"Das gab es so noch nie": Auf welche Herausforderung Markus Söder in China trifft | Abendzeitung München

"Das gab es so noch nie": Auf welche Herausforderung Markus Söder in China trifft

Markus Söder will die Beziehung zwischen Bayern und China stärken. Dafür trifft er sich mit Chinas Nummer zwei Li Qiang. Warum Söder jetzt Professor in China ist und warum er keine Mauern mag.
| Natalie Kettinger
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Markus Söder, (l., CSU) Ministerpräsident von Bayern, wird in Peking von Li Qiang (r.), Premierminister der Volksrepublik China, empfangen.
Markus Söder, (l., CSU) Ministerpräsident von Bayern, wird in Peking von Li Qiang (r.), Premierminister der Volksrepublik China, empfangen. © Peter Kneffel/dpa

Peking - "Nur wer auf der Großen Mauer war, ist ein richtiger Kerl." Ob Markus Söder (CSU) das chinesische Sprichwort im Kopf hat, als er am Mittwoch den Anstieg zur Gondelbahn hinaufstapft, die ihn auf eben jenes berühmte Bauwerk bringen wird? Es ist der politisch wichtigste Tag der China-Reise des bayerischen Ministerpräsidenten, am Nachmittag empfängt ihn der Ministerpräsident der Volksrepublik Li Qiang.

Der Regierungschef – das ist schon was, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kam bei ihrem Antrittsbesuch vor einem Jahr "nur" mit ihrem chinesischen Kollegen und einem Vize-Präsidenten Qin Gang zusammen. Insofern können ein paar Karmapunkte sicher nicht schaden. Doch Söder hat Pech – zumindest in 1000 Metern über null, oben auf der Mauer. Dicker Nebel umhüllt das historische Gemäuer, das Panorama endet kurz hinter der Brüstung an einer weißen Wand aus Wassertröpfchen. Spektakuläre Fotos, wie sie der CSU-Vorsitzende nur allzu gerne von sich verbreiten lässt, sind hier und jetzt quasi unmöglich.

China-Reise von Markus Söder: "Wandel durch Handel"

Ein schlechtes Omen? "Ich glaube nicht, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Wetter hier und dem Gesprächsklima zwischen Bayern und China gibt", sagt Söder. Interessant sei aber doch, dass eine Mauer noch nie in der Geschichte irgendetwas aufgehalten habe – die Chinesische Mauer habe Dschingis Khan nicht gestoppt, die DDR-Mauer habe nicht zum Sieg über die Freiheit geführt. "Ich bin nie ein großer Fan von Mauern oder Zäunen gewesen."

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, besichtigt bei Peking ein Stück der Chinesischen Mauer.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, besichtigt bei Peking ein Stück der Chinesischen Mauer. © picture alliance/dpa

Söder ist der erste deutsche Ministerpräsident, der nach der Pandemie ins Reich der Mitte gereist ist. "Es sind zwei völlig unterschiedliche politische Systeme und es gibt viele Dinge, die wir ganz anders sehen: Demokratie, Freiheit, Menschenrechte", sagt er – und fragt wenig später: "Ist es besser, jemanden abzugrenzen und zu belehren? Ist es besser, nicht miteinander zu reden? Oder ist es eine Chance, dass Wandel durch Handeln vielleicht ein Aspekt sein kann?" Allerdings habe er das Gefühl, dass viele der Menschen in China zunehmend überzeugt davon seien, dass ihr System das erfolgreichere und effizientere sei. "Das ist eine große Herausforderung. Das gab es so noch nie."

