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Paul Bonatz (1877–1956)

Hauptvertreter der Stuttgarter Schule

Der im Elsaß geborene Architekt Paul Bonatz gehört mit dem Stuttgarter Hauptbahnhof und weiteren Bauten, die das Stadtbild der Landeshauptstadt bis heute prägen, zu den bedeutenden Architekten der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts. Als Gestalter von Ingenieursbauten, Brücken und Staustufen hat er sich einen Namen gemacht. Er gehört mit zu den Hauptvertretern der Stuttgarter Schule.

     

    Nicht nur der 1928 fertiggestellte Stuttgarter Hauptbahnhof, sondern auch der gegenüberliegende „Zeppelinbau“ (1928–1931) sowie zahlreiche technische Bauten wie die Neckarstufen in Heidelberg (1927–1929) oder Wiederaufbauprojekte nach dem Zweiten Weltkrieg, gehören zum umfangreichen architektonischen Werk des im Elsass geborenen Bonatz. Nach seinem Studium an der Technischen Universität München wurde er 1902 als Assistent von Theodor Fischer (1862–1938) an die TU Stuttgart berufen. Fischer war prägend für seine berufliche Entwicklung und im Alter von 31 Jahren wurde Bonatz dessen Nachfolger am Lehrstuhl für Entwerfen und Städtebau in Stuttgart. Es folgten Siege bei Architekturwettbewerben um öffentliche Bauten wie die Universitätsbibliothek Tübingen (1908–1912) oder das Staatsministerium und den Landtag Oldenburg (1908–1916). Neben seiner Lehrtätigkeit gründete er eine Bürogemeinschaft mit Friedrich Eugen Scholer (1874–1949), die bis zu Scholers Tod bestehen blieb. Mit ihrem Entwurf für den Hauptbahnhof Stuttgart gewannen die beiden 1911 den ersten Preis. Das Bauwerk wurde zu einem der meistbeachteten der Weimarer Republik. Diese frühen Bauten machen Bonatz‘ Architekturverständnis deutlich, das sich auf traditionelle Bauformen bezieht und zugleich Reformansätze aufgreift. Der „Zeppelinbau“, ein Stahlskelettbau, der ehemals das Hotel „Graf Zeppelin“ beherbergte, entspricht mit seinen kubischen Formen, Pilotis und Flachdach den Prinzipien des „Neuen Bauens“.

      Bonatz bestimmte den Lehrkörper der Technischen Universität. Mit ihm, Heinz Wetzel (1882–1945) und Paul Schmitthenner (1884–1972) wurde die „Stuttgarter Schule“ in der Zwischenkriegszeit die führende architektonische Hochschule Deutschlands. An der renommierten Stuttgarter Weißenhofsiedlung (1927) war Paul Bonatz nicht beteiligt, da es bereits während der Vorbereitungen zu dem Projekt zu Auseinandersetzungen gekommen war. Dennoch konnten sich seine Studenten im Stil des „Neuen Bauens“ in Stuttgart ausbilden lassen. Bonatz selbst empfahl auch mit Richard Döcker (1894–1968) einen Protagonisten des „Neuen Bauens“ für den Vorstandsposten des BDA (Bund Deutscher Architekten). 1933 nahm er an der „Versuchssiedlung am Kochenhof“ teil, die mit traditionellen Holzbauten als Gegenprogamm zur Weißenhofsiedlung entstand. Ohne Auftrag entwarf er 1937 einen Rundbau, der als Alternative zum Projekt des Deutschen Stadions auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgeländes gedacht war. Zwei Jahre später erhielt er Aufträge zur Planung des neuen Hauptbahnhofs in München und zum Entwurf des Oberkommandos der Marine im Rahmen der Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“. Beteiligt an der offiziellen Architektur der Nationalsozialisten, kritisierte er zugleich Stil und Maßstab der Speer‘schen Architektur.

        Bonatz, der schon in jungen Jahren viele Reisen unternahm, etwa zu den Ausgrabungsstätten nach Pompeji und Paestum oder nach Ägypten und in die Türkei, beendete schließlich seine Lehrtätigkeit in Stuttgart und begann 1943 in der Türkei als Berater der ministerialen Bauabteilung. Bevor er 1948 wieder erstmals nach Deutschland zurückkehrte, realisierte er in der Türkei eine Siedlung für Regierungbeamte (1944–1947), die Umgestaltung der Staatsoper Ankara (1946–1948) sowie den Umbau der Architekturfakultät in Istanbul (1946–1950). Während er eine Einladung von Theodor Heuss zur Rückkehr an die Stuttgarter Hochule ausschlug, erhielt er an der Technischen Hochschule Istanbul einen Lehrstuhl für Gebäudelehre. Zugleich nahm er wieder Kontakt zu Freunden und Kollegen in Deutschland auf und pendelte zwischen Lehrtätigkeit in Istanbul und Preisrichtertätigkeit in Westdeutschland.
        Nachdem er mit seiner Familie 1950 nach Stuttgart zurückgekehrt war, nahm er 1951 am Darmstädter Gespräch „Mensch und Raum“ teil, erhielt Ehrungen wie den Orden „Pour Le Mérite“ und unternahm 1955 eine letzte Reise in die Türkei.
        Ein Jahr später starb Paul Bonatz am 20. Dezember und wurde auf dem von ihm gestalteten Stuttgarter Waldfriedhof beerdigt.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Voigt, Wolfgang/May Roland (Hrsg.): Paul Bonatz 1877–1956, Tübingen/Berlin 2010.
        • Hajdu, Rose/Hirschfell, Marc/Voigt, Wolfgang: Paul Bonatz. Bauten an Rhein und Neckar, Tübingen 2014.
        • May, Roland: Pontifex maximus: der Architekt Paul Bonatz und die Brücken, Dissertation, Münster 2011.
        • Hajdu, Rose/Heißenbüttel, Dietrich: Theodor Fischer: Architektur der Stuttgarter Jahre, Tübingen/Berlin 2018.
        • Klaus, Jan Philipp: Paul Bonatz, in Stadtlexikon Stuttgart.

        Links:


        Filmtipps:

        Paul Bonatz 1877 - 1956: Leben und Bauen zwischen Neckar und Bosporus:
        Impressionen der Ausstellung in der Kunsthalle Tübingen.

        Paul Bonatz - Impressionen der Ausstellung (YouTube)

        Kein Platz für Paul Bonatz (YouTube)

        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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