Jüdische Rundschau :: 5 (81) Mai 2021 :: Eine unerwiderte Liebe - Carole King und Neil Sedaka

Eine unerwiderte Liebe - Carole King und Neil Sedaka

Jüdische Singer-Songwriter (3)

Carole King bekam am 3. Dezember 2012 ihren Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.© Toyota Concer , AFP

Von Theodor Joseph

Carol Joan Klein, geboren 1942 in Manhattan (New York), schrieb unter ihrem geänderten Namen Carole King Hits am Fließband und mit „Tapestry“ produzierte sie einen Meilenstein des Singer-Songwriter-Pop. Neben „Tapestry“ wurde King besonders für die Lieder „It’s Too Late“ und „You’ve Got a Friend“, die alle drei einen Grammy gewannen, bekannt. Carole King ist eine Pionierin der weiblichen Singer-Songwriter in einer Welt, die bis dahin männlich dominiert war.

Ein Sängerkollege und ehemaliger Schulfreund, der sie abgöttisch liebte, widmete ihr ein Lied, das es in die Charts schaffte. Mit „Oh! Carole“ gelang Neil Sedaka zwar ein Hit, das Herz der Angebeteten konnte er dennoch nicht gewinnen. Carole King, die die Liebe Neil Sedakas nicht erwidern konnte oder wollte, widmete dem Verliebten ihre musikalische Antwort und ihr Song lautete – „Oh, Neil“.

Carole King wuchs als Kind jüdischer Eltern im New Yorker Stadtteil Brooklyn auf. Bereits im Alter von vier Jahren nahm sie Klavierunterricht und während ihrer Schulzeit begann sie mit dem Komponieren von Liedern. Auf der High School ging sie eine Zeit lang mit Neil Sedaka, der später seinen Hit „Oh! Carol“ nach ihr benannte. Während ihrer Zeit am College, das auch Paul Simon besuchte, lernte sie ihren ersten Ehemann Gerry Goffin kennen, den sie 1959 heiratete, der zu einem der bekanntesten Liedtextern der populären Musik wurde. 2015 listete das Magazin „Rolling Stone“ Goffin und King auf Rang sieben der 100 besten Songwriter aller Zeiten. Während King die Melodien komponierte, schrieb Goffin Texte auch für andere Sänger, unter anderem für The Everly Brothers, The Drifters, The Byrds, Dusty Springfield und Aretha Franklin.

Ihren ersten Nummer-eins-Hit hatte die 18-jährige Carole King mit dem Lied „Will You Love Me Tomorrow“, geschrieben für die Girlgroup The Shirelles. Weitere Top-Five-Hits waren unter anderem: „The Loco-Motion“ (Little Eva), „Take Good Care of My Baby“ (Bobby Vee), „One Fine Day“ (The Chiffons) und „Up on the Roof“ (The Drifters). Zu ihren Bewunderern gehörten die Beatles, die auf ihrem ersten Album „Please Please Me“, das im März 1963 veröffentlicht wurde, das Stück „Chains“ aus der Feder von Carole King veröffentlichten. John Lennon und Paul McCartney äußerten später: „Unser Ziel war es, Kompositionen im Stil von Carole King und Gerry Goffin zu schreiben.“

Schulfreundin von Paul Simon

Carole King ist eine der erfolgreichsten Songschreiberinnen der Rock- und Popmusik. Zwei ihrer zahlreichen bekannten Hits seien genannt: „Hard Rock Cafe“ und „One fine Day“. Mehr als hundert ihrer Songs waren in den Top 100 der US-amerikanischen Billboard Hot 100 vertreten. Das Magazin „Rolling Stone“ listete King 2015 auf Rang sieben der 100 besten Songwriter aller Zeiten.

Mit Paul Simon besuchte sie die gleiche Schule. Während des gesamten Studiums schrieb Simon weiterhin Songs. Er tat sich mit Carol Klein (damals nannte sie sich noch so), einer Kommilitonin des Queens College, zusammen, und die beiden arbeiteten als Duo und nahmen einfache Demos seiner Songs auf. Klein selbst war auch Songwriterin – die Hälfte eines Songwriting-Duos mit ihrem damaligen Ehemann Gerry Goffin – und schrieb unter dem angenommenen Namen Carole King.

Es ist auffallend, dass viele der jüdischen Singer/Song-Schreiber, die es später zu Weltruhm brachten, in New York und dort im gleichen Stadtteil – Brooklyn – aufwuchsen. Einige drückten gemeinsam die Schulbank, sangen im gleichen Schulchor – Paul Simon, Barbra Streisand, Art Garfunkel, Neil Diamond und eben auch Carole King und Neil Sedaka. Der Zufall daran mag in der Tatsache bestehen, dass alle aus dem jüdischen Mittelstand stammen, einem Milieu, in dem allgemeine und religiöse Bildung als ein hohes Gut vermittelt, auch Wert auf musikalische Erziehung gelegt wurde. Die meisten waren von Jung an in klassischer Musik erzogen.

Mit „Beautiful – The Carole King Musical“ zelebrierte der Broadway ab 2013 die Hits der jüdischen Musik-Ikone der 1960er und 1970er Jahre, Carole King, so erfolgreich, dass das Musical auch in Europa (London) erfolgreich war. „Beautiful“ erzählt die beeindruckende, auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte des kometenhaften Aufstiegs von Carole King. Zuerst im Team mit ihrem Mann Gerry Goffin wurde King eine der erfolgreichsten Solokünstlerinnen der modernen Popmusikgeschichte. Ihr verdankt man nicht nur wunderschöne Musik, sie hat buchstäblich auch den Soundtrack einer ganzen Generation geprägt.

