Eberhard von Kuenheim

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Eberhard von Kuenheim (* 2. Oktober 1928 auf Schloss Juditten in Ostpreußen) ist ein deutscher Manager. Er war von 1970 bis 1993 Vorstandsvorsitzender der BMW AG.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Juditten

Eberhard von Kuenheim wurde 1928 auf Schloss Juditten (Juditten bei Bartenstein, heute Polen) als jüngstes von vier Kindern des ostpreußischen Fideikommiß-Grundbesitzers Volmar von Kuenheim (1891–1935) und dessen erster Gattin Sophie geb. von Gottberg (1896–1945) geboren. Der Vater unterhielt ein großes Trakehner-Gestüt.[1] Die 1918 geschlossene Ehe der Eltern wurde 1932 geschieden. Der Vater heiratete 1933 Gertrud Gillweit (1903–1990). Sein Vater starb 1935 nach einem Sturz vom Pferd. Die Mutter von Kuenheim verstarb im Sommer 1945 in einem sowjetischen Lager, nachdem ihr seit 1933 zweiter Ehemann Hans Christoph von Burkersroda Anfang Mai 1945 in sibirischer Gefangenschaft verstorben war. Die Familie entstammte dem elsässischen Uradel, ist jedoch bis auf den Ende des 13. Jahrhunderts nach Ostpreußen eingewanderten Zweig ausgestorben.[2]

Kuenheim besuchte das Elite-Internat Salem und studierte nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft bis 1954 Maschinenbau an der damaligen TH Stuttgart, wo er sich dem Corps Teutonia anschloss.[1] Seinen Lebensunterhalt und die Studiengebühren verdiente er sich als Fließbandarbeiter bei Bosch.[3] Nach dem Studium arbeitete von Kuenheim beim Werkzeugmaschinenhersteller Max Müller in Hannover (heute: Gildemeister AG).[4] 1965 trat Kuenheim eine Stelle als „Stabsmann für technische Fragen“ bei der Quandt-Gruppe an.[5] In dieser Funktion wechselte er 1969 von den Industriewerken Karlsruhe (IWKA) zu BMW.

Zum 1. Januar 1970 übertrug ihm der BMW-Großaktionär Herbert Quandt in Nachfolge des gesundheitlich angeschlagenen Gerhard Wilcke den Vorstandsvorsitz der BMW AG[6] mit damals etwa 20.000 Mitarbeitern und 1 Milliarde DM Umsatz.[4] 1972 führte er die 5er-Reihe samt einer neuen, auf den damaligen BMW-Marketing-Vorstand Robert A. „Bob“ Lutz zurückgehenden Typensystematik ein, die noch heute aktuell ist. Das vom Wiener Architekten Karl Schwanzer entworfene BMW-Hauptverwaltungsgebäude („BMW-Vierzylinder“) neben dem Münchner Olympiagelände wurde 1973 bezogen.

BMW-Hauptverwaltungsgebäude („BMW-Vierzylinder“)

Zum Ende seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender am 13. Mai 1993 hatte die BMW AG 70.000 Mitarbeiter und 30 Milliarden DM Umsatz.[5][7] Neue Produktionsstandorte waren in Deutschland (Regensburg, Spandau), Österreich, Südafrika und in den USA entstanden.

Nachdem Bernd Pischetsrieder 1993 den Vorstandsvorsitz bei der BMW AG übernommen hatte, war Kuenheim bis 1999 Vorsitzender des Aufsichtsrates. Im Jahr 2000 richtete die BMW AG ihm zu Ehren die Eberhard von Kuenheim Stiftung ein, deren Kuratorium er bis 2010 vorsaß. Seit der Übergabe des Vorsitzes an Bolko von Oetinger hat Kuenheim den Ehrenvorsitz des Kuratoriums inne.

Kuenheim wurde im Zuge des Rover-Fiaskos kritisiert, weil er als Aufsichtsratsvorsitzender eine Führungskrise nicht verhindert hatte.[8] Nach seinem Rückzug als Vorstandsvorsitzender hatte er nicht Wolfgang Reitzle, sondern Bernd Pischetsrieder als Nachfolger an der Konzernspitze eingesetzt.[9] Während Reitzle die Rover-Milliardenverluste durch radikale Schnitte begrenzen wollte, wurde dies durch den gemäßigteren Pischetsrieder verhindert. In einer spektakulären Aufsichtsratssitzung im Februar 1999 wurden beide Vorstände abberufen.[8] Reitzles Berufung zum Vorstandsvorsitzenden scheiterte am Widerstand der Belegschaftsvertreter, so dass völlig überraschend Joachim Milberg den Vorstandsvorsitz von BMW übernahm.[10]

Varia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gut Mockritz (Großweitzschen) in Sachsen

Mit seiner Frau Theda, geborene Camp von Schönberg,[11] (1923–2015) hat von Kuenheim die beiden Söhne Fabian (* 1957) und Hendrik (* 1959) sowie die Tochter Alexandra (* 1962).[12] 1993 erwarb er gemeinsam mit seiner Frau deren enteignetes Elternhaus, das Gut Mockritz in Sachsen, zurück. Sein Sohn Hendrik von Kuenheim, ein gelernter Hotelkaufmann, leitete von 2008 bis 2012 die Motorradsparte von BMW.[13] Kuenheim ist ein Vetter des Journalisten (Die Zeit) Haug von Kuenheim.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Kuenheim ist Mitglied der Automotive Hall of Fame (seit 2004)[14], der European Automotive Hall of Fame (seit 2006)[15] und der Business–Hall of Fame (Manager Magazin, seit 1993).[16]

