München - ein Berlin mit Bergpanorama: Markus Blume im Interview
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„Grüne und SPD wollen aus München ein Berlin mit Bergpanorama machen“: Minister Markus Blume im Interview

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Markus Blume (M.) mit tz-Reporter Sascha Karowski (l.) und Vize-Lokal-Chef Uli Heichele im Riesenrad im Werksviertel.
Markus Blume (M.) mit tz-Reporter Sascha Karowski (l.) und Vize-Lokal-Chef Uli Heichele im Riesenrad im Werksviertel. © Jantz

Minister ist Markus Blume (CSU) spricht im Interview über für die großen Entwicklungen in Sachen Wissenschaft und Kunst - und über die OB-Kandidatur.

München - Als Minister ist Markus Blume (49, CSU) für Wissenschaft und Kunst zuständig. Als ranghoher CSU-Politiker ist er im Rennen um den Chefsessel im Rathaus als möglicher Kandidat für die Wahlen 2026 genannt worden. Und als Münchner hat er eine klare Meinung zu vielen Themen, die die Stadt bewegen. Das alles besprechen wir an einem Ort mit Aussicht: im -Umadum-Riesenrad im Werksviertel. Abfahrt für eine Runde München!

Herr Blume, an diesem Platz sollte eigentlich einmal ein Konzerthaus stehen. Warum gibt es das noch nicht?

Noch nicht, aber wir sind mit Nachdruck dran! Fakt ist: Aus einem Konzertsaal wurde ein Konzerthaus und die Kosten sind explodiert. Inzwischen stehen 1,3 Milliarden Euro im Raum. Da ist eine Schallmauer der Finanzierbarkeit durchbrochen. Wir arbeiten jetzt ein neues Konzept aus: selber Standort, selbe Kapazität, keine Abstriche bei der Qualität und Originalität. Aber die Kosten müssen runter.

Wie soll das geschehen, Kosten zu senken?

Eindeutig beim Bauvolumen. Abspecken, was nicht zwingend notwendig ist. Wir konzentrieren uns auf den Konzertsaal und nicht auf Tiefgaragenstellplätze.

Wir wird das Ganze denn aussehen?

Wenn es nach mir geht: ikonisch! Unser Ministerpräsident Markus Söder hat zum Beispiel eine komplette Begrünung ins Spiel gebracht. Die hängenden Gärten vom Werksviertel – das überzeugt mich mehr als ein Glaskasten.

Und wann soll dieses Konzerthaus fertig sein?

Mitte der 30-er Jahre.

Warum war es nicht möglich, mit der Stadt ein gemeinsames Konzerthaus zu bauen? Die Stadt hat schließlich mit dem Gasteig ebenfalls ein solches Projekt…

Land und Stadt tragen jeweils Verantwortung für ihre kulturellen Einrichtungen und ihre herausragenden Orchester. Jeder hat seine eigenen Hausaufgaben zu machen. Die Stadt muss den Gasteig sanieren. Und wir haben vertragliche Vereinbarungen beim Werksviertel, zu denen wir stehen. Unser Konzertsaal inmitten dieses jungen, pulsierenden Viertels: Er kommt!

Minister Markus Blume im Interview. Das fand im Riesenrad im Werksviertel statt.
Minister Markus Blume im Interview. Das fand im Riesenrad im Werksviertel statt. © Jantz

Hat die Stadt denn ihre Hausaufgaben gemacht?

Das wird sich zeigen. Ich wünsche es meiner Heimatstadt, dass die kulturellen Hängepartien jetzt beendet werden. Unsere Denkpause ist jedenfalls vorbei!

Wer kann denn schneller gestalten? Der bayerische Kunstminister oder der Münchner Oberbürgermeister?

Im Freistaat stimmt das Tempo, wir sind im Bayernmodus, stehen im Bundesvergleich glänzend da. In München habe ich dagegen das Gefühl, dass die erfolgreiche Zeit mit einer CSU an der Regierung fast komplett rückabgewickelt ist. Grüne und SPD wollen aus München ein Berlin mit Bergpanorama machen. Vieles geht nicht voran, vieles funktioniert nicht. Die Verkehrspolitik ist eine absolute Katastrophe.

