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Kopf des Tages Omar N. Bradley

Am Omaha Beach flatterten dem General die Nerven

Bei der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944 ging für die US-Streitkräfte an der Landestelle Omaha Beach fast alles schief. Selbst der Drei-Sterne-General Omar N. Bradley schwankte. Es war der einzige Fehler seiner Karriere.
First wave of U.S. invasion troops approach Omaha beach during the D-Day invasion of Normandy. There is a smoke screen on the distance and soldiers advance under fire with water up to the waist. June 6, 1944, World War 2. (BSLOC_2014_2_26) First wave of U.S. invasion troops approach Omaha beach during the D-Day invasion of Normandy. There is a smoke screen on the distance and soldiers advance under fire with water up to the waist. June 6, 1944, World War 2. (BSLOC_2014_2_26)
6. Juni 1944: Als die Landung in der Normandie stockt, steht Oberbefehlshaber Omar N. Bradley (1893–1981) vor einer schwierigen Entscheidung
Quelle: picture alliance / Everett Colle

Eine Katastrophe bahnte sich an – und genau zwei Stunden und 25 Minuten nach dem Beginn der Landung musste über das weitere Vorgehen entschieden werden. Um 6.30 Uhr morgens am 6. Juni 1944 waren Soldaten zweier Regimenter der US Army nach einem Trommelfeuer aus Schiffsgeschützen am Omaha Beach an Land gegangen. So nannten die Planer der alliierten Invasion den rund zehn Kilometer langen Strandabschnitt zwischen den Dörfern Vierville-sur-Mer und und Coleville-sur-Mer in der Normandie.

Doch von Anfang an ging an diesem Dienstag fast alles schief: Die Schwimmpanzer, die den Sturm der Infanterie decken sollten, gingen unter. Die meisten Landungsboote kamen an anderen als den vorgesehenen Landestellen an und lagen schnell in heftigem Abwehrfeuer. Denn die Artillerievorbereitung des Sturms durch die alliierten Schlachtschiffe, Kreuzer und Zerstörer vor der Küste hatten die Verteidiger der deutschen 352. Infanteriedivision in ihren Bunkern weitgehend überstanden.

epa03337299 US Coast Guard Photo titled 'The Jaws of Death' shows a Coast Guard-manned LCVP from the U.S.S. Samuel Chase disembarking troops of Company E, 16th Infantry, 1st Infantry Division on the morning of 06 June 1944 at Omaha Beach, Normandy, France. The president of Lower Normandy region, Laurent Beauvais, has started a move for the D-Day beaches where Allied troops landed on 06 June 1944 to launch the invasion of German-occupied Europe to be listed among UNESCO's world heritage sites. The bid was backed by French President Francois Hollande during a visit to the Caen Memorial in Normandy on 06 June. 'I bring all the state support to the initiative taken by the Lower Normandy region for the registration sites landing in World Heritage of Humanity' by Unesco, he had said. The initiative, that local authorities would like to be successful for the 70th anniversary of 'Overlord' may come to nought, for UNESCO is normally reluctant to confer such distinction to battlefields. HANDOUT EDITORIAL USE ONLY
Sturm auf Omaha Beach am 6. Juni 1944 morgens kurz vor sieben Uhr
Quelle: picture alliance / dpa

Der Verlauf der Landung war derartig desaströs, dass dem Oberbefehlshaber der 1. US-Armee Omar N. Bradley (1893–1981) die Nerven flatterten. Jedenfalls überlegte er um 8.55 Uhr ernsthaft, Omaha Beach aufzugeben. Selbst entscheiden wollte er das allerdings nicht: Bradley schickte einen eiligen Funkspruch an den Oberbefehlshaber der alliierten Truppen General Dwight D. Eisenhower im südenglischen Southwick House.

„Dieser Antrag erreichte das Oberste Hauptquartier allerdings erst zu einem Zeitpunkt, zu dem er bereits gegenstandslos geworden war“, schrieb der britische Militärhistoriker Douglas Botting. Ab etwa neun Uhr nämlich wendete sich nämlich das Blatt auf Omaha Beach, und 90 Minuten später war der Landekopf hier gesichert – trotz enormer US-Verluste von rund 2000 Toten in vier Stunden auf wenigen Kilometern Frontlänge.

Eisenhower zog aus dieser Episode, die kein besonders gutes Licht auf einen Drei-Sterne-General wie Bradley warf (Entscheidungen selbst zu treffen war und ist nun einmal die Hauptaufgabe eines so hohen Offiziers) keine negativen Konsequenzen – und stärkte gerade damit seinen wichtigsten amerikanischen Untergebenen. Bradley dankte es ihm, indem er sich zum zurückhaltenden, aber für den alliierten Vormarsch enorm wichtigen Chefstrategen entwickelte – ganz im Gegensatz zum Panzer-General und Haudrauf George S. Patton.

