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DIE WELT

"Es ist eine schwere Last, mit diesem Namen zu leben"

Hubertus von Hindenburg über seinen Großvater und die Diskussion um dessen Ehrenbürgerwürde in Berlin und Potsdam

In Potsdam und Berlin entscheiden die Stadtparlamente demnächst, ob Paul von Hindenburg (1847-1934), Reichspräsident der Weimarer Republik, aus den Ehrenbürgerlisten gestrichen wird. DIE WELT sprach mit seinem Enkel, Hubertus von Hindenburg.

"Weh dir, dass du ein Enkel bist!", lässt Goethe im Faust Mephisto sagen. Und dieser Satz trifft wohl auf Hubertus von Hindenburg zu. "Es ist eine schwere Last, mit diesem Namen zu leben", sagt er, der 74-Jährige, "für mich und meine Söhne." Seinen Namen spreche er immer nur sehr leise und undeutlich aus, denn bei der Popularität seines Großvaters habe immer die Gefahr bestanden, Aufsehen zu erregen. Und das wollte Hubertus von Hindenburg nicht. Sieben Jahrzehnte hat sich Hindenburg mit der Familiengeschichte beschäftigt. Im Mittelpunkt stand der übermächtige Großvater und dessen Entscheidung, am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen.

Die Debatte, die derzeit in Berlin und Potsdam geführt wird, ob sein Großvater aus der Ehrenbürgerliste zu streichen berührt ihn sehr. Er empfindet sie als "nicht erfreulich". Ob dies richtig oder falsch wäre möchte er nicht sagen. Es würden aber noch heute Persönlichkeiten geehrt, die mit den Nationalsozialisten zusammen gearbeitet hätten und trotzdem nach dem Krieg als einen Ruf als einwandfreie Demokraten hatten.

Für ihn war sein Großvater ein Bollwerk gegen Hitler, schließlich das letzte, bis auch dieses fiel. "Es begann schon im Herbst 1923, als er den mit Hitler verbündeten General Erich Ludendorff, seine rechte Hand im Ersten Weltkrieg, vor deren Münchner Putschversuch vor unbedachten Handlungen warnte", sagt Hindenburg. Und die Abneigung gegen die Nazi-Partei habe sich fortgesetzt bis in den Herbst 1932, als Hindenburg das Ansinnen Hitlers, Reichskanzler zu werden, brüsk ablehnte und von der Gefahr einer Parteidiktatur sprach. "Mein Großvater hat die Demokratie nicht ausgehebelt", sagt Hindenburg.

"Es war natürlich falsch, Hitler schließlich doch zu ernennen, aber auch das geschah, um die Pläne des Vorgängers Hitlers als Kanzler, General Kurt von Schleicher, zu verhindern, den Reichstag aufzulösen und keine Neuwahlen ausschreiben zu lassen, was ebenso auf eine Diktatur hinausgelaufen wäre." So habe er Hitler ernannt, den er von Konservativen "eingerahmt" sah. Je mehr Zeit verstreiche, desto eher werde Geschichte personalisiert und daher sei es nicht erstaunlich, dass die Diskussion um Paul von Hindenburg gerade jetzt geführt werde.

Hubertus von Hindenburg hatte eine sehr enge Beziehung zu seinem Großvater, den er als sehr liebevoll empfand. Hubertus wurde 1928 im Berliner Reichspräsidentenpalais geboren und wuchs dort auf. Seine Eltern waren 1925 nach Berlin gezogen, seine Mutter führte den Haushalt des verwitweten Präsidenten. Nach dem Krieg, den Hubertus von Hindenburg als 16-Jähriger im Volkssturm erlebt, wird er zunächst Landwirt, geht dann aber in die Stahlwirtschaft. Heute lebt er mit seiner Frau in Essen. Losgelassen hat ihn die Geschichte, und vor allem die seines Großvaters nicht. Inzwischen hat Hubertus von Hindenburg seine Erinnerungen verfasst. Ob er sie je veröffentlicht, kann er noch nicht sagen.

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