Am höchsten bewertete positive Rezension
5,0 von 5 SternenAktive Gesellschaftspolitik am Beispiel USA-Geschichte der letzten 100 Jahre
Rezension aus Deutschland vom 26. Oktober 2009
Zielgruppe:
Dies ca. 300 Seiten umfassende Buch sollten all jene lesen, die sich für die Zusammenhänge zwischen (Markt-?) Wirtschaft und Gesellschaftspolitik interessieren. Es werden sich diejenigen bestätigt fühlen, die davon überzeugt sind, dass Politik sehr wohl Einfluss auf die gesellschaftlichen Verhältnisse eines Staates ausübt. Es ist aber imho auch und grade besonders geeignet für Anhänger der Globalisierung, soweit diese die (einzelstaatlichen) politischen Einflussmöglichkeiten gegenüber den (global-) wirtschaftlichen im Nachteil sehen.
Inhalt:
Paul Krugmann bezieht hier nachhaltig Stellung für die politische Einflussnahme auf gesellschaftliche Bedingungen. Am Beispiel der US-amerikanischen Geschichte in den letzten 100 Jahren belegt er eindrucksvoll, wie der Wille, die Überzeugung und letztlich die Entscheidungen der jeweiligen US-Politiker die Ausrichtung der Gesellschaft geprägt haben. Krugmann beschreibt,
- wie sich (US-) Amerika zu Beginn des 20. Jahrhundert in einer Gesellschaft beispielloser Ungerechtigkeit (dem sog. "Goldenen Zeitalter") entwickelte;
- wie sich danach langsam ein Wandel in das Zeitalter des "New Deal" vollzog mit dem erklärten Ziel einer sozial gerechten Gesellschaft, belegt durch wenig Armut, eine breite Mittelschicht und verhältnismäßig geringen Einkommensunterschieden auch zur reichen Oberschicht;
- wie anschließend eine erneute "konservative Bewegung" (angefangen bei McCarthy und endend mit George W. Bush) wieder zu haarsträubender Schieflage im Sozialgefüge geführt hat;
- und wie letztens mittlerweile (wieder geprägt durch politische Überzeugung) eine neuerliche Kehrtwendung zur gerechteren Gesellschaft führen soll (und seiner Meinung nach auch wird).
Schreibstil:
Krugmanns Stil ist flüssig und für Otto-Normalverbraucher leicht verständlich (umso lobenswerter für einen Professor). Insbesondere ist er vergleichsweise sparsam mit Fremdworten. Das Buch hat nur wenig Querbezüge (was mich oft an anderen Büchern stört), so dass man das Lesen ruhig mal für 2 Wochen unterbrechen kann, ohne von vorn anfangen zu müssen. Wohl in dem Bewusstsein der zu erwartenden Kritik der zahlreichen Lobbyisten belegt er seine Einschätzungen (etwa zu Einkommensunterschieden) jeweils haarklein und vielfältig (die Quellangabe umfasst 12 Seiten!). Natürlich kann man immer einzelne statistische Angaben in Zweifel ziehen. Aber die Summe seiner Belege ist doch mehr als beeindruckend.
Mein Fazit:
1) Ich habe doch Recht gehabt: Politik kann sehr wohl maßgeblich und nachhaltig die gesellschaftlichen Verhältnisse (z.B. die Einkommensdifferenzen zwischen arm und reich) determinieren. Diese Einflussnahme vermisse ich deutlich bei unseren politischen Verantwortungsträgern (bei schwarz/gelb nicht mehr so sehr - allerdings geht der Einfluss da in die falsche Richtung).
2) Das Buch ist meine absolute Empfehlung wert!