Darsteller, Regie, Drehbuch, Schnitt, Produzent
Berlin

Biografie

Michael Verhoeven wurde 1938 in Berlin in eine Theaterfamilie geboren: Seine Mutter war die Schauspielerin Doris Kiesow, sein Vater der Schauspieler, Theater- und Filmregisseur Paul Verhoeven (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen niederländischen Filmregisseur). Auch seine ältere Schwester Lis Verhoeven, die später Mario Adorf heiratete, ist Schauspielerin. Michael selbst stand mit 13 Jahren das erste Mal auf der Bühne, in "Pünktchen und Anton". Seine erste Filmrolle spielte er ebenfalls in einer Kästner-Adaption: "Das fliegende Klassenzimmer" (1953). In den Folgejahren trat er unter anderem bei Hans Deppe, Helmut Käutner und zweimal er an der Seite von Heinz Rühmann auf, in "Der Pauker" (1958) und, unter der Regie seines Vaters, in "Der Jugendrichter" (1960).

Die familiäre Vorbelastung und insbesondere die Vaterfigur waren übermächtig. Michael Verhoeven brach auf seine Weise aus und entschied sich zunächst für den Arztberuf. Er absolvierte nach dem Abitur 1957 ein Medizinstudium in München, Berlin und Homburg, dass er 1969 mit einer Promotion zur "Psychiatrischen Maskierung von Gehirntumoren" abschloss. Zugleich arbeitete er als Schauspieler weiter und begegnete 1963 bei den Dreharbeiten zu "Jack und Jenny" seiner großen Liebe Senta Berger, die sich gerade auf dem Sprung nach Hollywood befand. Die beiden pendelten einige Jahre zwischen Deutschland und den USA, wo Verhoeven als Arzt praktizierte. Sie heirateten 1966 und gründeten gemeinsam die Sentana Filmproduktion. 1967 debütierte Verhoeven als Filmregisseur mit "Paarungen", einer Adaption des Strindberg-Stückes "Totentanz", in dem er die Rollen vertauschte und nun mit seinem Vater als Darsteller arbeitete. Den Versuch, zugleich Arzt und Regisseur zu sein, gab er erst 1973 endgültig auf.

Verhoeven nimmt eine eigentümliche Sonderstellung ein. Er begann in den 1960er Jahren als unabhängiger Filmemacher und wurde doch nie wirklich zum "Neuen Deutschen Film" gezählt – obgleich er die im Oberhauser Manifest propagierte Auflehnung gegen "Papas Kino" teilte (für das sein eigener Vater gewissermaßen ein Repräsentant war). Kaum ein anderer Regisseur hat so konsequent und direkt wie er immer wieder politische Themen auf die Leinwand gebracht, sich dabei vor allem mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt und mit seinen Filmen wiederholt Diskussionen oder sogar Skandale ausgelöst. Dennoch haftet ihm hartnäckig der Ruf eines "bürgerlichen" Regisseurs an, der seine Sujets in allgemein humanistischer, aufklärerischer Weise behandelt. Ein Grund mag darin liegen, dass er sich gerade als autonomer Produzent auch mit kommerziellen Rahmenbedingungen arrangierte; ein anderer in seiner Nähe zum traditionellen Theater. Auf die für ihn zentrale Rolle des professionellen Schauspielers bezog sich seine von ihm selbst formulierte Abgrenzung vom "Dilettantismus" mancher Jungfilmer.

Nach seinem Debüt drehte Verhoeven zunächst zwei Auftragsarbeiten für Rob Houwer, "Engelchen macht weiter - hoppe, hoppe Reiter" (1968) und "Der Bettenstudent" (1969), die als freizügige "Schwabing-Lustspiele" den Filmen von May Spils verwandt sind. Mit dem Lehrstück "o.k.", das im Stile des epischen Theaters ein authentisches Ereignis aus dem Vietnamkrieg in den Bayerischen Wald verlegt, sprengte er 1970 den Wettbewerb der Berlinale, der wegen Konflikten zwischen der amerikanischen Delegation und beteiligten Regisseuren schließlich abgebrochen wurde. Auch sein Kurzfilm "Tische" (1970) befasste sich mit dem Vietnamkrieg.

Mit "Die weiße Rose" (1982) drehte er den ersten großen Film über Widerstandskämpfer im Dritten Reich. Der Filmabspann, der monierte, dass die Todesurteile des "Volksgerichtshofs" gegen die Widerstandsgruppe von der bundesdeutschen Justiz immer noch als rechtsgültig betrachtet wurden, führte zu weitreichenden Debatten. Erst 1998 wurden die Urteile aufgehoben. In "Das schreckliche Mädchen", der 1991 für einen Oscar als bester ausländischer Film nominiert wurde, zeigt er wenige Jahre später eine Schülerin, die über die NS-Vergangenheit ihrer Heimatstadt recherchiert und deshalb angefeindet wird (in der Hauptrolle wiederum Lena Stolze). Verhoeven definiert sich als Antinationalist, aber zugleich Regisseur mit "deutschen" Themen, der im konkreten örtlichen Bezug das Allgemeingültige sichtbar machen will, wobei er häufig lokale Elemente wie Mundart verwendet.

Auffällig oft sind widerständige Frauen seine Hauptfiguren. So auch in seinem bislang letzten Kinofilm "Mutters Courage" (1994), der seine filmische Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus fortsetzt. Er adaptierte hier eine Vorlage von George Tabori, den er vom Theater her kannte und über den er 1999 ein dokumentarisches Fernsehporträt drehte. Zwischenzeitlich inszenierte er Brecht und Horvath an den Münchner Kammerspielen, ab 1970 arbeitete er kontinuierlich auch für das Fernsehen. Er drehte "Tatort"-Folgen und Fernsehfilme wie "Schlaraffenland", der 1990 unmittelbar und zugleich kritisch auf die deutsche Wiedervereinigung reagierte. Mit Senta Berger in der Hauptrolle realisierte er die populäre Serie "Die schnelle Gerdi" (1988) über eine Münchner Taxifahrerin, 2003 die Fortsetzung "Die schnelle Gerdi und die Hauptstadt".