Das Brill-Building

Viele der jüdischen Komponisten arbeiteten im Brill-Building, einem Bürogebäude am Broadway 1619 in New York City, in dem im Jahre 1962 insgesamt 165 Musikverlage unter einem Dach vereinigt waren und das so die ungenauen Ausdrücke „Brill Building Pop“ bzw. „Brill Building Sound“ prägte. Für die starke Konzentration von Komponisten, Produzenten und Musikverlagen im Brill-Building war hauptsächlich der New Yorker Musikverleger Don Kirshner verantwortlich. Kirshner begann zunächst als Manager von Connie Francis. Im Jahre 1958 eröffnete er den Musikverlag Aldon Music, benannt nach den Inhabern Al Nevins und ihm. Hier beschäftigte Kirshner wenig später talentierte Songwriter wie Carole King, Gerry Goffin, Neil Sedaka, Howard Greenfield, Cynthia Weil, Barry Mann, Jeff Barry, Ellie Greenwich, Neil Diamond und Tommy Boyce. Das Brill Building-Imperium produzierte zwischen 1958 und 1966 mehr als zweihundert Pop-Songs, die die US-Hitparade erreichten. Viele hiervon wurden zu Millionensellern und zur Grundlage von Coverversionen. Neil Sedaka und sein Texter Howard Greenfield verschafften mit ihren Teenager-Balladen bis 1963 dem Verlag 50 Hits mit einem geschätzten Umsatz von etwa 20 Millionen Schallplatten.

Neil Sedakas Anfänge

Neil Sedaka, geboren am 13. März 1939 in Brooklyn, New York, ist ein US-amerikanischer Sänger und Songschreiber. Vor allem zu Beginn der 1960er Jahre verzeichnete er zahlreiche Hits wie „Oh! Carol“, „Calendar Girl“, „One Way Ticket“ und „Breaking Up is Hard to Do“. Er schrieb für zahlreiche andere Künstler und verfasste mehr als 1000 Songs.

Sedakas Vater ist der Sohn türkisch-jüdischer Einwanderer. Die Mutter war die Tochter russisch-polnisch-jüdischer Einwanderer. Der Name Sedaka leitet sich ab aus dem hebräischen „z’daka“ und bedeutet „Gerechtigkeit“ und bezeichnet die Verpflichtung, durch Rechtschaffenheit, Mitleid, Wohltätigkeit und milden Gaben Gerechtigkeit herzustellen und anderen zu helfen. Inwieweit dies auf den realen Neil Sedaka zutrifft, sei dahingestellt.

Als Jugendlicher lernte Sedaka Klavierspielen. Er studierte am Juilliard-Konservatorium und arbeitete bei einem Klassik-Radiosender. Zunächst experimentierte er auch mit Doo Wop, einem Musikstil, der auf einem mehrstimmigen Gesangsarrangement basiert, und Rock ’n’ Roll. Auch Sedaka und sein Texter Howard Greenfield arbeiteten im Brill Building. Beide kannten einander seit der Schulzeit. Wie die übrigen jüdischen Brill-Autoren schrieben auch sie anfangs für andere. Sedaka sang ihre Kompositionen auf Demo-Platten, die an Plattenproduzenten geschickt wurden. Bald wurde Sedaka klar, dass diese Demo-Platten den in den Handel gelangten Versionen weit überlegen waren.

Sedaka drängte darauf, seine eigenen Songs aufzunehmen, doch die Produzenten zögerten: Das Problem war nicht, wie er sang – seine hohe, fast androgyne Stimme konnte die Noten mit einer Genauigkeit wie kaum ein anderer treffen. Er hatte nicht das „richtige“ Aussehen. Er war ein netter jüdischer Junge, kein Rebell – und kein Rock ‘n’Roller. Beim Klavierspielen saß er kerzengerade wie ein Pianist mit klassischer Ausbildung (die er ja besaß). Allen Widrigkeiten zum Trotz wurde er mit seiner eigenen Musik zum Pop-Star. Seinen Erfolg hatte er seinem angeborenen musikalischen Talent ebenso zu verdanken wie seinem guten Aussehen.

Is This the Way to Amarillo?

Seinen ersten Erfolg als Komponist hatte Sedaka mit „Stupid Cupid“. Der Song wurde 1958 für Connie Francis ein großer Hit. Er wurde von vielen anderen Künstlern nachgesungen. Sedaka erhielt anschließend einen Vertrag als Solokünstler bei RCA Records. „Breaking Up Is Hard to Do“ war 1962 sein erster Nummer-eins-Hit. Er schrieb „Standing on the Inside“, „Stairway to Heaven“ (nicht mit dem Hit von Led Zeppelin identisch), „Little Devil“, „Happy Birthday Sweet Sixteen“. 1963 endete seine Hitserie.

Zusammen mit Howard Greenfield schrieb Sedaka den Song „Is This the Way to Amarillo?“, der von ihm selbst interpretiert nur Platz 44 in den USA erreichte, aber 1972 für Tony Christie ein Nummer-eins-Hit in Deutschland wurde. 1973 schrieb Sedaka zusammen mit Phil Cody den englischen Liedtext zu ABBAs „Ring Ring“. Zusammen mit seiner Tochter Dara erreichte Sedaka 1980 mit dem Titel „Should’ve Never Let You Go“ letztmals einen Platz in den Charts der USA (Platz 19).

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