre Bourdieu (1930–2002). In: Dollinger, B. (eds) Klassiker der Pädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91203-5_16
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