Wie würden Sie es denn anders machen?

Ich würde einfach mal die bräsige Ideologie hintanstellen und bürgerliche Interessen in den Blick nehmen. Die Schulbauoffensive ist ein gutes Beispiel: Das Thema war jahrzehntelang verschlafen worden, erst in den sechs Jahren mit der CSU wurde das Thema angepackt. Mittlerweile regiert bei allen erforderlichen Investitionen wieder der Rotstift. Das kommt davon, wenn man sich in der Komfortzone einer erfolgreichen Metropole zurücklehnt. Eine Weltstadt mit Herz braucht aber auch Mut.

Diesen Mut könnten Sie ja selbst beweisen und bei der Kommunalwahl 2026 als OB-Kandidat ins Rennen gehen…

Da würde ich es mit dem Ministerpräsidenten halten, nur eine Nummer kleiner: Mein Platz ist in Bayern, und zwar in München am Salvatorplatz und nicht im Rathaus (lacht).

Nachdem der Ministerpräsident gesagt hat, hat es nicht allzu lange gedauert, bis er ein schöneres Plätzchen in Berlin ausgemacht hat und es doch um die Kanzler-Kandidatur ging…

Sie wissen ja, wie die Geschichte ausgegangen ist…

Also: Eine OB-Kandidatur ist für Sie ausgeschlossen?

Ja. Meine Aufgaben als Staatsminister für Wissenschaft und Kunst sind noch lange nicht erledigt. Und ich kann mir auch keinen schöneren Job vorstellen. Allein hier in der Stadt trage ich Verantwortung für zwei Exzellenzuniversitäten, erfolgreiche Hochschulen, Staatstheater von Weltrang und herausragende Universitätskliniken. Was will man mehr?

Wer soll es denn an Ihrer Stelle machen? Wer soll für die CSU ins OB-Rennen für 2026 gehen?

Die Auswahl ist da, wir haben einen gut gefüllten Talentschuppen. Der OB muss sich warm anziehen.

Als Minister sind Sie für die Studenten zuständig. Wann wird es denn ausreichend Wohnungen für diese geben? Stichwort Freimann.

Es wird in München nie ausreichend Wohnungen für Studierende geben, wenn nicht jeder seine Hausaufgaben macht. Ich kreide das der Stadt schwer an: Sie betreibt zwar Wohnungsbau, aber ausdrücklich nicht für Studierende. Dabei lebt die Stadt davon, dass wir herausragende Talente haben. Das ist neben der Lebensqualität einer der Gründe, warum Unternehmen freiwillig nach München kommen. Wir als Freistaat investieren mehr als 70 Millionen Euro in Freimann, um dort die Sanierung mit der Bayernheim voranzubringen. Da geht es um über 1.000 Wohnheimplätze. Und wir haben ein Sonderprogramm für die Studierendenwerke aufgelegt, insgesamt 50 Millionen Euro, davon fließen allein 22 Millionen nach München.

Wann sollen diese Wohnungen fertig sein?

Mein Ziel sind bayernweit 5.000 in fünf Jahren. Wer schneller baut, baut günstiger.

Vom Norden in Freimann geht es in Richtung Süden. Sie sind kein Freund von Radwegen in der Ludwigstraße. Warum nicht?

Falsch! Ich finde es nur nicht richtig, wenn man über unser historisches Erbe einfach hinwegbügelt und der Verkehrsideologie des Rathauses alles unterordnet. Die Ludwigstraße ist ein Ensemble von europäischer Geltung, da muss man behutsam vorgehen. Ich kann nur dringend raten, dass die Stadt schnellstmöglich die Expertise des Landesamts für Denkmalpflege einholt. Das ist ja keine Verhinderungs-, sondern eine Ermöglichungsbehörde. Wo das Landesamt eingeschaltet wird, findet man gemeinsam denkmalverträgliche Lösungen, wie das auch am Max-Josephs-Platz gelungen ist.

Wenn Sie das historische Erbe ansprechen… zu Zeiten des Königs hat es noch kein Auto gegeben. Wer es deshalb nicht eher im ursprünglichen Sinne, wenn sich Dinge langsamer bewegen (wie etwa ein Radl) – als wenn sie sich schneller bewegen und zweineinhalb Tonnen wiegen?

