„Du bist niemandem verpflichtet außer den Zahlen" – CHRISTOPH GRUBER (GFK ENTERTAINMENT) im mica-Interview - mica - music austria

„Du bist niemandem verpflichtet außer den Zahlen” – CHRISTOPH GRUBER (GFK ENTERTAINMENT) im mica-Interview

CHRISTOPH GRUBER ist der Chart-Ermittler für Österreich. Mit Markus Deisenberger sprach der studierte Musiker und Musikwirtschaftsexperte darüber, wie die Charts funktionieren, wie er ihnen wieder zu mehr Bedeutung verhelfen will, und was es zu tun gilt, damit dort wirklich alle Genres abgebildet werden und Bands auch ihre Konzert-, Tournee- und Labelshop-Verkäufe melden können.

Du hast neulich in einem Workshop, in dem du interessierten Menschen den Job des Chartermittlers erklärt hast, mit der Aussage aufhorchen lassen, das sei aus deiner Sicht der beste Job im Musikbusiness. Wieso, denkst du, ist das so?

Christoph Gruber: Weil du als Chartermittler nicht im Tagesgeschäft des Musik-Biz bist. Du bist niemandem verpflichtet außer den Zahlen. Das ist Marktforschung. Du bist auch in keiner Größenordnung. Wenn du dir den Musikmarkt anschaust, dann gibt es a) die DIY-Leute, die etwas erreichen möchten. Dann gibt es b) die mittleren Strukturen, die Indie-Leute, die Dienstleistungen anbieten, und c) die Majors, die ein komplett anderes Geschäftsmodell verfolgen. Ich bin davon unabhängig, schaue überall drüber und analysiere, wie sich der Markt in der Vorwoche entwickelt hat. Ich bin selber Musiker und habe nahezu in jedem Genre schon gearbeitet, fühle mich aber keiner Musikrichtung näher als einer anderen. Das Spannende an den Charts ist, dass alles abgebildet wird, was am Markt ist.

Tatsächlich?

Christoph Gruber:  Ja. Es ist alles drinnen, was sich am Markt durchsetzt hat.

Aber nicht alles wird gleich gewürdigt, oder?

Christoph Gruber: In harten Zahlen schon. Was in der Vorwoche am meisten gestreamt und gekauft und downgeloadet wurde, wird in den Charts abgebildet. Aber es gibt in jedem Land eigene Regelwerke, die voneinander abweichen, d.h. anders funktionieren. Das Regelwerk, das wir in Österreich haben, finde ich großartig, weil es ermöglicht, dass wir in einer Woche die Christl Stürmer auf der Nummer eins der Album Charts haben und die Woche drauf einen internationalen Act. D.h. es wird das abgebildet, was von nationalem Interesse ist, aber auch, dass der Markt Teil eines größeren Ganzen ist.

Warum ist das System so, wie es ist, und was bildet es ab?

Christoph Gruber: Grundsätzlich bilden die Charts ab, was innerhalb einer Wertungswoche an Singles und Alben an einem Point of Sale gekauft und gestreamt wurde. Es geht um die Kaufentscheidung eines Publikums, d.h. jemand geht in ein Geschäft und kauft sich eine CD, weil er die Musik hören will. Oder jemand schließt ein Premium-Abo ab und streamt dann bestimmte Titel. Das ist eine Kundenentscheidung und nicht so wie beim Radio, wo ich das geliefert kriege, was gerade läuft.

Worin liegt nun der Unterschied zu anderen Ländern?

Christoph Gruber: In Deutschland zum Beispiel, gibt es Werte-Charts, d.h. es wird nicht abgebildet, wie viele Stückzahlen verkauft wurden, sondern wie viel die Stückzahlen wert sind. Wenn z.B. ein Rapper ein neues Album rausbringt und ein fettes Package macht, das hundert Euro kostet, dann wird nicht gezählt, dass er ein Album verkauft hat, sondern dass er hundert Euro an Wert verkauft hat.

Bei uns ist man automatisch in den Charts?

Christoph Gruber: Ja, man ist automatisch drin, wenn man relevant ist sprich bestimmte Stückzahlen bzw. Streams erreicht hat. Du könntest dich theoretisch von den Charts auch abmelden, was aber im Grunde niemand tut. Aber es wird alles am Point of Sale gesammelt. Ein physischer Verkauf zählt 1:1, bei Streams ist es ein bisschen anders.

