Memento: Handlung und Ende einfach erklärt

Christopher Nolan: Meisterregisseur oder maßlos überbewertet?

Memento reißt alte Erzählkonventionen ein. Das Ergebnis: ein Film aus Fragmenten, in dem die Grenzen zwischen Lüge und Wahrheit, Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen. Das erzählerische Meisterwerk katapultierte Christopher Nolan vom B-Movie- zum Blockbuster-Regisseur.

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Der Anfang ist das Ende. Leonard erschießt Teddy. Zuvor liest er eine Notiz auf einem Polaroid-Foto: „Glaube seine Lügen nicht.“ Aber wer belügt hier wen? Und wieso muss Teddy sterben?  Mit diesen offenen Fragen beginnt Christopher Nolan seine Tour de Force durch eine Bilderflut aus Vergewaltigung, Rache und Mord. Nie weiß man, wer Freund oder Feind ist. Ein cineastisches Mosaik, in dem Gegenwart und Vergangenheit durcheinander geraten sind. Erst nach und nach fügt sich das Bild zusammen.

Ein klares Kalkül des Regisseurs, vom Zuschauer erfordert es jedoch volle Aufmerksamkeit. Aber dazu später mehr. Um der Handlung folgen zu können, ist es wichtig, sie erst einmal chronologisch zu ordnen.

Die Jagd auf John G. - die Handlung von Memento

Nochmal von Anfang an und alles der Reihe nach: Der Versicherungsagent Leonard Shelby ist glücklich verheiratet, bis zwei Männer in sein Haus einbrechen, seine Frau vergewaltigten und sie töten. Leonard erschießt einen der Einbrecher. Der andere schlägt Leonard nieder. Sein Kurzzeitgedächtnis ist daraufhin gestört. Bedingt durch eine Kopfverletzung vergisst er innerhalb von Minuten, was er zuvor erlebt hat. Er leidet an einer anterograden Amnesie. Er erinnert sich nur an sein Leben vor dem Unfall.

Mit diesem Handicap begibt er sich auf einen Rachefeldzug gegen den überlebenden Mörder seiner Frau: den mysteriösen John G. Hier setzt die eigentliche Handlung ein. Um Anhaltspunkte, die ihn zum Mörder führen, nicht zu vergessen, macht er sich Notizen oder Polaroid-Fotos. Später tätowiert er sie auf seinen Körper.

Seine Krankheit macht ihn aber auch zu einem manipulierbaren Objekt. Die Kellnerin Natalie nutzt ihn aus, um sich ihren unliebsamen Lebenspartner Dodd, vom Hals zu schaffen. Teddy hetzt Leonard auf Drogendealer, die er töten soll. Er erzählt Leonard, dass sie die Mörder seiner Frau seien. Doch als ihm klar wird, dass er als willenloser Auftragskiller missbraucht wird, entschließt er sich, an Teddy zu rechen. 

Das Besondere an der Plot-Struktur: Die Handlung läuft nicht linear. Sie scheint vielmehr rückwärts zu laufen. Szenen wiederholen sich oder werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt. Alles ist durcheinander. 

Wer ist Sammy Jankis? Die zweite Ebene

Parallel dazu läuft eine Erzählung innerhalb der Erzählung ab - eine Parallelhandlung. Diese zweite Geschichte erzählt Memento chronologisch korrekt. Visuell setzen sich die Bilder durch eine Schwarz-Weiß-Ästhetik vom Rest des Films ab. 

Leonard sitzt auf dem Bett in seinem Motelzimmer und erzählt John Edward Gamble alias Teddy die Geschichte von Sammy Jankis und seiner Frau. Sammy leidet wie Leonard an Gedächtnisschwund. Seine Frau versucht, Ordnung in sein Leben zu bringen. Als sie es nicht mehr aushält, fordert sie Sammy auf, ihr immer mehr Insulin gegen ihre Zuckererkrankung zu spritzen. Er verabreicht ihr soviel, dass sie daran stirbt. Während einer Szene (Minute 18:04) sieht man für einen Moment Leonard statt Sammy auf dem Stuhl in der Psychiatrie sitzen. Das deutet bereits an, was am Schluss folgt. 

In den letzten Szenen offenbart Teddy "Lenny", dass die Geschichte von Sammy eigentlich seine eigene Geschichte ist. Seine Frau überlebte den Überfall und er selbst ist ihr Mörder. Daraufhin kam er in die Psychiatrie. Teddy ist eigentlich Inspektor John Edward Gamble, "John G.", Leonards einziger Verbündeter und Freund. Er half ihm den wahren Mörder seiner Frau finden, den echten "John G.".

Doch Leonards Rachedurst erlosch nicht und Teddy setzte ihn als Killer auf Drogendealer an. Er erzählte ihm, sie seien die Mörder seiner Frau. Dieser kurze Moment der Erkenntnis bricht jedoch gleich wieder in sich zusammen, denn Leonard entscheidet sich für die Lüge. "Glaube seine Lügen nicht" schreibt er auf das Polaroid, auf dem Teddy zu sehen ist, und er belügt sich damit selbst, um seinem Hunger nach Vergeltung aufrechtzuerhalten. Er will glauben, dass Teddy seine Frau getötet hat. Die Rache ist sein (Über-) Lebenselixier. Später lässt er sich das Autokennzeichen von Teddy tätowieren - er setzt sich bewusst eine falsche Fährte und erschießt Teddy. 

Die eine Wahrheit gibt es nicht

Der Film zeigt vor allem eines: Eine objektive Wirklichkeit gibt es nicht. Wir nehmen alle anders wahr. Jeder biegt sich seine Wahrheit so zurecht, wie es ihm passt, oft zu seinem eignen Vorteil - im Fall von Leonard sind das seine Rachegelüste, für die er sich selbst täuscht. Memento exerziert somit exemplarisch Fragestellungen unserer Existenz: 

  • Die Wirklichkeit besteht aus Fragmenten, denn jeder Tag ist eine Momentaufnahme, die sich aus verschiedenen Entscheidungen und Handlungen zusammensetzt, die durch Brüche und Rückschläge gekennzeichnet sind. Jeder hat nur eine begrenzte Perspektive der Welt. Wir erschließen sie uns nie ganz auf einmal.

  • Jeder Mensch erlebt Situationen anders und bewertet seine ganz individuelle erlebbare Welt mit anderen Gefühlen, Eindrücken und Erkenntnissen. Es gibt somit nicht die eine Wahrheit - sondern nur verschiedene Wahrnehmungen. 

  • Wir belügen uns ständig selbst, um Ziele zu erreichen. Ständig versuchen wir Situationen zu wiederholen, die uns Glück verschaffen. Manchmal trotz des Bewusstseins, dass sie uns langfristig schaden - wie auch Leonard. 

  • Unser Erringungen sind keine Wahrheiten: Häufig spielt uns unser Gedächtnis einen Streich. Wir vergessen oder manipulieren Erinnerungen - häufig zu unseren Gunsten. Etwa indem wir negative Momente ausblenden.  

Christopher Nolan war indirekt an der Star Wars Episode 7 beteiligt

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