In seiner ZDF-Talksendung am Mittwochabend hat Markus Lanz der nicht anwesenden Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und der gesamten Bundesregierung „doppelte Standards“ und „Heuchelei“ vorgeworfen. Lanz‘ Argumentation: Sowohl in der Ukraine und dem Nahen Osten würden zahlreiche Menschen sterben. Doch während der russische Präsident Wladimir Putin seine Angriffe mit zivilen Opfern als Kriegsverbrechen angelastet werde, schweige man bei Israel und seinem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der Journalist Michael Bröcker, Chefredakteur von Table Media, verteidigte sie.
Lanz spricht von „Heuchelei“ und „doppelten Standards“
Wörtlich sagte der 55-jährige Talkmaster: „Aus meiner ganz einfachen empathisch-menschlichen Perspektive: Gerade wir, Deutschland, sind gerne eine moralische Supermacht in der Welt. Und es gibt jetzt natürlich so etwas wie den Vorwurf der doppelten Standards. Und es gibt die Frage: Wie gehen wir um mit einer gewissen Heuchelei? Ich mache Ihnen ein konkretes Beispiel: Wenn jemand wie Wladimir Putin in der Ukraine Wasserwerke, Wasserleitungen, Energieversorgungen lahmlegt, bombardiert, zerstört, kaputtmacht, dann stellt sich jemand wie Annalena Baerbock völlig zu Recht hin und sagt: Freunde, das geht nicht. Kriegsverbrechen!“ Aber, so Lanz weiter: „Das Gleiche, den gleichen Satz, habe ich im Zusammenhang mit Gaza noch von keinem Mitglied dieser Regierung gehört. Oder ist mir da etwas entgangen?“
Michael Bröcker sprang für Baerbock und die Bundesregierung in die Bresche, als er sagte, dass es dafür gute Gründe gebe. Schließlich sei man „aufgrund unserer besonderen Verantwortung, aufgrund der Schoa besonders solidarisch mit diesem Land“. Zudem ging dem Krieg im Nahen Osten der Angriff der Terrorgruppe Hamas voraus. „Es ist natürlich die politische Rhetorik im Nachhinein eine andere.“ Er räumte ein: „Ja, es gibt eine Doppelmoral, aber aus guten Gründen.“ Denn vorausgegangen war der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem Terroristen mehr als 1100 Menschen auf israelischer Seite töteten.
Zum Ende der Sendung sorgte Bröcker noch für einen Aufreger. Er sagte in Richtung von Amira Mohamed Ali, der Vorsitzenden des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW): „Der Antisemitismus findet in keiner Partei so viel Platz wie in dieser neuen Partei. Selbst in der AfD nicht.“ Diese war fassungslos und sprach von einer „Unverschämtheit“. Doch Bröcker legte nach: „Auf jeden Fall ist das antisemitische Ressentiment in vielen Äußerungen so extensiv zu spüren, dass wirklich jede propalästinensische Demonstration, wo es nachweislich antisemitische Parolen gab, verteidigt wird. Das habe ich in keiner Partei so häufig erlebt wie beim BSW.“