Inwiefern?

Christoph Gruber: Ein Stream hat eine andere Gewichtung als ein physischer Verkauf. Da gibt es Berechnungen, die dahinterstehen und die in jedem Land ein wenig anders ausschauen.

In deinem Workshop hast du gesagt, dass ein Verkauf mehr zählt als ein Stream. Warum? Das widerspricht doch der erwähnten Wertefreiheit?

Christoph Gruber: Ich weiß, was du meinst. Der große Unterschied zwischen physischen Verkauf und Streams ist: Wenn du eine CD gekauft hast, kann es theoretisch sein, dass du sie nachher ins Regal stellst und nie abspielst. Aber wenn dir ein Album wirklich taugt, dann ist es in Dauerrotation. Und dann wird beim Stream jede einzelne Nutzung abgebildet.

Aber zwischen Free und Premium wird unterschiedlich gewertet?

Christoph Gruber: Ja, Free wird anders gewertet als Premium. Das hat wiederum mit der Kaufentscheidung zu tun. Dann gibt es auch einen großen Unterschied zwischen Singles und Alben. Wenn man sich die Single-Charts anschaut, dann bilden die immer eher den internationalen Markt ab. Alles, was trendig ist, auf Tiktok vorkommt. Wenn man die Wochencharts in Österreich, Deutschland, der Schweiz, UK und USA vergleicht, gleichen sich die Titel fast 1:1, nur das Ranking innerhalb der ersten Positionen variiert. Bei den Alben aber ist es komplett anders: Die bilden eher ab, was im Land passiert.

Und sind auch abhängig von Reissues, wie du in deinem Workshop erzählt hast. D.h. wenn gerade alle AC/DC-Alben neu aufgelegt werden, kann es schon sein, dass in einer Woche die bekanntesten dieser wieder aufgelegten Alben alle in den Top 75 sind.

Christoph Gruber: Genau. Die sind einmal kurz da und dann aber wieder weg, also nichts, was sich nahhaltig über Monate hinweg ziehen würde. Was ich spannend finde, ist: Wenn eine Single etwa nur in Österreich in den Charts ist, in anderen vergleichbaren Ländern aber nicht und ich dann recherchiere, wieso das so ist, hat es meistens einen Grund. Ein Fußballclub hat den Song als Hymne verwendet, deshalb kam er in Playlisten rein etc. Oder das Neujahrskonzert: Es ist fix, dass das die Aufnahme des Neujahrskonzerts in den ersten Wochen des neuen Jahres so viel an Verkäufen erzielt, dass es in die Charts kommt und sich dann auch relativ lange hält.

„Wir sind in einem Teufelskreis.”

Was mich direkt zur Relevanz- Frage bringt. Wenn die Charts von solchen Zufälligkeiten abhängen, wie relevant sind sie dann überhaupt. Und wenn ja für wen?

Bild Christoph gruber
Christoph Gruber (c) Christoph Gruber

Christoph Gruber: Als ich den Job übernahm, habe ich viele Leute gefragt, was sie von den Charts halten. Das Gesagte kann ich zusammenfassen mit: Wir sind in einem Teufelskreis. Die, die in den Charts sind, finden das relevant und tun alles, damit die Verkaufszahlen in die Charts einfließen. Sie melden etwa Sondereditionen an oder spezielles Vinyl, das es nur bei einem bestimmten Händler gibt. Man kann derlei auch für die Charts anmelden. Die Majors sind darin sehr gut. Die melden alle ihre Produkte an und wir pflegen das, was an Verkauf gemeldet wird, in unser System ein. Das Problem ist aber: Viele Leute, die die Charts für nicht relevant halten, melden gar nichts. Weil es ihnen egal ist. Die haben ihren Fokus woanders. Auf der anderen Seite: Sie sind eben deshalb nicht in den Charts, weil es ihnen egal ist.

Man kann auch Verkäufe bei Konzerten melden. Wie geht diese Meldung? Welche Voraussetzungen muss ich dafür erfüllen?

