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Ausland Nancy Reagan †

Die Frau, der Ronald Reagan alles verdankte

Chefkorrespondent Außenpolitik
So trauern die Obamas um Nancy Reagan

Über das soziale Netzwerk Twitter haben Barack Obama und seine Frau ihre Trauer zum Tod der ehemaligen First Lady der USA bekundet. Nancy Reagans Ehemann Ronald war von 1981 bis 1989 US-Präsident.

Quelle: Reuters

Autoplay
Nancy Reagan ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Sie war nicht nur die große Liebe ihres Mannes, sondern auch die wichtigste Beraterin eines großen Präsidenten, die ihren Mann bis zuletzt schützte.

Nancy Reagan war noch in Chicago auf der High School, als die zwei wichtigen Themen ihres Leben sich zum ersten mal symbolisch berührten: die Schauspielerei und die hohe Politik. Sie spielte damals in einem Theaterstück mit dem Titel „First Lady“.

Und das Jahre bevor sie den Mann traf, der sie dann zu den Spitzen der politischen Macht mitnehmen sollte, erst als First Lady des Staates Kalifornien, und dann als erste Dame im Weißen Haus. Und lange bevor sie eine der elegantesten und einflussreichsten First Ladys der amerikanischen Geschichte werden sollte.

Nancy Davis hieß sie damals in der High School und hatte da schon ein bewegtes Leben und einen Namenswechsel hinter sich. Mütterlicherseits entstammte sie einer Schauspielerfamilie, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Raum um die Hauptstadt Washington aktiv war.

Geboren wurde Nancy Reagan 1921 als Anne Frances Robbins, ihre Mutter, die Schauspielerin Edith Luckett und ihr leiblicher Vater, der Autoverkäufer Kenneth Seymour Robbins, hatten sich jedoch bald nach der Geburt ihres einzigen Kindes getrennt.

Nancy, wie sie bald genannt wurde, wuchs lange Jahre hinweg bei ihrer Tante in Maryland auf, während ihre Mutter auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten durchs Land tingelte. Nancy litt unter der Abwesenheit ihrer Mutter und hatte Sehnsucht nach ihr.

„Die Zeiten, die mir am liebsten waren, waren die, wenn meine Mutter ein Engagement in New York hatte und Tante Virgie mich zum Bahnhof brachte, damit ich mit ihr zusammen sein konnte“, schrieb sie über ihre Kindheit.

Das änderte sich erst, als ihre Mutter sich 1928 von ihrem Mann scheiden ließ, um ein Jahr später den Neurochirurgen Loyal Davis zu heiraten. Die neue Familie lebte seitdem in Chicago und Davis adoptierte Nancy 1935.

Für sie war Loyal ihr Leben lang ihr eigentlicher Vater und jemand, der ihr eine Erdung gab, weil er „altmodische Werte repräsentierte“, wie sie später schrieb.

Die zurückhaltende Schönheit mit den großen Augen

Beruflich jedoch war ihre Mutter das natürliche Vorbild. Die Theaterschauspielerin hatte viele Freunde, die später zu berühmten Filmschauspielern wurden, wie etwa Katherine Hepburn oder Claudette Colbert, die sie später unter ihre Fittiche nahm. Nancy hatte auch den exotische Stummfilmstar Alla Nazimova als Patin. Kein Wunder also, dass sie nach der High School aufs College ging und da einen Abschluss in dramatischen Künsten machte.

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Zu der Zeit hatte sie auch ihren ersten Filmauftritt, der früh ein drittes Lebensthema anspielte: Es war ein Film, der die Amerikaner über die Gefahren von Polio aufklären sollte, in Auftrag gegeben von einer nationalen Wohltätigkeitsorganisation gegen Kinderlähmung, deren Ehrenvorsitz die damalige First Lady Eleanor Roosevelt innehatte.

Als sie dann selbst First Lady wurde, engagierte sich Nancy Reagan vehement und mit der ihr eigenen Entschlossenheit in der Antidrogenkampagne „Just say no“. Damals hatte sie die Schauspielerei längst aufgegeben, trat aber in der TV-Serie „Dynasty“ auf, in der Sitcom Diff’rent Strokes und einem Rockvideo, um ihre Antidrogenkampagne unter die Leute zu bringen.

Angefangen hatte Nancys Schauspielkarriere jedoch sehr bescheiden. Zunächst trat sie in die Fußstapfen ihrer Mutter und tourte nach dem College mit einer Theatergruppe, 1945 bekam sie dann eine Rolle am Broadway in einem Musical, dessen Hauptrollen ein (noch nicht so berühmter) Yul Brynner und Mary Martin spielten.