Chinesische Uni ernennt Markus Söder zum Gastprofessor

Vor Studenten der Pekinger Tsingahua-Universität, die eine Flaggschiff-Partnerschaft mit der TU München verbindet, hat Söder am Morgen dafür geworben, zum Studium nach Bayern zu kommen, zu bleiben – oder als eine Art "Brücke" des gegenseitigen Verständnisses nach China zurückzukehren: "Es ist kein Problem, wenn man verschiedener Meinung ist. Aber es ist ein Problem, wenn man nie darüber spricht." Bayern sei ein guter Partner für China. Auf jeden Fall lebt im Freistaat seit Mittwoch ein Hochschullehrer mehr: Die Tsinghua-Universität hat Söder den Titel eines Gastprofessors verliehen. Ob er Gastvorlesungen dort halten wird? Zunächst ist Söder zurückhaltend. Später erzählt er, der chinesische Premierminister Li Qiang fände es gut, wenn er zurück an die Universität komme. Deshalb überlege er nun doch.

Damit von der gelehrten zurück zur gelebten Politik. Li hatte 2023 bei seinem Antrittsbesuch in Europa auch einen Stopp in München eingelegt. Ein Umstand, den Söder immer wieder gern erwähnt: Dass Li nach Berlin, und vor Paris, nach München geflogen sei, zeige "den hohen Stellenwert, den Bayern in China genießt". Zum Gegenbesuch bringt Söder am Mittwoch Staatskanzleichef Florian Herrmann und Wissenschaftsminister Markus Blume (beide CSU) mit. Die auf 45 Minuten angesetzte Begegnung mit Li findet im Staatsgästehaus in Peking hinter verschlossenen Türen statt.

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Markus Söder und China-Premier Li Qiang – Brüder im Geiste?

Als Söder zurückkommt, scheint er äußerst zufrieden zu sein: "Es war ein sehr freundliches, wertschätzendes Gespräch." Das Wort "Bruder" sei gleich mehrfach gefallen. Es sei aber auch um ernste Themen gegangen. Man habe über wirtschaftliche Transparenz und Gleichberechtigung gesprochen und darüber, dass die Investitionsbedingungen fair sein sollten. Außerdem habe er das seit Ausbruch der Schweinepest geltende Einfuhrverbot auf deutsches Schweinefleisch und andere Lebensmittel kritisch angesprochen – ganz im Sinne der bayerischen Bauern. Die Reaktion der chinesischen Seite beschreibt Söder als positiv.

Schwieriger sei das Ukraine-Thema gewesen. Trotzdem finde er es beachtlich, dass man sich nicht darum gedrückt habe. Die Differenzen beim Thema Menschenrechte wurden erwähnt, aber nicht weiter vertieft. Das wohl konkreteste Ergebnis des Treffens ist, dass Peking und München gemeinsam daran arbeiten wollen, dass künftig mehr chinesische Touristen im Freistaat Urlaub machen. Ob und wann der chinesische Premierminister erneut nach Bayern reist, ist unklar. "Aber", sagt Söder, "sein Satz war: Wir wollen uns wiedersehen."

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  • Der wahre tscharlie am 28.03.2024 17:36 Uhr / Bewertung:

    "Die Differenzen beim Thema Menschenrechte wurden erwähnt, aber nicht weiter vertieft."......ah ja....
    Im BMW-Werk war er aber anscheinend nicht.
    Und "Wandel durch Handel" funktioniert doch heute nicht mehr. Man hat ja bei Putin gesehen, wohin das führt.
    Außerdem wäre es vielleicht ganz interessant zu erfahren, bei welchen sogenannten bayr. Firmen die Chinesen jetzt schon mindestens ein Mitspracherecht haben.
    Kuka gehört doch schon den Chinesen. Steigenberger gehört den Chinesen. Flugtaxi Lilium will sich in China niederlassen. Die Magnetschwebebahn haben sie ja schon.

  • Radi Brunnengrosser am 27.03.2024 18:22 Uhr / Bewertung:

    Das wird was werden wenn der Markus wieder da ist.

  • HanneloreH. am 27.03.2024 17:44 Uhr / Bewertung:

    Seit Samstag in China, heute kurzes Treffen mit dem Premier, schaut sehr nach Betriebsausflug der CSU aus, vom bayrischen Steuerzahler bezahlt. Den bayerischen Wirtschaftsminister sieht man nicht auf den Bildern. Der hat keine Lust auf Panda‘s. Oder wurde er gar nicht mitgenommen??