Christoph Gruber: Man muss die Veranstaltung vorher bei der GfK Entertainment anmelden und dann dafür sorgen, dass auch die Verkäufe korrekt gemeldet werden.Du brauchst weiters einen autorisierten Chart-Händler, der vor Ort die Verkäufe durchführt. Man muss dazu sagen, dass aktuell sehr wenig gemeldet wird. Und genau das wollen wir ändern bzw. umbauen. Durch Automatisierung und Digitalisierung. Alles, was im Markt B2C verkauft wird, soll auch in den Charts abgebildet werden. Und dort, wo die Musiker:innen am meisten CDs verkaufen ist, wenn sie Konzerte spielen nämlich, natürlich auch.

Aber wie realistisch ist es, dass die Bands, die im Chelsea oder im B72 spielen, an einen autorisierten Händler kommen und die Verkaufszahlen dann gemeldet werden?

Christoph Gruber: Da sind wir daran, Strukturen zu schaffen, die genau das gewährleisten. In vielen Ländern läuft eine Bon-genaue Meldung über Postleitzahlen und man kann theoretisch am Bon nachschauen, ob das Gemeldete auch tatsächlich auch an den Endkunden verkauft wurde. Man muss sich ein Geschäftsmodell überlegen, denn chartrelevante Daten sind und auch steuerrelevante Daten. Die Charts sind also auch ein Tool zur Professionalisierung. Für Musiker:innen geht es darum, ein Geschäftsmodell aufzubauen, damit sie von der Musik leben können. Wenn ich weiß, dass Tour-Verkäufe und Konzertverkäufe ein wesentlicher Teil der Einnahmen sind und eine Rolle spielen, dann sollten sie sich auch in den Charts widerspiegeln. Viele Bands auf Tour verkaufen dort auch Tonträger, melden diese Verkäufe aber nicht für die Charts. Leider melden auch nicht alle Plattenläden ihre Verkäufe. Das müssen wir aufbrechen.

Dafür müssen halt auch alle mitspielen, oder?

Christoph Gruber: Ich habe, seit ich diesen Job angetreten bin, mit vielen Menschen geredet. Es hätte mir bisher noch kein einziger gesagt, dass er/sie da nicht dabei wäre. Es sind alle interessiert daran, dass das System besser und transparenter wird. Ich habe mit vielen Händlern gesprochen, die alle melden würden, wenn es kein extra Aufwand ist.

Und jene, die die Relevanz noch nicht erkannt haben?

Christoph Gruber: Die sind der Meinung, dass auf die Charts eh keiner schaut. In Deutschland läuft es andersrum: Die nehmen keine neuen Händler mehr dazu, weil jeder kleine Laden um die Ecke melden will. Da ist es ein Privileg, ein Chart-Händler zu sein.

Was bringt es einem Händler, Chart-Händler zu sein?

Christoph Gruber: Ich sag mal so: Wir müssen Anreize schaffen, dass Plattenkäufer im Laden um die Ecke ein Produkt finden, dass sie bei Amazon nicht bekommen. Das gibt es aktuell nicht. Eher umgekehrt: Jemand geht zum Händler und will ein exklusives Vinyl eines neuen Albums. Die hat der Händler dann vielleicht nicht, also geht er raus aus dem Geschäft und bestellt sie noch auf der Straße bei Amazon. Labels könnten hier Händlern exklusive Produkte bieten, die es nur dort gibt. Sondereditionen und exklusive Produkte können bei uns gesondert angemeldet werden. Das steht alles im Regelwerk.

Was ich noch immer nicht verstehe, ist, dass manche Labels keinen freien Download-Code zum Vinyl dazu geben. Da Amazon zu fast jeder von ihnen verkauften Vinyl einen Free-Download anbietet, haben Händler dadurch einen klaren Nachteil. Das scheint vielen Labels nicht bewusst oder schlichtweg egal zu sein.

Christoph Gruber: Da geht es um Nutzerverhalten. Ich persönlich kaufe oft Vinyl und streame dann trotzdem, weil ich viel unterwegs bin und Musik auch dann hören will, wenn ich nicht gerade den Plattenspieler vor mir habe. Und man muss die Labels dazu bewegen, Anreize für die Händler zu schaffen. Am Ende geht es um Win-Win-Win für die Labels, Händler und Konsumenten. Davon profitieren dann auch die Künstler:innen.

