„Sugar Baby“-Star Peter Kraus wird 85: Der charmante Rockstar
  1. Startseite
  2. Kultur

Peter Kraus wird 85: Der charmante Rockstar

KommentareDrucken

Coole bunte Socke: Sänger, Schauspieler und Entertainer Peter Kraus, auch mit 85 Jahren fit und gut drauf wie immer.
Coole bunte Socke: Sänger, Schauspieler und Entertainer Peter Kraus, auch mit 85 Jahren fit und gut drauf wie immer. © Martin Hangen

Entertainer Peter Kraus feiert seinen 85. Geburtstag mit einem großen Konzert in der Münchner Isarphilharmonie. Ein Gespräch mit Kraus über die Lust am Leben.

Man fasst es nicht. Am 18. März 2024 wird Peter Kraus 85 Jahre alt. Der Sänger („Sugar Baby“), Schauspieler und Entertainer, der noch immer seine Hüften kreisen lässt wie als Teenie-Star mit 20, dreht auch am Jubiläumstag begeistert auf: Um 19.30 Uhr gibt er am 18. März 2024 ein Geburtstagskonzert in der Isarphilharmonie (Restkarten an der Abendkasse). Wir trafen den charmanten Optimisten vorab im Augustinerkeller. Ein Gespräch über miese Lieder, schöne Frauen – und die Lust am Leben.

„Wenn Teenager träumen“ heißt einer Ihrer Hits – glauben Sie, die Träume der Teenies haben sich verändert seit den Fünfzigern?

Peter Kraus: Ich glaube, deren Träume waren schon anders – in puncto Erotik auf alle Fälle. So wie die Texte der Lieder das beschreiben, träumte man vom ersten Kuss, vom ersten Schmusen oder im Mondschein spazieren gehen. Ich weiß nicht, ob die Teenager von heute so etwas träumen, das glaube ich nicht. Die träumen von einem neuen Handy.

Ach, die träumen doch auch noch von der Liebe!

Peter Kraus: Ja? Ich hoff’ es! Ich weiß es nicht. Ich bin nur entsetzt, wenn ich auf die Straße gehe und von zehn Mädels, die mir entgegengehen, haben neun ein Handy in der Hand. Da denke ich mir immer: Bitte, wo bin ich? Schade, ihr seht gar nicht das Leben um euch rum.

Wovon haben Sie denn selbst geträumt damals?

Peter Kraus: Ich? Ich habe eigentlich immer von schönen Frauen geträumt. Es nützt nix. (Lacht.)

Und Ihr Traum ging in Erfüllung: Alle haben Sie angehimmelt. Wie konnten Sie dabei so auf dem Boden bleiben?

Peter Kraus: Ich glaube, es ist einfach die Tatsache, dass ich aus einer Künstlerfamilie komme und schon als Kind miterlebt habe, wie schwer mein Vater es in dem Job auch hatte. Ich bin nicht irgendwo reingeflogen und wurde über Nacht zum Star. Ich habe auch kritisch die Ehe meiner Eltern verfolgt, dass mein Vater meine Mutter immer betrogen hat. Das ganze Künstler-Milieu eben, darin bin ich aufgewachsen. Und: Mein Producer war wirklich ein Freund, mein väterlicher Freund. Der hat mir gesagt: „Du bist ein Vorbild für die Jugend. Das musst du sein.“ Ich hatte einen wahnsinnigen Spaß daran, anders zu sein als das, was die Leute in so einem jungen Rock’n’Roller sahen.

Vom Klischee weg.

Peter Kraus: Genau. Die Journalisten beispielsweise dachten vor Interviews: Der Kerl wird bestimmt eine halbe Stunde zu spät sein. War ich nicht. Ich war pünktlich. Und ich bin aufgestanden und hab der Dame den Platz frei gemacht und die Autotür aufgerissen und so weiter. Wie ich dann von den ersten Rock’n’Rollern gelesen habe, die Fernseher durchs Fenster schmissen, habe ich gedacht: Was soll der Schmarrn? Ich war im Grunde genau das Gegenteil, diese Bad-Boy-Rolle hätte mir nicht gefallen. Es sind ja auch schlimme Sachen bei mir passiert.