Dann zog es sie jedoch zum Film, als MGM ihr 1949 einen Siebenjahresvertrag anbot und sie nach Hollywood holte. „Bei Metro einzusteigen war, als würde man in eine Traumwelt hineingehen“, sagte sie einmal.

„Ein Truthahn für den Präsidenten“

Nancy Reagan war für damalige Verhältnisse eine sehr moderne Frau, die ihren eigenen Lebensunterhalt verdiente, selbst wenn sie in ihrer Presseerklärung bei MGM sagte, ihre erste Priorität sei immer eine „erfolgreiche, glückliche Ehe gewesen“. Tatsächlich war Nancy zu College-Zeiten schon verlobt gewesen, ihr Partner starb aber bei einem Autounfall.

„Ich war nie wirklich eine Karrierefrau, das kam nur, weil ich noch nicht den richtigen Mann gefunden hatte, den ich heiraten wollte“, sagte sie einmal. „Ich konnte aber nicht rumsitzen und gar nichts tun. Deshalb wurde ich Schauspielerin.“ Man darf das getrost als Versuch werten, ihre eigene Unabhängigkeit für die Öffentlichkeit auf ein politikverträgliches Maß zu stutzen.

Nancy war in Filmen die zurückhaltende Schönheit mit den großen Augen, die sich dann langsam von Nebenrollen zu den Hauptrollen hocharbeitete und Affären mit manchen Hollywoodgrößen hatte, etwa auch Clark Gable.

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Doch dann traf sie auf Ronald Reagan, damals ein mäßig erfolgreicher Schauspieler und Präsident der Filmschauspielergewerkschaft. „Ich weiß nicht, ob es wirklich Liebe auf den ersten Blick war, aber es kam dem jedenfalls sehr nah“, sagte Nancy einmal.

Reagan war nach einer schmerzhaften Trennung von seiner früheren Frau, mit der er zwei Kinder hatte, erst skeptisch, was eine weitere Ehe anbelangte. Doch dann hielt er um ihre Hand an und beide heirateten 1952 in intimem Kreis.

1957 traten sie zum ersten Mal in Hauptrollen in einem gemeinsamen Film auf, in „Hellcats oft the Navy“, in dem Nancy eine Krankenschwester spielte. Später traten sie in dramatischen TV-Episoden gemeinsam auf, etwa in einer unter dem vorausschauenden Titel „Ein Truthahn für den Präsidenten.“

„Panikattacken, jedesmal, wenn er das Haus verließ“

Ronald und Nancy hatten ein sehr enges Verhältnis zueinander, das selbst nach Jahren nichts an seiner Intensität verlor und auch durch Reagans Ausflug in die Politik, dem Nancy erst skeptisch gegenüberstand, nicht getrübt wurde, als er 1967 erst Gouverneur von Kalifornien wurde und dann 1981 Präsident.

Wenn Ronald politische Reden hielt, waren Nancy Augen bewundernd auf ihn fixiert. „Das Starren“, nannten Reporter es halb spöttisch, halb bewundernd.

Selbst hartgesottene Reporter wurden jedoch weich, wenn sie beide auf Wahlkampftour sahen, Händchen haltend oder einander küssend. „Wir wendeten uns normalerweise ab, weil wir fühlten, dass da etwas ganz besonderes, privates und wunderbares zwischen den beiden vor sich ging“, sagte ein ehemaliger Weiße-Haus-Korrespondent von NBC.

Auch später im Weißen Haus liefen sie Hand in Hand durch die Korridore oder ließen Liebesgrüße füreinander zurück. „Sie haben einander nie als selbstverständlich angesehen und nie aufgehört, sich gegenseitig den Hof zu machen“, sagte ein Pressesprecher Reagans einmal.

Nancy war aber nicht nur die große Liebe ihres Mannes, sondern auch seine wichtigste Beraterin, auch wenn sie alles tat, um das vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Nach der Niederlage ihres Mannes bei der Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten im Jahr 1976 war sie es, die ihn zum Feuern seines Wahlkampfmanagers veranlasste und die auch mithalf, für die erfolgreiche Kampagne in 1980 die richtigen Leute zu finden.

Als First Lady spielte sie nach dem Iran-Contra-Skandal eine entscheidende Rolle beim Rücktritt von Stabschef Donald Regan und ihr ist es auch zu verdanken, dass ihr dickköpfiger Mann sich schließlich zu einer Entschuldigung für den Skandal aufraffen konnte, was den zum Ende seiner Amtszeit dramatisch sinkenden Umfragewerten neuen Auftrieb gab.