June 1, 1945 - London, England, U.K. - SIR WINSTON CHURCHILL (1874-1965) was a British politician and statesman who served as Prime Minister of the United Kingdom. PICTURED: Churchill, President DWIGHT D. EISENHOWER and GENERAL OMAR BRADLEY fire the army's new cabinet. Out of 45 shots aiming at targets 200 yards away they hit 29 targets
Dwight D. Eisenhower, Winston Churchill und Omar N. Bradley (v.l.n.r.) schießen beim Truppenbesuch vor der Invasion
Quelle: picture alliance / k09/ZUMAPRESS

1893 in einfachen Verhältnissen als zweites Kind eines Kleinstadtlehrers in Missouri geboren, schlug Omar Bradley die Offizierslaufbahn ein und absolvierte 1911 bis 1915 die Militärakademie West Point. Schon hier lernte er Eisenhower kennen, der zum selben Lehrgang gehörte, obwohl er zweieinhalb Jahre älter war.

Beide Nachwuchsoffiziere kamen, im Gegensatz zu Patton, 1918 in Europa nicht mehr zum Einsatz. Eisenhower machte eine Karriere als sehr organisationsbegabter Stabsoffizier, während Bradley als Offiziersausbilder in West Point blieb. Seit Anfang 1941 Brigadegeneral, erhielt er zwei Jahre später in Nordafrika sein erstes Frontkommando – und bewährte sich als solider Truppenoffizier.

(1088149) Omar Nelson Bradley / Foto Bradley, Omar Nelson US-amerik. General; Clark, Missouri 12.2.1893 - 8.4.1981 New York. Porträtaufnahme, undat. E: Omar Nelson Bradley / Photo Bradley, Omar Nelson US general; Clark, Missouri 12.2.1893 - 8.4.1981 New York. Portrai photo, undated.
Offizielles Porträt von Omar N. Bradley
Quelle: picture alliance / akg-images

Noch war er dem sieben Jahre älteren Patton unterstellt – doch als der sich durch seine ruppige Art Soldaten gegenüber selbst disqualifizierte, rückte Bradley auf. Nach dem Beinahe-Versagen am 6. Juni 1944 gelangen ihm die meisten Vorstöße. Mit der „Operation Cobra“ leitete er den wichtigen Ausbruch aus der Normandie, und anschließend übernahm er die 12. Army Group – nie zuvor und nie danach befehligte ein General so viele amerikanische Soldaten: vier Armeen mit elf Armeekorps und zeitweise bis zu 1,3 Millionen Soldaten. Bradley war damit nach Eisenhower der wichtigste US-General in Europa und rangierte deutlich vor seinem Konkurrenten Patton.

Nach Kriegsende übernahm Bradley die Aufgabe, die Betreuung für die im Krieg verwundeten Veteranen aufzubauen. Gut zwei Jahre bewährte er sich in dieser wichtigen, aber wenig glanzvollen Funktion, bevor er Ende 1947 als Nachfolger von Eisenhower Stabschef der US Army und ab 1949 erster Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs aller US-Streitkräfte wurde.

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Parallel damit übernahm er die militärische Top-Position der neu gegründeten Nato; in diesem Zusammenhang wurde er als bisher letzter US-Offizier zum Fünf-Sterne-General befördert, was dem britischen Rang eines Field Marshal entspricht. 1953 verabschiedete Bradley sich aus seiner Funktion, wurde aber ehrenhalber weiter als aktiver Soldat geführt. Im Gegensatz zu Eisenhower, inzwischen US-Präsident, strebte er keinen Wechsel in die Politik an.

Retired AGEN Omar Bradley and Air Force GEN David Jones, chairman of the Joint Chiefs of Staff, converse during a dinner at the Marriott Hotel on Inauguration Day.
Omar Bradley und sein indirekter Nachfolger als höchster US-Militär General David C. Jones
Quelle: NARA

Nach einer unauffälligen, aber einträglichen Zeit in der Privatwirtschaft zog er sich im hohen Alter in eine auf seine Zeit als Veteranenbeauftragter zurückgehende Institution in Texas zurück. 1979 sprach Bradley, inzwischen 86 Jahre alt, zum 35. Jahrestag des D-Day, am 20. Januar 1981 nahm er als Ehrengast an der Amtseinführung von US-Präsident Ronald Reagan teil.

Knapp drei Monate später starb Omar Bradley in New York. Mit (offiziell) 69 Jahren, acht Monaten und sieben Tagen im aktiven Dienst hielt und hält er den Rekord für die längste Zugehörigkeit zur US Army.

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