Bei einem Konzert in Graz haben Fans alles zusammengeschlagen und wurden verhaftet. Ein junger Mann hat sich aus Angst vor seinen Eltern erhängt.

Peter Kraus: Ja, da ist Fürchterliches passiert. Mir war das alles fremd. Und im Grunde war ich froh, in die Film-Schiene reinzurutschen mit den Conny-und-Peter-Filmen, da war ich ja der Charmeur.

Auch in den Liedern. Gibt es Texte, bei denen Sie heute denken: Das kannst du so nicht mehr singen?

Peter Kraus: Ja, da gab’s natürlich furchtbare Texte. Ich habe auch viel Schrott gesungen.

Fällt Ihnen ein Beispiel ein?

Peter Kraus: Zum Beispiel (beginnt zu singen:) „Western Rose und Western Lied/ Western Story im Mai/ Wenn der Cowboy nach Norden zieht/ Dann ist die Story vorbei.“ Was ist denn das für ein Schwachsinn? (Lacht.) Da würde ich heutzutage keinen Preis mehr gewinnen.

Aber Sie haben’s gesungen?

Peter Kraus: Ja, klar!

Und heute?

Peter Kraus: Nein! Heute nicht mehr.

Käme vermutlich eh nicht mehr gut an, so ein Cowboy-Lied ...

Peter Kraus: Stimmt. Aber damals: Was haben wir Cowboy-Lieder gesungen! Ich bin in jeden neuen Cowboy-Film gerannt. Nicht wegen der Story, sondern um die Rocky Mountains zu sehen oder Pferdereiten, das war toll. Und davon zu träumen, so cool wie Gary Cooper zu sein!

Hätte es schon Star-Schnitte gegeben – wen hätten Sie in Ihrem Jugendzimmer aufgehängt?

Peter Kraus: Puh, da fällt mir gerade niemand ein. Sie wissen, dass ich der erste Star-Schnitt war?

Aber hallo – direkt nach Brigitte Bardot.

Peter Kraus: Passt doch gut zusammen, oder? Aber was das damals für ein Zinnober war! Aus Produktionsgründen konnte das Poster nicht haargenau so groß sein wie ich. Aber die Fans haben natürlich nachgemessen und gesagt: Der behauptet, er ist 1,84 Meter, aber im Star-Schnitt ist er nur 1,78 Meter, der lügt ja. Dieselbe Geschichte mit den Fotos: Die waren alle schwarz-weiß, wurden dann koloriert – und ich hatte mal blaue Augen, mal schwarze Haare, mal grüne Augen, mal blonde Haare.

Wie haben Sie sich am besten gefallen?

Peter Kraus: Ich schau mir doch das nicht an.

Verschiedene Varianten seiner selbst zu sehen ist doch spannend.

Peter Kraus: Sagen Sie, denn Sie sind eine Frau. Ich bin aber ein Mann.

Sie sind also gar nicht eitel? Dafür achten Sie aber sehr auf Ihr Äußeres.

Peter Kraus: Wegen der Gesundheit. Ich will ja fit sein, ich will beweglich sein. (Lacht.)

Optik spielt keine Rolle?

Peter Kraus: Soll ich Ihnen was sagen: Ich behaupte, dass Gesichtsoperationen von älteren Leuten völlig rausgeschmissenes Geld sind, wenn sie sich nicht mehr bewegen können. Wenn jemand nicht aufrecht geht, braucht er auch in seinem Gesicht nichts mehr machen zu lassen. Viel wichtiger ist die Erscheinung, wie du gehst, wie du auftrittst, welche Haltung du annimmst. Wenn du das richtig machst, kannst du auch die Falten haben so wie ich, das ist alles in Ordnung.

