Bei Markus Lanz: Martin Schulz geht die Hutschnur hoch
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Bei Markus Lanz: Martin Schulz geht die Hutschnur hoch


Kritik an Deutschlands Ukraine-Kurs
Schulz poltert bei Lanz: "Das ist eine Frechheit"

Von Nina Jerzy

Aktualisiert am 23.03.2022Lesedauer: 4 Min.
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Martin Schulz (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung nahm er seinen SPD-Kollegen Olaf Scholz in Schutz.Vergrößern des Bildes
Martin Schulz (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung nahm er seinen SPD-Kollegen Olaf Scholz in Schutz. (Quelle: imago-images-bilder)

Nein, wir werden nicht alle in einem Atomkrieg sterben, beruhigt EU-Sicherheitsexpertin Gaub bei Lanz. Sie fordert: Nicht von Putin einschüchtern lassen. Ex-SPD-Chef Schulz gerät in die Defensive.

Die Gäste

  • Florence Gaub, Sicherheitsexpertin
  • Katja Kipping (Die Linke), Berliner Sozialsenatorin und frühere Linken-Vorsitzende
  • Martin Schulz, Ex-SPD-Chef
  • Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur

Wer dieser Tage Angst vor einem verheerenden Atomkrieg hat, ist nach Ansicht von Sicherheitsexpertin Florence Gaub bereits in die psychologische Falle von Wladimir Putin getappt. "Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst vor der Bombe ist die Waffe", unterstrich die stellvertretende Direktorin des Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien (EUISS) am Dienstag bei "Markus Lanz".

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Die Atombombe sei bislang in der Geschichte zweimal zum Einsatz gekommen: 1945 in Japan. "Das heißt, wir reden nur über die Theorie", zeigte sich die Expertin der außenpolitischen Denkfabrik der EU in Paris sicher. Ihr Tipp an die Zuschauer: "In dem Moment, wo Sie Angst kriegen, sollten Sie sich vielleicht fragen: Ist das vielleicht genau das, was Putin erreichen will?"

Für Gaub gehört es zur psychologischen Kriegsführung des Kremls, dass ständig über atomare und chemische Waffen oder Überschallraketen gesprochen wird. Am selben Tag erst hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow betont, dass Russland bei einer "existenziellen Bedrohung" Atomwaffen einsetzen würde. Wie ein solches Szenario aussehen müsste, ließ er im US-Fernsehsender CNN International offen.

Für Gaub ist dies Teil der Propaganda. "Ich will es wirklich nicht kleinreden. Aber ich will den Leuten die Angst nehmen, dass die Welt bald zu Ende ist und wir alle in einem atomaren Krieg sterben werden." Wenn überhaupt würde Russland "nur" eine kleine taktische Atombombe zünden, die allenfalls ein Stadtviertel oder eine kleine Stadt betreffen würde.

Nach der Ukraine Polen?

"Das ist aber eine Karte, die kann man nur einmal ziehen", meinte Gaub. Deshalb würde Russland immer wieder drohen, um so Kiew und den Westen durch Angst gefügig zu machen. Die EU-Expertin warnte zwar vor einer Eskalation und riet deshalb etwa davon ab, dass der Westen eine Flugverbotszone über der Ukraine ausruft.

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Aber auch Nichthandeln habe Folgekosten. Denn was passiert, sollte die Ukraine die Krim aufgeben und neutral werden – hört Putin dann auf? Nein, war sich Gaub sicher. "Irgendwann greift er Polen an, um zu schauen, wie es mit dem Nato-Bündnisfall aussieht", warnte sie. Ihre Schlussfolgerung: "Der Krieg ist uns aufgezwungen worden, wir können uns nicht wegducken."

"Da läuft ganz sicher nichts nach Plan", brachte Gaub die aktuelle Lage des russischen Angriffskriegs auf den Punkt. Der riesige Konvoi in Richtung Kiew ist ihr zufolge in den vergangenen Wochen keine fünf Kilometer vorangekommen, unter anderem weil das Benzin ausgegangen ist.

"Putin hat keine halbe Million Mann"

Auch an anderer Stelle überschätze sich Russland beziehungsweise werde es überschätzt. "Die Nazis haben eine halbe Million Mann gebraucht, um Kiew einzukesseln. Putin hat keine halbe Million Mann", meinte Gaub.

Ihrer Ansicht nach hat der russische Präsident den (neuen) Krieg gerade jetzt begonnen, weil die Ukraine seit der Annexion der Krim stark militärisch aufgerüstet hat – und kurz davorstand, die Halbinsel zurückerobern zu können. Gerade beweise das ukrainische Militär seine Fähigkeiten. "Wir nähern uns einer Patt-Situation, aber die Ukrainer haben eine realistische Chance, den Krieg zu gewinnen", urteilte die Strategie-Expertin der EU.

Die Linken-Politikerin Katja Kipping denkt mittlerweile zwar anders über Waffenlieferungen an die Ukraine. Ihr Urteil bleibt aber vorerst dasselbe: "Ich kann die Frage nicht mit einem Ja beantworten, weil der Einsatz so hoch ist", sagte sie bei "Markus Lanz".

Ja, Putin fahre eine Strategie der Angst. Nur erscheine der Präsident mittlerweile unberechenbar und sei zur Eskalation bereit. Deshalb müsse man trotz aller Sympathien für die Ukraine einen kühlen Kopf bewahren und etwaige Folgekosten kalkulieren, mahnte die Linken-Politikerin.

"Scholz duckt sich weg"

In Berlin kommen mittlerweile täglich Tausende von Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet an. Dabei würde sich die Sozialsenatorin mehr Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wünschen. "Ich habe den Eindruck, dass sich in der Bundesregierung der Chef wegduckt", kritisierte Kipping.

"Welt"-Journalist Robin Alexander pflichtete ihr bei. Wenn Scholz bei einem Thema Polarisierung fürchte, gehe er erst mal auf Distanz. "Es gibt keine Fernsehansprache, es gibt kein 'Wir schaffen das'", monierte er.

Schulz zeigt sich dünnhäutig

Da ging Martin Schulz mal wieder die Hutschnur hoch. "Warum Olaf Scholz hier kritisiert wird, kann ich nicht nachvollziehen", sagte der ehemalige SPD-Parteichef. "Ich habe nicht den Eindruck, dass der Kanzler sich wegduckt, im Gegenteil. Ich finde, das hat er toll gemacht", lobte er das Vorgehen seines Nachfolgers im Ukrainekrieg.

Schulz erschien bei "Markus Lanz" sehr dünnhäutig, fühlte sich ein ums andere Mal persönlich angegriffen. "Das ist wirklich eine Unverfrorenheit" und "Ich empfinde das wirklich als Frechheit", schleuderte er insbesondere Alexander entgegen. Der unterbrach ihn seiner Meinung nach zu oft und lag laut Schulz falsch mit dem Vorwurf, der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat habe gegen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato Wahlkampf betrieben.

Der Sozialdemokrat räumte nach wiederholtem Nachhaken von Lanz allerdings ein, dass im Umgang mit Putin Fehler gemacht wurden. Auch er habe den russischen Machthaber unterschätzt, trotz seines negativen Eindrucks nach einem Treffen. "Ich habe ihn damals als sehr aggressiv erlebt", sagte Schulz, "aber ich hätte diese Art von brutaler Gewaltbereitschaft nach (dem Abkommen von) Minsk nicht mehr für möglich gehalten."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 22. März 2022
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