Es gibt den Record Store Day.

Christoph Gruber: Ja, aber das sind punktuelle Aktionen. Mir wäre am liebsten, ein System zu schaffen, bei dem alle relevanten Verkäufe automatisiert und digitalisiert für die Charts gemeldet werden. Inklusive Konzert- und Tourverkauf.

Wie funktioniert es jetzt, dass du zu den Zahlen kommst, die du brauchst, um das Marktgeschehen wöchentlich möglichst getreu abzubilden?

Christoph Gruber: Die Chartwoche geht von Freitag 00.00 Uhr bis Donnerstag 23.59 und 59 Sekunden. Alles, was in dieser Woche gekauft, gestreamt oder downgeloadet wurde – wobei der Download mittlerweile fast zu vernachlässigen ist -, fließt in die Charts ein. Bei digitalen Singles und Alben geht es um den ISRC, bei den physischen Produkten um den EAN-Code. Wenn es von einem Album z.B. eine CD, Kassette und Vinyl gibt, wird das als ein Album gesehen, das wird zusammengeführt, d.h., mehrere Konfigurationen gelten als ein Produkt. Alle Verkäufe und Streams werden am Ende zusammengezählt und dann in einem Ranking veröffentlicht. Am Ende hast du 75 Positionen Singles und 75 Positionen Alben. Das ist das Prinzip.

Du willst, dass mehr Händler melden. Wie willst du das erreichen?

Christoph Gruber: Indem ich mich jede Woche in den Zug setze, zu Händlern fahre und mit ihnen rede. Eine E-Mail, in der ich mitteile, dass ich der neue Chart-Ermittler für Österreich bin, reicht nicht. In den meisten Fällen verstehen sie, was ich meine, worum es mir geht, und sind dabei.

Wer sind deine Auftraggeber?

Christoph Gruber: Der Auftraggeber der Ö3 Austria Top 40 ist die IFPI Österreich, die Zahlen werden von der GFK Entertainment ermittelt, ich fungiere mit meinem Team für die GfK als Außenstelle Österreich. Die GfK ermittelt die Charts übrigens in über 20 Ländern.

Du gehst zu den Händlern und sprichst mit ihnen, damit sie ihre Zahlen melden. Was tust du sonst noch, um das System zu verbessern?

Christoph Gruber: Ich gehe auch zu Bands, wenn ich höre, dass sie auf Tour gehen und wahrscheinlich ist, dass sie dort CDs und Vinyl verkaufen. Meistens haben sie gar nicht gewusst, dass man das melden kann.

Wie komme ich zu einem autorisierten Händler, der mir auf Tour meine Sachen so verkauft, dass sie gemeldet werden?

Christoph Gruber: Ich kann dir sagen, was ich aufbauen will: Ein automatisiertes, digitales und skalierbares System. Im Regelwerk steht, dass Verkäufe bei Konzerten nur dann für die Charts für die Charts gewertet werden, wenn sie von einem autorisierten Charts-Händler vor Ort bei der Veranstaltung durchgeführt wurden. Das Regelwerk besagt weiters, dass beim Konzertverkauf höchstens das Doppelte von dem gemeldet werden darf, was sonst auf dem Gesamtmarkt passiert. Angenommen ich habe eine neue CD auf dem Markt und in der Woche wurden auf dem regulären Markt 50 Stück verkauft. Wenn die Band dann 150 Stück vom Konzertverkauf meldet, werden maximal 100 Stück für die Charts berücksichtigt. Insgesamt gelingt es dem System durch das zusätzliche Melden der Tour-Verkäufe, wirklich abzubilden, was sich auf dem Markt tut. Wenn eine Band viel Live spielt ist und deshalb mehr verkauft, dann wird das in den Charts auch abgebildet.

Spielt KI bei der Manipulation eine Rolle?

Christoph Gruber: Das spielt eher bei den Streaming-Plattformen eine Rolle, wobei man sagen muss, dass mittlerweile die Fraud-Detection-Systeme der Plattformen so stark sind, dass sie sofort erkennen, wenn eine Manipulation versucht wird. Bei Streaming zu manipulieren ist fast nicht möglich, weil du jede Plattform separat manipulieren müsstest. Wobei man sagen muss, dass Manipulation grundsätzlich kein gutes Geschäftsmodell ist.