Er ist Ehrendoktor der TU München[17] und der TU Clausthal.[18]

Das Gebäude des Departments Mechanical Engineering (ehemals Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München) auf dem TU-Campus in Garching bei München trägt ihm zu Ehren den Namen „Eberhard von Kuenheim-Bau“. Von Kuenheim ist außerdem Ehrensenator (1982)[19] und Träger des Goldenen Ehrenrings (2008)[20] der TU München.

Am 30. September 1988 wurde ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern,[21] 1993 das Schulterband dazu[22] und 1999 das Großkreuz der Bundesrepublik Deutschland sowie 1993 die Goldene Ehrenmünze der Landeshauptstadt München[23][24] und 1987 die Goldene Bürgermedaille der Stadt Regensburg verliehen.

Seit 1998 ist von Kuenheim Ehrenpräsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.[25]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b wiwo.de – Köpfe der Wirtschaft: Eberhard von Kuenheim. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. August 2011; abgerufen am 21. Juni 2010.
  2. Das Adelsgeschlecht Kuhnheim-Kuenheim. Abgerufen am 21. Juni 2010.
  3. Pioniere der Wirtschaft: Eberhard von Kuenheim. Abgerufen am 15. Oktober 2018.
  4. a b Christoph Hardt, Christoph Neßhöfer: Eberhard von Kuenheim: „Der Adler fliegt am besten allein“. In: Handelsblatt. Serie: Pioniere der Wirtschaft. Verlagsgruppe Handelsblatt, 15. Dezember 2005, ISSN 0017-7296 (handelsblatt.com [abgerufen am 21. Juni 2010]).
  5. a b Christoph Hardt, Christoph Neßhöfer: Der Adler fliegt am besten allein. In: Bernd Ziesemer (Hrsg.): Pioniere der deutschen Wirtschaft : was wir von den grossen Unternehmerpersönlichkeiten lernen könne. Campus, Frankfurt am Main ; New York 2006, ISBN 3-593-38121-4, S. 207–236 (google.de [abgerufen am 21. Juni 2010]).
  6. Rüdiger Jungbluth: Die Quandts. ihr leiser Aufstieg zur mächtigsten Wirtschaftsdynastie Deutschlands. Campus, Frankfurt [u. a.] 2002, ISBN 3-404-61550-6, S. 288.
  7. Bericht der BMW AG über das Geschäftsjahr 1993 (Memento des Originals vom 28. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bmw-grouparchiv.de
  8. a b Welt Online: Auslaufmodell mit Kratzern. 18. Mai 1999, abgerufen am 19. April 2011.
  9. manager magazin Online: Eberhard von Kuenheim: Vom Schrottlaster Rover überrollt. 29. September 2003, abgerufen am 19. April 2011.
  10. Dr. Wolfgang Reitzle auf Wunsch des Aufsichtsratsvorsitzenden von Kuenheim zurückgetreten (Memento vom 18. Juli 2002 im Internet Archive)
  11. Familie von Schönberg. In: familie-von-schoenberg.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. August 2015; abgerufen am 29. Dezember 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.familie-von-schoenberg.de
  12. Alexandra Ischler-von Kuenheim – IEG. In: ieg-banking.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. November 2013; abgerufen am 29. Dezember 2014.
  13. Hendrik von Kuenheim - Auf den Spuren des Vaters bei BMW (Memento vom 9. November 2007 im Internet Archive) FTD Online, 7. November 2007
  14. Automotive Hall of Fame. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Juli 2011; abgerufen am 10. April 2011.
  15. autonews : European Automotive Hall of Fame. Abgerufen am 21. Juni 2010.
  16. Manager Magazin: Business–Hall of Fame. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Dezember 2015; abgerufen am 21. Juni 2010.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.manager-magazin.de
  17. TU München – Ehrendoktoren. Abgerufen am 21. Juni 2010.
  18. TU Clausthal – Preise und Auszeichnungen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Januar 2010; abgerufen am 21. Juni 2010.
  19. TU München – Ehrensenatoren. Abgerufen am 21. Juni 2010.
  20. TU München – Ehrenring. Abgerufen am 21. Juni 2010.
  21. Hohe Auszeichnung für v. Kuenheim. In: BMW AG (Hrsg.): Bayernmotor. BMW Mitarbeiter Zeitung. Nr. 11, November 1988, ZDB-ID 558618-5, S. 2 (bmw-grouparchiv.de [abgerufen am 4. Februar 2017]).
  22. Süddeutsche Zeitung, 8. Oktober 1993
  23. Stadt München – Ehrenmünze. Abgerufen am 28. März 2012.
  24. Süddeutsche Zeitung, 8. Oktober 1993
  25. Handwerkermarkt: vbw Ehrenpräsident wird 80 (Memento vom 23. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)