Die Frage ist: Welches Bild hat München von sich selbst? Ich finde das Selbstverständnis, die nördlichste Stadt Italiens zu sein, überzeugender als die südlichste Stadt Skandinaviens. Wir sollten uns in München auf die Dinge konzentrieren, die zu uns passen.

Das Eine tun, aber das Andere nicht lassen? Dass wir eine Verkehrswende in München brauchen, dürfte doch unstrittig sein.

Ja, aber anders als die, die hier von Rot-Grün betrieben wird. Straßen werden zurückgebaut, Baustellen werden jahrelang nicht fertig, überall liegen E-Scooter rum, U-Bahnen fallen reihenweise aus und am Stadtrand fährt nach 21 Uhr oft kein Bus mehr.

Wie sollte die Verkehrswende denn aussehen?

Ich bin ein Freund des versöhnenden Ansatzes. Wir dürfen nicht Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen. Natürlich gibt es im Straßenraum Konkurrenz.  Deswegen braucht es Kompromisse. Die sehe ich aber nicht. Im Gegenteil herrscht hier inzwischen eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem motorisierten Individualverkehr vor. Gleichzeitig kommt der Ausbau des Nahverkehrs nicht hinterher.

Sie haben eben gesagt: Wer schneller baut, baut günstiger. Der Freistaat hat auch eine Verantwortung gegenüber seinen Bediensteten. Jetzt entstehen an der McGraw-Kaserne im Süden rund 600 Wohnungen. Würden Sie sagen: zu wenig, zu spät?

Ich sage: Das wird ein schönes Quartier! Im Übrigen ist Wohnraum schaffen eine Daueraufgabe. Ich wünsche mir dazu eine echte Stadtplanung. Beim Bauen geht es nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität. In anderen Städten gibt es zahllose Beispiele beeindruckender Architektur. Bei uns dagegen herrscht dieses langweilige Münchner Einerlei vor – à la quadratisch-praktisch-gut. Das Werksviertel hier ist eine leuchtende Ausnahme. Davon brauchen wir mehr in München!

Schauen wir ein Stück Richtung Westen. Der Freistaat hat an der Seidlstraße ein Grundstück an Apple verkauft. Auch dort hätten doch Wohnungen entstehen können. Wie sehen Sie das?

Wir brauchen doch beides: Arbeitsplätze und Wohnraum. Wenn es die Chance gibt, eine Weltfirma wie Apple nach München zu holen, dann muss man sie ergreifen – und nicht wie der OB fordern, dass die erst mal Wohnungen bauen sollen.

Sollen Grundstücke des Freistaats nicht aber generell erst einmal der Stadt zur Verwendung angeboten werden?

Damit hier kein falscher Zungenschlag entsteht: Es gibt an vielen Stellen eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Land und Stadt. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Weichen in München und Bayern unterschiedlich gestellt sind.

Sie haben gesagt, das Verhältnis sei nicht schlecht. Man kann aber teilweise schon den Eindruck bekommen, dass der Freistaat die Stadt einbremst. Was zum Beispiel ist das Problem an der Bettensteuer?

Dass sie lähmt und belastet! Wir wollen aber, dass die Landeshauptstadt auch in Zukunft gut dasteht. Dafür leistet der Freistaat übrigens den größten Beitrag: München ist der Hauptprofiteur von Bayerns Hightechpolitik. Wenn schon die verfehlte Politik der Ampel in Berlin der Wirtschaft das Leben schwer macht, müssen wir dagegenhalten, wo wir können.

Aber in München werden doch überall neue Hotels gebaut, der Königshof zum Beispiel. Die Preise für die Übernachtungen schnellen bei den ganzen Konzerten und Veranstaltungen in die Höhe. Das ist doch keine Branche, die am Boden liegt…

Klar ist doch: Die Abgaben- und Steuerlast in Deutschland ist die höchste in Europa. Ich halte die Philosophie für falsch, in Zeiten von Rekordbelastungen weitere Steuern zu erheben. Noch mehr Abgaben – das kann man den Menschen wirklich nicht zumuten.

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