Friedensappell von Todenhöfer und Lafontaine
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Friedensappell von Todenhöfer und Lafontaine

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Ukrainische Soldaten feuern eine Kanone auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut, Region Donezk.
Ukrainische Soldaten feuern eine Kanone auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut, Region Donezk. © dpa

Die beiden Politiker fordern eine Initiative, die auch „den Sicherheitsinteressen Russlands Rechnung trägt“

Der frühere Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine und der ehemalige CDU-Abgeordnete und Parteigründer („Team Todenhöfer“) Jürgen Todenhöfer fordern diplomatische Initiativen von Deutschland und Frankreich, um eine „Friedenslösung“ für die Ukraine zu finden. „Wir fordern Bundeskanzler Scholz und Staatspräsident Macron auf, gemeinsam nach Moskau und Washington zu reisen, um konkrete Verhandlungen über eine friedliche Lösung des Ukrainekonflikts einzuleiten“, heißt es in einem Schreiben der beiden Politiker, das der Frankfurter Rundschau vorliegt.

Ziel der Initiative von Scholz und Macron müsse sein, „eine Friedenslösung zu finden, die sowohl die Sicherheitsinteressen der Ukraine als auch die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigt“. Lafontaine und Todenhöfer üben scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Deren „diplomatische Untätigkeit“ widerspreche der Präambel des Grundgesetzes.

Diese verpflichte dazu, dem Frieden der Welt zu dienen und nicht dem Krieg. „Die Ukrainepolitik der Ampel steht in klarem Widerspruch zum Friedensgebot und zum Geist unseres Grundgesetzes“, urteilen die Autoren. Deutschland und Frankreich müssten „ihre eigenen nationalen und europäischen Interessen vertreten und nicht in erster Linie die Interessen der USA“.

Mit Lafontaine und Todenhöfer beziehen zwei Personen mit völlig unterschiedlicher politischer Biografie gemeinsam Stellung – ähnlich wie es im Februar Lafontaines Ehefrau, die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, mit der Publizistin Alice Schwarzer getan hatte. Ihr „Manifest für Frieden“ wurde von fast 800 000 Menschen unterstützt. Darin forderten sie Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, „die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen“ und sich „für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen“ einzusetzen.

Der Aufruf im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrter Herr Staatspräsident Macron, bitte helfen Sie mit, den Ukrainekrieg zu beenden!

Von Oskar Lafontaine und Jürgen Todenhöfer

Wir fordern Bundeskanzler Scholz und Staatspräsident Macron auf, gemeinsam nach Moskau und Washington zu reisen, um konkrete Verhandlungen über eine friedliche Lösung des Ukrainekonflikts einzuleiten. Wir sprechen im Namen der schweigenden Mehrheit der Menschen Deutschlands und Frankreichs, die Verhandlungen und Frieden will.

In Deutschland widerspricht die diplomatische Untätigkeit der Ampel der Präambel unseres Grundgesetzes, die von allen Politikern fordert, „dem Frieden der Welt zu dienen“ und nicht dem Krieg. Die Ukrainepolitik der Ampel steht in klarem Widerspruch zum Friedensgebot und zum Geist unseres Grundgesetzes.

Ziel der Initiative von Scholz und Macron muss es sein, eine Friedenslösung zu finden, die sowohl die Sicherheitsinteressen der Ukraine als auch die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigt.

Frankreich und Deutschland haben als europäische Führungsmächte eine besondere Verantwortung für den Frieden in Europa. Das gilt selbst dann, wenn die USA im Ukrainekonflikt möglicherweise auch andere Ziele verfolgen als die Europäer. Deutschland und Frankreich müssen ihre eigenen nationalen und europäischen Interessen vertreten und nicht in erster Linie die Interessen USA.

Niemand behauptet, dass Frieden mit Russland leicht ist. Aber er ist möglich.

So wie nach dem 2. WK die fast undenkbare Aussöhnung zwischen den jahrhundertelangen Todfeinden Frankreich und Deutschland möglich war. Weil es mutige und weitsichtige Politiker gab wie Adenauer und de Gaulle.

Dasselbe galt für die Aussöhnung Deutschlands mit der Sowjetunion. Unser Land hat im 2. WK 27 Millionen Sowjetbürger – darunter Millionen Russen und Ukrainer – getötet. Trotzdem haben verantwortungsbewusste Politiker wie Brandt in den siebziger Jahren durch intensive Verhandlungen erreicht, dass die Sowjetunion Deutschland die Hand zu Versöhnung reichte.

Was damals möglich war, ist auch heute möglich. Und nötig. Zu viele Ukrainer und Russen sind in diesem Krieg bereits gefallen. Täglich werden Menschen Opfer der Bombenangriffe, die Ukraine wird in immer größerem Umfang zerstört. Wir müssen dieses Blutvergießen so schnell wie möglich stoppen.

Ihre Aufgabe, Herr Bundeskanzler und auch Ihre, Herr Staatspräsident, heißt Frieden und nicht Krieg. Frieden jetzt, nicht irgendwann! Ohne Russland und ohne eine Politik der Vereinigten Staaten, die auch den Sicherheitsinteressen Russlands Rechnung trägt, wird es in Europa keinen dauerhaften Frieden geben.

Die Frauen fanden klare Worte über „die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung“. Lafontaine und Todenhöfer vermeiden eine solch deutliche Verurteilung der russischen Politik. Den Krieg gegen die Ukraine nennen sie „Ukrainekonflikt“. „Niemand behauptet, dass Frieden mit Russland leicht ist. Aber er ist möglich“, schreiben sie und erinnern an die Geschichte.

„Unser Land hat im Zweiten Weltkrieg 27 Millionen Sowjetbürger – darunter Millionen Russen und Ukrainer – getötet.“ Trotzdem hätten verantwortungsbewusste Politiker wie der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) „durch intensive Verhandlungen erreicht, dass die Sowjetunion Deutschland die Hand zu Versöhnung reichte“. Die Autoren folgern: „Was damals möglich war, ist auch heute möglich. Und nötig. Zu viele Ukrainer und Russen sind in diesem Krieg bereits gefallen. Täglich werden Menschen Opfer der Bombenangriffe, die Ukraine wird in immer größerem Umfang zerstört. Wir müssen dieses Blutvergießen so schnell wie möglich stoppen.“

Lafontaine und Todenhöfer wenden sich direkt an Bundeskanzler Scholz und den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Deren Aufgabe heiße Frieden und nicht Krieg. „Frieden jetzt, nicht irgendwann!“ Ohne Russland und „ohne eine Politik der Vereinigten Staaten, die auch den Sicherheitsinteressen Russlands Rechnung trägt“, werde es in Europa „keinen dauerhaften Frieden geben“.

Jürgen Todenhöfer.
Jürgen Todenhöfer. © Monika Müller
Oskar Lafontaine.
Oskar Lafontaine. © IMAGO/Eibner

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