Verhoeven und Berger haben zwei Söhne, Simon Verhoeven und Luca Verhoeven, die ebenfalls als Schauspieler, bzw. auch als Regisseur (Simon) und Produzent (Luca) arbeiten; ebenso die Nichte Stella Adorf. Über die sich fortsetzende "Dynastie" drehte Felix Moeller 2003 den Dokumentarfilm "Die Verhoevens". Michael Verhoeven selbst, der von der Filmliteratur wenig beachtet wird, hat unter dem Titel "Paul, ich und wir" 2006 ein Buch über seine Familie veröffentlicht. Er war 2003 Mitbegründer der Deutschen Filmakademie und ist Träger zahlreicher Filmpreise wie auch politischer Auszeichnungen, darunter die vom Zentralrat der Juden verliehene Josef-Neuberger-Medaille (1997), das Bundesverdienstkreuz (1999) und der Bayerische Verdienstorden (2002).

2006 kam Michael Verhoevens Dokumentarfilm "Der unbekannte Soldat" in die Kinos. Darin befasst Verhoeven sich mit dem brisanten Thema der Kriegsverbrechen der Wehrmacht während des 2. Weltkriegs. Im gleichen Jahr erhielt er den Achievement Award des Jüdischen Filmfestivals in Jerusalem für seinen "beständigen Einsatz gegen den Nationalsozialismus". Einen häufig verdrängten Themenkomplex behandelte Verhoeven auch in seinem nachfolgenden Dokumentarfilm "Menschliches Versagen" (2008), über die Frage, in welchem Ausmaß die zivile Bevölkerung in Nazi-Deutschland zum Profiteur der systematischen Beraubung ihrer jüdischen Mitmenschen wurde. Mit der Praxis und den gesellschaftlichen Auswirkungen der Todesstrafe in den USA befasste er sich in "Die zweite Hinrichtung - Amerika und die Todesstrafe" (2011). Neben diesen Kinoprojekten inszenierte Verhoeven ab 2008 mehrere Folgen der Krimireihe "Bloch".

2013/2014 drehte er den TV-Film "Let's go", eine Verfilmung von Laura Wacos autobiographischem Roman über die schwierige Wiederbegegnung einer jungen Frau (Alice Dwyer) mit ihrer Mutter (Naomi Krauss), einer Holocaust-Überlebenden. Gleich im Anschluss, 2014, entstand mit "Glückskind" ein weiterer TV-Film, der auf einem Roman basierte.

Dem Kino wandte sich Verhoeven erneut 2016 zu - als Produzent von "Willkommen bei den Hartmanns". Unter der Regie seines Sohnes Simon Verhoeven und mit seiner Frau Senta Berger in einer Hauptrolle, griff die Komödie die Flüchtlingsthematik auf und schilderte den turbulenten Alltag einer Familie, die sich entscheidet, einen Flüchtling bei sich aufzunehmen, dessen Anwesenheit Ehe- und Haussegen in eine bedenkliche Schieflage zu bringen droht. Mit 3,8 Millionen Besuchern war der Film ein großer Kinoerfolg. Beim Bayerischen Filmpreis 2017 wurde Verhoeven in der Kategorie Beste Produktion ausgezeichnet (gemeinsam mit Max Wiedemann, Quirin Berg und Simon Verhoeven).

In den nächsten Jahren wurde es ruhiger um den Filmemacher, wenngleich er neben seinem Sohn Simon bis heute als Geschäftsführer der Sentana Filmproduktion firmiert. Im Januar 2022 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Helmut-Käutner-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet.

Michael Verhoeven und Senta Berger, die bald 60 Jahre lang verheiratet sind, leben in München.

FILMOGRAFIE

2014
  • Regie
  • Drehbuch
2013/2014
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2007/2008
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2007/2008
  • Darsteller
  • Regie
2005/2006
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2003/2004
  • Regie
2002/2003
  • Mitwirkung
2002
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2002
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2002
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2002
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
2002
  • Regie
  • Produzent
2002
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1999/2000
  • Regie
  • Drehbuch
1994/1995
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1993
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1990
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1989
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1987/1988
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1986/1987
  • Regie
1986/1987
  • Regie
  • Produzent
1985/1986
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1985/1986
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1984
  • Regie
  • Produzent
1983
  • Drehbuch
  • Produzent
1983
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1981/1982
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1982
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1979/1980
  • Regie
  • Produzent
1979/1980
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1980
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1978
  • Regie
1977/1978
  • Regie
  • Drehbuch
1976
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1975
  • Regie
  • Produzent
1975
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1973
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1973
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1971
  • Darsteller
1971
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1970
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
  • Produzent
1970
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
1969/1970
  • Darsteller
  • Regie
1968/1969
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1970
  • Regie
  • Schnitt
1968
  • Darsteller
1967
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1965
  • Darsteller
1964
  • Darsteller
1963
  • Darsteller
1963
  • Darsteller
1963
  • Darsteller
1963
  • Darsteller
1962
  • Darsteller
1961/1962
  • Darsteller
1959/1960
  • Darsteller
1959/1960
  • Darsteller
1959
  • Darsteller
1959
  • Darsteller
1958
  • Darsteller
1955/1956
  • Darsteller
1955
  • Darsteller
1954/1955
  • Darsteller