Trafen sich in München: Peter Kraus und Kulturredakteurin Katja Kraft.
Trafen sich in München: Peter Kraus und Kulturredakteurin Katja Kraft. © Hangen

Wie schaffen Sie es, dass Sie mit 85 noch diese Energie haben? Diese Lust aufs Leben? Manche bekommen ja schon mit 35 die erste Krise und denken: Wiederholt sich alles ja nur noch ...

Peter Kraus: Vermutlich, weil ich mit 35 Jahren nicht so viel erlebt habe. Wir haben nicht erlebt, was ihr heute erlebt. Wir sind ja hier gerade im Augustiner. Früher war unten ein Lokal im Keller. Da haben die Occamstreet Footwarmers gespielt, Bayerns älteste Hot-Jazz-Band. Und mit denen habe ich Tanzen trainiert. Das war das Highlight für mich immer am Dienstag über zwei Jahre lang. Heute ist doch alles so schnell, dass keiner mehr mitkommt.

Sie waren auch an der legendären Disco „Blow Up“ beteiligt.

Peter Kraus: Ja, später. Weil ich in meiner Jugend nicht in Lokale gehen konnte. Wenn ich wo reingegangen bin, dann hieß es: Sing was! Man durfte nicht abgehoben sein, sondern musste Teil der Jugendszene bleiben.

Und den Sportwagen vor der Türe verstecken?

Peter Kraus: Nein, den hat man mir nie übel genommen. Maßanzüge und Sportwagen: Das war okay. Ich habe wirklich immer gearbeitet. An Choreografien, dann war wieder ein Filmprojekt, dann eine Tour. Es war ein eigenartiges Leben, muss ich schon sagen. Aber es war so bescheiden. Wenn ich überlege, wie ein Star heute lebt. Ich habe am Ku’damm in einer Pension gewohnt, da hatte ich ein Zimmer mit Waschbecken im Raum. Das war’s. Aber nicht, dass ich da gewohnt habe, weil ich Geld sparen wollte – da hat man gewohnt. Da hat der Freddy Quinn gewohnt, da haben die hübschesten Schauspielerinnen gewohnt.

Wer will da noch ins Adlon?

Peter Kraus: (Lacht.) Sie sagen es!

Haben Sie es als Luxus empfunden, da wohnen zu dürfen mit den Leuten? Oder hat man sich mehr gewünscht?

Peter Kraus: Ich wollte gar nix anderes. Ja, wir waren alle bescheiden. Und es war natürlich immer eine Riesengaudi. Der Pensionsbesitzer ist zum Frühstück gekommen und war völlig enttäuscht, wenn ich allein da saß. „Watt is denn los? Keen Mädchen dabei?“

Und wovon träumen Sie – nicht mehr ganz Teenager – mit 85? Oder haben Sie sich alle Träume erfüllt?

Peter Kraus: Meine Frau und ich haben genug gesehen, genug erlebt, es ist nicht schöner geworden, Reisen etwa ist entsetzlich geworden gegen früher. Meine ersten Flüge mit Stewardessen, Champagner, Ledersitzen – das war Luxus. Heute ist’s katastrophal. Nee, ich träume eigentlich nur noch davon, das gemütlich zu genießen, was ich besitze. Das ist herrlich und wunderschön. Und das möglichst lang zu genießen. Aber erleben will ich nix mehr.

Sie wollen „einfach nur hier sitzen“?

Peter Kraus: Ich habe es tatsächlich schon probiert, auf meiner Terrasse zu sitzen in der Früh, wenn ich meiner Frau wie jeden Morgen den Kaffee ans Bett gebracht habe. Dass ich dann nicht sage: So, was passiert jetzt? Sondern mir denke: Nun setze ich mich auf die Terrasse, nehme mir meinen Kaffee und schaue ein bisschen auf den See raus. Ganz blödsinnig.

Und das klappt?

Peter Kraus: Ja. Und hat mir schon ein bissel gefallen. Ich bin auf dem Weg der Besserung. Es wird aus mir noch ein relaxter, tiefenentspannter, ruhiger Typ. (Grinst.)

Auch interessant

Kommentare