„Man kann die Charts nicht ändern, aber ich kann die Aufmerksamkeit ändern, wie mit den Charts gearbeitet wird“

Du hast im Vorfeld auch gesagt, es gehe darum, den physischen Markt zu stärken. Warum?

Christoph Gruber: Der physische Markt ist immer noch der, wo Herzblut verkauft wird. Da steht noch ein Mensch im Laden, der ein Interesse daran hat, dir etwas zu anzubieten, an dem du eine Freude hast. Vielleicht wird das in fünf Jahren nicht mehr so sein, weil Streaming zu stark geworden ist. Aber jetzt macht es aus meiner Sicht durchaus Sinn, in diese Kerbe zu schlagen. Beim physischen Markt geht es ja zu einem guten Teil gar nicht darum, dass sich die Platte jemand auflegt, sondern es hat Souvenir-Charakter. Es gibt einen jungen Käuferkreis an Leuten, die nicht einmal einen Plattenspieler haben, die Platte ganz einfach haben wollen wie ein Band-T-Shirt. Das gehört gestärkt, so lange es noch da ist. Und auch der Album-Markt, in dem die österreichischen Acts viel besser abgebildet werden als in den Single-Charts, gehört gestärkt.

Man kann die Charts nicht ändern, aber ich kann die Aufmerksamkeit ändern, wie mit den Charts gearbeitet wird. Mein Lieblingsthema ist die “Markterziehung”: Ich kann mit vielen Menschen reden und versuchen, die Relevanz der Charts zu stärken. Es geht darum, die Lebensmodelle von Musikschaffenden in Österreich über alle Genres hinweg abzubilden. Der österreichische Markt findet statt, er ist stark und divers. Es geht nicht darum, das Regelwerk neu zu gestalten, das Regelwerk ist großartig so, wie es ist, es geht einfach darum, zu schauen, dass das, was am Musikmarkt passiert, besser in den Charts abzubilden.

Wenn Radios zum Beispiel etwas in den Charts sehen, das sie noch gar nicht spielen, kann das einen positiven Effekt haben, man kann vielleicht in diese Richtung etwas bewegen. Das ist Teil der Vision.

Und noch mal zur KI: Ich kann mir vorstellen, dass KI irgendwann so viel Output generieren wird, dass der Markt von KI-Artists geflutet wird. Jetzt haben wir die Diskussion, dass zu wenig Frauen in den Charts sind, Vielleicht haben wir in ein paar Jahren die Diskussion, dass zu wenig Menschen in den Charts sind.

Getrennte Charts. Charts für KI-generiertes Zeug, das dann hoffentlich infolge des KI-Acts auch als solches ausgewiesen werden muss, und die herkömmlichen Charts für Musik von Menschen.

Christoph Gruber: Genau. Das Nutzerverhalten – wie immer es auch aussehen mag – soll weiterhin abgebildet werden. Es gibt Genres, in denen die Charts überhaupt keine Rolle spielen. Es gibt auch Lebensmodelle, für die die Charts keine Rolle spielen, Neue Musik zum Beispiel, weil das Verdienstmodell da nicht auf Tonträger ausgerichtet ist. Da spielen auch Förderungen eine große Rolle und es geht um Aufführungen und direkten Kontakt.

Eine Band hat in deinem Workshop das Beispiel gebracht, dass ihre Plattenverkäufe zu 80% über den eigenen Online-Shop passieren.

Christoph Gruber: DIY-Musikschaffende, die sich so ein Stammpublikum aufbauen und direkt an den Endkunden verkaufen, sind in unserem aktuellen Regelwerk noch gar nicht berücksichtigt. Es geht darum, künftig auch diese Verkäufe abzubilden. Angenommen diese Band würde am Gesamtmarkt nicht stattfinden, sondern nur ausschließlich über den eigenen Shop verkaufen, dann würden diese Zahlen auch nicht in die Charts kommen. Aber für eine Band, die im regulären Handel verkauft und auch gestreamt wird, könnten die Verkäufe über den labeleigenen Shop u.U den Schubs geben, damit sie in den Charts prominenter abgebildet werden. Daran müssen wir arbeiten!

Vielen Dank für das Gespräch.

Markus Deisenberger

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