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Michael Roth: Türkische Wahl war frei, aber nicht fair - ZDFheute
Michael Roth: Türkische Wahl war frei, aber nicht fair
Reaktionen zur Türkei-Wahl:"Wahl war frei, aber nicht fair"
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Außenpolitiker Michael Roth spricht von einem ernüchternden Wahlergebnis in der Türkei. Dem Grünen-Politiker Cem Özdemir fehlten faire Bedingungen. Reaktionen zur Wahl.
"Die Türkei ist seit 10 Jahren auf dem Weg in ein autoritäres System. Die Wahlen mögen frei gewesen sein, aber sie waren nicht fair", sagt Michael Roth, SPD (Auswärtiger Auschuss).15.05.2023 | 4:35 min
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth (SPD), hat den Ausgang der Wahl in Türkei als ernüchternd bezeichnet. "Das ist erstmal für all diejenigen, die sich eine demokratische und rechtsstaatliche Türkei wünschen, ein sehr ernüchterndes Ergebnis", sagte Roth am Montag im ZDF-Morgenmagazin.
Er rechne damit, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan den Wahlkampf im Fall einer Stichwahl weiter mit aller Härte führen werde.
Im Rennen um das Präsidentenamt liegt Erdogan nach Angaben der Wahlbehörde vorne, muss sich aber voraussichtlich einer Stichwahl stellen. Demnach erhielt der Präsident 49,49 Prozent der Stimmen, Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu 44,79 Prozent. Die Endergebnisse wurden noch nicht verkündet.
Bei der Türkei-Wahl konnte bisher kein Kandidat eindeutig mit einer Mehrheit gewinnen. Deshalb sieht es bisher nach einer Stichwahl am 28. Mai aus. Wie würde es danach weitergehen?
Narîn Şevîn Doğan, Istanbul
mit Video
Roth: Türkei wird zu autoritärem System
Roth sagte erneut, dass die Wahlen nicht fair gewesen seien. Alle wichtigen Staatsinstitutionen, auch die Medien würden weitgehend von Erdogan und seinem Regime kontrolliert.
Sollte Erdogan sein Amt verteidigen, erschwere das die deutsch-türkischen Beziehungen. Roth macht sich nach eigenen Angaben auch Sorgen um die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei. "Wir brauchen jetzt jemanden, der den Blick wieder nach Europa richtet und zu unseren Werten und das ist dezidiert Erdogan nicht."
Özdemir: Wahl in der Türkei war nicht fair
Auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) blickt ernüchtert auf das vorläufige Wahlergebnis. Selbst wenn Oppositionskandidat Kemal Kilicdaroglu in der nun wahrscheinlichen Stichwahl gewinnen sollte, werde "er ein zutiefst gespaltenes Land vorfinden", sagte Özdemir im Bayerischen Rundfunk. Er sieht den Drittplatzierten, den nationalistischen Kandidaten Sinan Ogan, nun als Königsmacher.
Auch in Deutschland haben viele Menschen den Wahlabend in der Türkei um das Amt des Präsidenten verfolgt. Derzeit deutet alles auf eine Stichwahl hin. Reaktionen aus Köln.15.05.2023 | 2:29 min
Von Wahlmanipulationen hat Özdemir keine Kenntnis. Er betonte aber, dass es im Vorfeld der Wahl keine fairen Bedingungen für die Opposition gab:
Ein Teil der Oppositionspolitiker und Journalisten sei im Gefängnis oder im Exil. "Aber das Wahlergebnis selber dürfte schon die Stimmung wiedergeben. Da darf man sich nichts vormachen."
Die Dokumentation zeigt, wie die türkische Regierung weltweit Kritiker jagt und mundtot macht. Der Journalist Can Dündar führt durch den Film. 09.05.2023 | 43:48 min
Erdogans Terrorliste - Wie die türkische Regierung weltweit Kritiker jagt:
Dass viele Türken in Deutschland wohl Erdogan gewählt haben, liegt nach Meinung Özdemirs auch an Versäumnissen in der Integrationspolitik. "Hätte man früher den Menschen aus der Türkei signalisiert, hier spielt die Musik, bringt euch hier ein, hätte es geholfen", sagte Özdemir, dessen Eltern in den 1960er-Jahren aus der Türkei nach Deutschland kamen.
Grüne wollen Kilicdaroglu weiter unterstützen
Die Grünen hatten sich deutlich für eine Wahl des Oppositionsbündnisses ausgesprochen. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang plädiert nun Kilicdaroglu auch bei einer Stichwahl zu unterstützen. Sie finde es "als Partei richtig, dass man in solchen Situationen auch Position bezieht und ganz klar sagt: 'Wir stellen uns an die Seite der Demokratinnen und Demokraten'", sagte Lang gegenüber RTL und ntv.
Der Wahlkampf sei weitgehend fair gewesen, da Erdoğan aber "80% der Medien kontrolliert, lässt sich nicht von fairen Vorbedingungen sprechen", sagt ZDF-Reporterin Anna Feist.15.05.2023 | 1:43 min
Lang erhofft sich von einem Sieg Kilicdaroglus eine bessere Situation für Oppositionelle, Journalisten, die LGBTQI-Bewegung und Frauen. Sie würde sich "sehr freuen", wenn diese Menschen es "in Zukunft ein bisschen leichter haben".
CDU-Politikerin Güler: Viele Türken setzten auf Erfahrung
CDU-Politikerin Serap Güler versucht zu erklären, warum viele Menschen für Präsident Erdogan gestimmt haben. "Viele vertreten in dieser Situation nach wie vor die Einstellung, in so einer Krise ist es zu gefährlich auf jemand Neuen zu setzen und es ist besser mit jemandem weiterzumachen, der jahrelange Erfahrung mitbringt", sagte sie bei ZDFheute live.
Für den türkischen Präsidenten komme eine Stichwahl überraschend. Erdoğans Rede in der Wahlnacht zeige, dass das Land vor einer schwierigen Zeit stehe, sagt CDU-Politikerin Güler.15.05.2023 | 7:36 min
Unterwegs in der türkischen Erdbebenregion habe Güler erst vor ein paar Wochen selbst gemerkt wie frustiert und wütend die Menschen waren, aber trotzdem daran geglaubt hätten, dass Erdogan sie als einziger "aus dieser Krise rausholen kann".
Die türkische Community in Deutschland habe auch bei dieser Wahl eher für Präsident Erdogan gestimmt, so Güler. Das würde auch daran liegen, dass die meisten Türkeistämmigen aus Anatolien stammen würden - einer Region, die Erdogan eher unterstützt.
Güler sagt aber auch: Die Spaltung der in Deutschland lebenden Türken sei riesig. "Ich kenne auch in Deutschland Freunde, die nicht mehr miteinander reden, weil der eine eben Erdogan toll findet und der andere nicht."
Alle Meldungen rund um die Wahl in der Türkei im Liveblog:
Seit 20 Jahren an der Macht: Amtsinhaber Erdogan hat die Stichwahl in der Türkei gewonnen und bleibt weiter Staatspräsident. Alles rund um die Wahl im Liveticker.