Über die Jahre wurde Nancy zur eisernen Beschützerin ihres Mannes und seines Rufes. Ein Impuls, der sich nach dem Attentat auf ihren Mann im Jahr 1981 dramatisch verstärkte. Nachdem er genesen war, „hatte ich Panikattacken, jedesmal, wenn er das Haus verließ“, erzählte Nancy einmal.

Nancy wurde zum Gespött der Nation

Aus Angst um sein Leben riet sie ihm auch (erfolglos) ab, für eine zweite Amtszeit anzutreten. Nach dem Attentat begann sie die Astrologin Joan Quigley zu kontaktieren, die ihr in den Folgejahren half „gute“ und „schlechte“ Tage für die auswärtigen Termine ihres Mannes zu identifizieren.

Als Stabschef Regan nach seinem Rücktritt in seinen Memoiren darüber schrieb, wie die Wahrsagerin die Terminplanung des Präsidenten erschwert hatte, wurde Nancy für einige Zeit zum Gespött der Nation.

Überhaupt hatte sie ein problematisches Verhältnis zu den Medien, die zuweilen wenig schmeichelhafte Porträts über sie schrieben. So war Nancy von Anfang an umstritten gewesen. Einerseits wurde anerkannt, dass sie nach den dürren Carter-Jahren wieder Glamour und Stil ins Weiße Haus gebracht hatte.

Andererseits kam es weniger gut an, dass sie mitten in einer Rezession eine teure Renovierung des in die Jahre gekommenen Weißen Hauses durchsetzte und unter anderem für 200.000 Dollar neues Porzellangeschirr bestellte. Das war zwar von Spendern bezahlt worden, aber in Zeiten zweistelliger Arbeitslosigkeit wirkte es deplatziert.

Eine moderne Frau in einer Zeit, in der moderne Frauen nicht gefragt waren

Andere missgünstige Kommentatoren sahen in ihr eine Strippenzieherin, die aus dem Hintergrund die Politik ihres Mannes beeinflusste. „Ich entschuldige mich nicht dafür, dass ich ihm gesagt habe, was ich denke“, schreib sie später kämpferisch in ihren Memoiren.

„Acht Jahre lang habe ich mit dem Präsidenten geschlafen, und wenn das einem nicht einen besonderen Zugang gibt, dann weiß ich nicht, was einem solch einen Zugang geben sollte.“ Sie habe „Ronnie“ ihren besten Rat gegeben, wenn er danach gefragt habe, „und manchmal auch, wenn er nicht danach fragte“.

Unter anderem hat sie ihn stark ermuntert, nach der Ernennung von Michail Gorbatschow zum Staats- und Parteichef der Sowjetunion ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufzubauen und jene Gipfeltreffen abzuhalten, aus denen dann eine neue Entspannungspolitik erwuchs.

Ihr Beschützerinstinkt gegenüber Ronnie wurde ab 1994 auf besondere Weise herausgefordert, als Ronald Reagan einer geschockten Nation in einem Brief mitteilte, dass er an Alzheimer erkrankt sei und nun „eine lange Reise antrete, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führen wird“.

Nancy tat alles, um die Privatsphäre ihres Mannes zu bewahren in den zehn Jahren, die ihm noch bleiben sollten – auch, um das Andenken an ihn als einen der kraftvollsten Präsidenten der Nachkriegszeit nicht von einem öffentlichen Bild seiner Krankheit überlagern zu lassen. Gleichzeitig wurde sie zu einer energischen Kämpferin für die Stammzellenforschung, von der sie hoffte, sie könnte Demenzkrankheiten wie Alzheimer vielleicht irgendwann besiegen.

Nancy Reagan war eine moderne Frau in einer Zeit, in der moderne Frauen in der Politik nicht gefragt waren. Aus Liebe zu ihrem Mann spielte sie die vielleicht beste Rolle ihres Lebens: als Frau an seiner Seite, die sich in der Öffentlichkeit darauf konzentrierte, ihn ins rechte Licht zu rücken. Tatsächlich war sie jedoch eine wichtige intellektuelle Sparringspartnerin und politische Beraterin ihres Mannes.

„Ohne Nancy hätte es keinen Gouverneur Reagan, noch einen Präsidenten Reagan gegeben“, sagte Reagans langjähriger Berater und Freund Michael Deaver einmal. Am Sonntag ist Nancy Reagan in ihrem Haus in Los Angeles an Herzversagen gestorben.

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